Die Ausgangslage: «MySports» (gehört Sunrise) hat die TV- und Online-Rechte der National League – also der höchsten Spielklasse des Schweizer Eishockeys – für fünf Jahre bis und mit 2027 für eine Summe von rund 30 Millionen pro Saison erworben. Die SRG sitzt bei der nationalen Meisterschaft am Katzentisch und darf nur noch drei Minuten pro Partie zeigen.
Worum geht es beim Rechtsstreit? Im Wesentlichen um zwei Punkte.
Erstens, eher Nebensache: Wann darf die SRG auf ihren Kanälen nach einem Spiel der National League Bilder zeigen? Obwohl sie keine Rechte besitzt, darf sie im Sinne der Information für die Bevölkerung (Service Public) von jedem Ereignis – also auch von einem Hockeyspiel – nach der Schlusssirene drei Minuten zeigen. Ohne dafür zu bezahlen.
«MySports» hat die Ansicht vertreten, dass der Rechte-Inhaber einen gewissen zeitlichen Vorsprung haben sollte und deshalb diese drei Minuten erst erheblich nach Spielschluss gezeigt werden dürfen.
Zweitens, die Hauptsache: Welche Bilder darf die SRG online auf srf.ch zeigen? Das ist der zentrale und medienpolitisch wegweisende Punkt in diesem Rechtsstreit.
Mit den TV-Rechten sind auch die Online-Rechte an «MySports» vergeben worden. Die Online-Rechte werden immer wichtiger und werden auch im Schweizer Markt in absehbarer Zeit sogar wichtiger werden als die Rechte für lineares Fernsehen.
Die SRG wollte die drei Minuten, die gratis von jedem Spiel zur Verfügung stehen, online auf der eigenen Webseite zugänglich machen – also mit Clips, die jedes einzelne Spiel zeigen.
Wenn das erlaubt wird, dann verlieren die Online-Rechte für die Liga bzw. für das Medienunternehmen, das diese Rechte erwirbt – in diesem Fall «MySports» – im heimischen Markt massiv an Wert. Weil die SRG diese Rechte gratis benützen darf. «Blick.ch» hat die Hockey-Online-Rechte von «MySports» erworben und bezahlt dafür, um eine Partie pro Woche live zu streamen und – eher noch wichtiger – redaktionell produzierte Clips zu jedem Spiel online zu stellen. Ein zentraler Punkt im Online-Angebot der Blick-Sportredakton. Diese Zusammenfassungen mit Bildern zu jeder Partie generieren enorm viele Zugriffe.
Die SRG ist auch auf dem Online-Markt ein Titan und konkurrenziert mit einem der reichweitestärksten Portale die privaten Medienhäuser auch im Online-Markt. Mit einer Redaktion, die gebührenfinanziert wird. Die so finanzierte Konkurrenz ist medienpolitisch ein brisantes Dauerthema.
Nun liegt das wegweisende Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in dieser Sache ebenfalls vor. Die SRG kommentiert es mit einer «publizistischen Nebelgranate».
«Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt uns in der Auffassung, dass unterschiedliche Perspektiven über ein Sportereignis wichtig sind und der Bevölkerung wesentliche Informationen über öffentliche Ereignisse zugänglich sein sollen», wird Roland Mägerle, Leiter Business Unit Sport SRG und Leiter SRF Sport, in einer Mitteilung zitiert. «Die weiteren Auswirkungen des Urteils auf unser Sportprogramm werden wir in der nächsten Zeit eingehend analysieren. Sicher ist, dass wir unserem Publikum auch in der kommenden Saison ein ansprechendes Angebot über die höchste Schweizer Liga im Männereishockey bieten werden.»
Zum ersten Punkt: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden bzw. die entsprechende, bereits bestehende Verordnung bestätigt, dass die SRG unmittelbar nach Spielschluss die drei Minuten zu einem Spiel senden darf. Ein kleiner Sieg für Leutschenbach.
Doch der zentrale Punkt wird in der offiziellen Mitteilung glattweg verschwiegen: Die krachende Niederlage im Online-Bereich. Das Bundesverwaltungsgericht sagt nämlich klipp und klar, und auch juristisch unmissverständlich: Die SRG darf online nur exakt das aufschalten, was als Sendung im linearen Fernsehen gezeigt worden ist. Und zwar die gesamte Sendung. Also keine Stückelung und Neufassung für Online. Der Wert der Online-Rechte wird geschützt.
Das bedeutet: Keine Clips, mundgerecht für die SRF-Webseite zubereitet zu den einzelnen Spielen. Eine schwere Niederlage für Leutschenbach.
Theoretisch könnte die SRG auf ihren Kanälen an jedem Spieltag eine Sendung produzierten, die nach Spielschluss von jeder Partie drei Minuten enthält. Die würde, mit Moderation und wohl auch weiteren News aus der Sportwelt, gut und gerne eine halbe Stunde dauern. Diese Sendung im linearen Fernsehen darf online aufgeschaltet werden. Aber eben nur komplett.
Das bedeutet, dass Leutschenbach seine Hockey-Berichterstattung an Spieltagen im Vergleich zu den letzten beiden Jahren wesentlich, ja massiv ausbauen müsste. Letzte Saison ist die Berichterstattung über die nationale Meisterschaft sogar zurückgefahren und eine Hockey-Struktursendung gestrichen worden.
Kehren wir noch einmal zur Aussage von Roland Mägerle zurück: «Die weiteren Auswirkungen des Urteils auf unser Sportprogramm werden wir in der nächsten Zeit eingehend analysieren.»
Das Resultat dieser Analyse können wir vorwegnehmen: Will sich die SRG den Herzenswunsch, den Verlust der Live-Rechte fürs lineare Fernsehen durch eine starke und kostenlose Online-Präsenz zu kompensieren, erfüllen, dann geht das nur über einen massiven Ausbau des Hockey-Programms im linearen Fernsehen, das dann online verbreitet werden kann.
Eigentlich wäre das kein Problem: Eine hoch kompetente und personell ausreichend bestückte Redaktion steht zur Verfügung. Aber eben: Wer will eine komplette TV-Sendung online sehen, wenn die privaten Anbieter (wie in diesem Fall blick.ch) eine mundgerechte Zusammenfassung jeder einzelnen Partie online anbieten?
«MySports» wird nach Auskunft von Gewährsleuten das Urteil nicht ans Bundesgericht weiterziehen. SRF hat sich noch nicht entsprechend geäussert.
mich zu hohen pay tv Gebühren zu bezahlen, werde ich zukünftig halt weniger Hockey sehen. Ich bin vermutlich nicht der Einzige - schade für den schönen Sport, schade für den Fan-Nachwuchs welcher nicht jeden match live sehen darf - und jetzt auch immer weniger online sehen wird - schade für die Sponsoren. Aus meiner Sicht nicht Nachhaltig.