Am Ausgangspunkt dieser Entwicklung steht einerseits ein dramatischer sportlicher Absturz des Zürcher Fussballs und andererseits eine tiefgreifende Veränderung der Ausgangslage im Stadtzürcher Hockey. Für den Zürcher Fussball gilt: Vom Triumphmarsch zum Blues. Im letzten Frühjahr ist der Kanton Zürich das Epizentrum des nationalen Fussballs: Der FC Zürich gewinnt die Meisterschaft, GC erreicht zwar nur Platz 8. Aber Winterthur steigt in die höchste Liga auf. Und nun der Blues: Die drei Zürcher Klubs belegen geschlossen die drei letzten Plätze der Liga: 8. GC, 9. Winterthur, 10. Titelverteidiger FCZ.
Im Eishockey verändert sich im Herbst vor allem die Infrastruktur. Die ZSC Lions ziehen in Altstetten in ihren neuen NHL-Tempel ein. In eines der modernsten, besten Hockey-Stadien Europas. Sportlich sind sie sowieso jedes Jahr gut genug, um ein Meisterkandidat zu sein. Die ZSC Lions sind nun Besitzer ihres Stadions und dazu in der Lage, ganz andere Einnahmen zu generieren als zuvor als Mieter im Hallenstadion.
Die neue Arena mit einem Fassungsvermögen von 12'000 Plätzen bietet einen so hohen Erlebniswert und Komfort, dass unabhängig vom sportlichen Erfolg eine Auslastung von über 80 Prozent erreicht werden kann. Weil die Sicherheit und der Komfort wesentlich höher sind als im Fussball, dürfte der Stellenwert des Hockeys beim Sportinteressierten in der Stadt Zürich bald höher sein als jener des Fussballs.
Bei einer Beurteilung der beiden populärsten Teamsportarten im Kanton Zürich können wir uns auf die Stadt Zürich konzentrieren. Der FC Winterthur spielt eine Sonderrolle. Ähnlich wie der FC St. Pauli in Deutschland bietet Winterthur Fussball-Romantik. Eine Alternative zum kapitalisierten Fussballbusiness. Im Eishockey ist der EHC Kloten durchaus in einer ähnlichen Rolle. Ein bisschen weniger «klassenkämpferische» Romantik als in Winterthur. Aber doch der sympathische «Dorfclub». Ein wenig (aber nur ein wenig) wie Ambri und Langnau.
Die Musik des grossen Zürcher Fussball- und Hockeygeschäftes spielt in der Stadt. Die Frage ist, wie es zum Aufschwung des Hockeys und zur Krise des städtischen Fussballs gekommen ist. Warum spielen die ZSC Lions in einer hochmodernen Arena und warum scheitern alle Stadion-Projekte im Fussball? Warum haben die Grasshoppers, die berühmteste, charismatischste Sportmarkte der Stadt ihre Seele verloren und sind nur noch eine Filiale in einem von chinesischen Investoren dirigierten internationalen Fussball-Konzern? Warum kann sich der FCZ nicht von der wirtschaftlichen Abhängigkeit und den Launen seines Präsidenten lösen?
Eishockey ist ein nationaler, Fussball ein globaler Sport. Die Super League gehört sportlich und wirtschaftlich nicht zur «Belletage» des internationalen Fussballgeschäftes. Kein Schweizer Klub kann Saläre bezahlen, um Superstars in den besten Jahren zu verpflichten und zu halten. Als Fussballunternehmen einerseits ein Spitzenteam zu finanzieren und andererseits schwarze Zahlen (oder wenigstens nicht tiefrote) zu schreiben, ist ohne eigenes Stadion unmöglich. Die Stadionsituation in Zürich mit zwei Klubs, die sich die gleiche Arena teilen müssen, ruiniert das Fussballgeschäft. Zumal es keine Fussball- sondern eine Hybridanlage für Fussball und Leichtathletik ist.
Für die ZSC Lions war das Dasein als Mieter im Hallenstadion wirtschaftlich ebenfalls unhaltbar. Sie sind seit ihrer Gründung im Jahre 1997 (mit dem Zusammenschluss ZSC/GC) auf betriebsfremde Zuschüsse angewiesen. Erst mit dem neuen Stadion können sie sich aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Präsident Walter Frey lösen.
Womit wir bei der zentralen Frage angelangt sind: Warum ist es gelungen, ein hochmodernes Hockeystadion zu bauen und warum scheitern alle Fussball-Projekte. Die Antwort ist überraschend einfach: Weil sich die Besitzer der ZSC Lions den Bau eines Stadions leisten können, beim Stadionbau nicht auf Gedeih- und Verderb auf Steuergelder und die Politik angewiesen sind, und weil sie die Schlüsselpositionen in ihrem Unternehmen viel besser besetzt haben. Der Bau der Hockey-Arena geht auf private Initiative zurück und die Finanzierung (etwas mehr als 200 Millionen) erfolgt nicht durch den Steuerzahler. Sondern durch die erfolgreichen Unternehmer und Milliardäre Walter Frey und Peter Spuhler sowie Rolf Dörig, der dem Milliarden-Konzern Swiss Life vorsteht. Das neue Stadion heisst denn auch Swiss Life Arena. Die Finanzierung eines Hockey-Stadions durch Steuergelder hätte an der Urne in der Stadt Zürich keine Chance gehabt.
Für die ZSC Lions – und das Stadtzürcher Hockey – zahlt sich die kluge Strategie aus, die seit Jahren über den sportlichen Alltag hinaus verfolgt wird: Die Erkenntnis, dass im Sport-Business des 21. Jahrhunderts die Infrastruktur eine so wichtige Rolle spielt wie der sportliche Erfolg. Die Erkenntnis auch, wie wichtige politische Netzwerke und hohe gesellschaftliche Akzeptanz sind. Die ZSC Lions haben seit Jahren in ihrer Führungsetage wirtschaftliche und politische Schwergewichte (wie Walter Frey, Peter Spuhler oder Rolf Dörig) und beschäftigen Führungskräfte wie Peter Zahner, deren Kompetenz weit über den Sport hinausreichen. Die ZSC Lions haben sich vom klassischen Sportclub zum Sportunternehmen entwickelt und werden die Zürcher Sportkultur in den nächsten Jahren prägen und dominieren. Der FCZ ist ein tief im letzten Jahrhundert verwurzelter Sportclub, abhängig von den Launen des Präsidenten, gefangen im Tagesgeschäft und nicht dazu in der Lage, langfristige Infrastrukturprojekte zu entwickeln. GC ist durch Führungsversagen in einer Struktur eingeklemmt, die es unmöglich macht, eine gute Mannschaft der höchsten Liga zu finanzieren und hat seine Seele an chinesische Investoren verkauft.
Die ZSC Lions sind das Sportunternehmen, das die Wirtschaftshauptstadt unseres Landes in den nächsten Jahrzehnten repräsentieren wird. Und der Stolz der sportinteressierten Zürcherinnen und Zürcher. Die Partien der ZSC Lions werden in den nächsten Jahren «the place to be» für die Grössen der Zürcher Wirtschaft und Politik. Der Fussball kehrt in der Stadt Zürich zu seinen Wurzeln des vorletzten Jahrhunderts zurück: Zum Proletariat. (aargauerzeitung.ch)
Auf Dauer geht auch kein Mensch wegen dem Stadion ein Spiel schauen. Bestes Beispiel ist das kleine Winterthur, das regelmässig Zuschauerzahlen hat, die mancher Hockeyverein gerne hätte 🤷🏻♂️
Ein bisschen undifferenziert und verdammt viel Wunschdenken in diesem Artikel.