Ein kurzes Gespräch kürzlich im Bieler Hockey-Tempel zwischen einem Chronisten und Sportchef Martin Steinegger. Frage: An welchen Transfers arbeiten Sie eigentlich?
«Na ja, Sie wissen ja, welche Spieler auf dem Markt sind.»
Welche Spieler sind auf dem Markt?
«Wenn ich jetzt Namen sage, dann schreiben Sie sowieso, ich sei an diesen Namen interessiert.»
Ja, da haben Sie recht, deshalb die Frage.
Die Frage ist also: An welchen Namen ist Biels Sportchef interessiert? Nun, ganz zuoberst auf seiner Wunschliste steht ein Nationalstürmer, der es bis ins WM-Silberteam von 2024 geschafft hat. Er war in Prag dabei, ist aber nicht eingesetzt worden. SCB-Stürmer Thierry Bader.
Warum Thierry Bader? Sein Vertrag beim SCB läuft aus. Eigentlich gefällt es ihm in Bern. Aber er hat einen guten Grund, sich einen Wechsel zu überlegen. Es geht nicht um Geld. Wichtiger sind gute sportliche Argumente.
Thierry Bader war im letzten Frühjahr im Playoff-Viertelfinal gegen Zug der produktivste SCB-Spieler. Produktiver auch als die Ausländer. Sieben Spiele, fünf Punkte und mit 16:38 Minuten am zweitmeisten Eiszeit aller SCB-Stürmer mit Schweizer Lizenz. Und doch geniesst er diese Saison bei Trainer Jussi Tapola nicht die Wertschätzung, die er verdient. Seine Eiszeit ist auf 14:02 Minuten geschrumpft, er ist nach Eiszeit bloss noch die Nummer 5 der helvetisch lizenzierten Offensivspieler. Logisch also, dass er sich bisher in 13 Partien mit zwei Skorerpunkten begnügen musste.
Wo ist das Problem? Der Sohn von Österreichs Nationaltrainer Roger Bader ist zu vielseitig. Also eigentlich zu gut. Er ist smart, flink und robust. In lichten Momenten mahnt er mit seiner Schusskraft sogar ein wenig an Gottérons Julien Sprunger in jungen Jahren. Er ist inzwischen sozusagen Jussi Tapolas offensiver Feuerwehrmann. Er wird dort eingesetzt, wo gerade Not im Spiel ist: Am Flügel links, am Flügel rechts, als Center. Wenig im Powerplay, viel im Boxplay. Dabei wäre er mit seiner exzellenten Schusstechnik der perfekte Mann für viel Powerplay-Zeit.
Er stürmte diese Saison wie ein «offensiver Wanderpreis» unter anderem schon in einer Linie mit Simon Moser, Yanick Sablatnig, Fabian Ritzmann, Marc Marchon Waltteri Marelä, Austin Czarnik, Dominik Kahun, Victor Ejdsell und Alain Graf. Will Thierry Bader noch besser werden, dann braucht er einen Trainer, der ihm eine wichtige Position zuweist und ihn nicht immer wieder in anderen Funktionen und mit anderen Aufträgen aufs Eis beordert. In einer eingespielten Linie – nehmen wir einmal an als Flügel neben Biels genialem Spielmacher Lias Andersson – wäre er ein Mann für gut und gerne 15 Tore und 30 Punkte.
In diesem Zusammenhang ist aufschlussreich, dass er im letzten Frühjahr alle sieben Playoff-Partien gegen Zug an der Seite des kanadischen Mittelstürmers Colton Sceviour bestreiten durfte.
Mit 27 steht der ehemalige Kloten-Junior vor einer Karriere-Grundsatzentscheidung. In Bern sind die Chancen, in den nächsten drei Jahren um den Titel zu spielen, sicherlich grösser als in Biel, und mehr Geld könnte er auch verdienen. Aber in Biel kann sich Thierry Bader sportlich besser weiterentwickeln. Beim SCB hat er unter dem zu einer gewissen Sturheit neigenden Jussi Tapola mit ziemlicher Sicherheit keine realistischen Aussichten auf eine zentrale Rolle: Die sportliche SCB-Führung hat ja ohne jede Not bereits vorzeitig mit dem Finnen um eine weitere Saison bis 2026 verlängert.
Thierry Bader zu Biel? Warum nicht? Nun sind der Ober- und Untersportchef beim SCB am Zug. Mit Geld ist der Fall nicht zu lösen. Sie brauchen – wie erwähnt – sehr gute sportliche Argumente.
Dazu kommt: Nicht nur Martin Steinegger hat das Potenzial von Thierry Bader längst erkannt. Auch Gottérons Sportdirektor Gerd Zenhäusern und Lausannes Sportchef John Fust sind sehr interessiert und haben ihre Hosentelefone in der Sache schon hervorgekramt.
Bei Gottéron pfeift nächste Saison mit Trainer Roger Rönnberg ein ganz anderer spielerischer und taktischer Vogel. Es kann sehr gut sein, dass sich Thierry Bader unter dem hochkarätigen Schweden weiterentwickeln könnte. In Lausanne hätte er so gute Aussichten auf einen Titelgewinn wie in Bern und zwei oder drei «Welschlandjahre» haben einem Spieler aus der Deutschschweiz selten geschadet.
Der «Fall Bader» wird die erste grosse Herausforderung für die sportliche SCB-Führung. Sollte es nicht gelingen, Thierry Bader zu halten, dann werden nicht nur die notorisch Boshaften fragen: Was machen eigentlich beim SCB der Ober- und Untersportchef im Büro den ganzen lieblangen Tag?
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
5,2
09.22
5,2
09.23
5,2
01.24
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
Erwarte