Am Ende einer aufwühlenden Serie, die für die grösste Aufregung in der SCB-Regierungszeit von Kari Jalonen geführt hat, scheint alles logisch, wahr und klar. Der SCB gewinnt die 7. Partie 5:1 und wird Finalist.
Ein 5:1 lässt scheinbar keinen Raum für Interpretationen, Fragen und Zweifel.
Aber es war auch in dieser letzten Partie viel dramatischer als es das eindeutige Resultat vermuten liesse. Es brauchte besondere Umstände, um dem SCB doch noch den Weg ins Finale zu öffnen.
War es also Glück für den SCB, Pech für Biel? Tatsächlich ist Biel am unglücklichen zweiten Gegentreffer zerbrochen. Nach 10 Minuten und 40 Sekunden kommt es zum Zusammenprall der Titanen. Jonas Hiller sprintet aus seinem Kasten, um den Puck vor dem anstürmenden Tristan Scherwey zu erreichen. Biels Robbie Earl hetzt dem SCB-Vorkämpfer verzweifelt nach. Beide geraten aus der Balance und prallen mit Biels Torhüter zusammen. Grégory Sciaroni schlenzt schliesslich den Puck ins leere Tor. Jonas Hiller muss sich in der Kabine pflegen lassen und kehrt erst zu Beginn des zweiten Drittels wieder zurück. Aber da steht es bereits 3:1. Alles ist gelaufen.
💥Die entscheidende Szene heute Abend: Earl mit Fehler, Hiller mit Ausflug, Sciaroni mit Tor!#NLPlayoffs2019 #MySportsCH #HomeofSports #MyHockey #NationalLeague pic.twitter.com/C6mklBU91x
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Unglücklich waren also die Umstände. Ansonsten ist der Treffer zum 2:0, dem Tor, das diese Serie letztlich entschieden hat, regulär. Wenn der Goalie seinen Torraum verlässt, um den Puck zu erreichen und dabei mit einem gegnerischen Spieler zusammenprallt, dann ist dies regeltechnisch ein Unfall. Kein Foul.
Aber Biel ist nicht nur am fehlenden Glück gescheitert. Der Untergang beginnt bereits viel früher mit einer Strafe von Fabian Lüthi. Er hat Simon Moser ohne Not mit dem Stock die Beine weggezogen (2:36 Min.). Es ist der Anfang einer Powerplay-Situation, die elf Sekunden vor Ablauf der Unterzahl mit dem 1:0 endet. In dieser Serie hat immer die Mannschaft gewonnen, die das erste Tor erzielt hat.
Die Bieler sind auch das Opfer ihrer Unerfahrenheit geworden. Sie waren noch nie im Finale. Der SCB hat soeben zum 13. Mal das Finale erreicht. Am Ende lässt sich dieses aufregende Halbfinale auf einen einzigen Satz reduzieren: der SCB kann Playoff, Biel nach wie vor nicht.
Wir sollten allerdings nicht vergessen, woher die Bieler kommen. Noch im Frühjahr 2016 waren sie die Miserablen der Liga: sie hatten die Playouts verloren und kamen nur um die Nervenprobe Liga-Qualifikation herum, weil Ajoie als B-Meister nicht aufsteigen durfte. Und nun haben sie drei Jahre später den Qualifikationssieger über sieben Spiele gefordert.
Die Berner treten bereits morgen zum ersten Finalspiel gegen Zug an. Mit Biels taktischen Zauberlehrlingen sind sie im Halbfinale schliesslich doch noch fertig geworden.
Aber nun treffen sie auf die taktischen Hexenmeister. Die Zuger zelebrieren ein ähnlich modernes nordisches Hockey wie die Bieler. Aber sie sind eine Nummer grösser. Mit noch mehr Tempo, Kreativität und Energie. Mit einer besser ausbalancierten Mannschaft.
Zug hatte es im Halbfinale auch mit taktischen Zauberlehrlingen zu tun gehabt. Lausanne war eine taktische Operetten-Version des grossen SC Bern. Kein Wunder. Lausannes Trainer Ville Peltonen hat ja sein Handwerk bei SCB-Bandengeneral Kari Jalonen erlernt.
Der SCB spielt ein ähnlich altmodisches nordisches Defensiv-Hockey wie Lausanne. Aber mit einer viel robusteren, routinierteren Mannschaft, abgesichert von einem viel besseren Torhüter als Lausannes Sandro Zurkirchen und unter dem Kommando von Kari Jalonen, dem Hexenmeister dieser Defensiv-Taktik.
Für Zug ein wenig beunruhigend: Kari Jalonen kann Meister. Dan Tangnes noch nicht.
Besonders reizvoll für die Zuger: im Rückblick erkennen wir, dass in erster Linie Leonardo Genoni den SCB im Halbfinale gerettet hat. Spätestens beim 1:0-Sieg in Biel am letzten Samstag hatte er beschlossen, ein Finalgoalie zu werden.
Nun hängt alles davon ab, ob Leonardo Geoni beschliesst, gegen seinen künftigen Arbeitgeber erneut ein Meistergoalie zu werden. Inzwischen hat er die beste Fangquote aller diesjährigen Playoff-Torhüter (94,54 Prozent). Für Zug ein wenig beunruhigend: Leonardo Genoni kann Meister, Tobias Stephan nach wie vor nicht.
Die Bieler waren faire Verlierer. Sie haderten nicht mit dem Schicksal und auch nicht mit den sehr guten Schiedsrichtern.
Stellvertretend für die professionelle Einstellung steht Damien Brunner. Er sagt, die beiden ersten Strafen (die zum 1:0 führten) seien klar gewesen. Er moniert eine gewisse Naivität, Schwächen im Powerplay und Boxplay und bei den Bullys.
Auf eine entsprechende Frage sagt er, diese erneute Halbfinalniederlage (vor einem Jahr scheiterten die Bieler nach einer 2:0-Führung im Halbfinale gegen Lugano) werde nicht zu einem Komplex führen. Sondern zu einer Weiterentwicklung einer Mannschaft mit vielen jungen Spielern. Ob Biels Playoff-Topskorer nun einem WM-Aufgebot Folge leisten wird, ist fraglich. Er sagt, sein Knie sei entzündet.
Ein Happyend könnte es für Biel doch noch geben. Marco Maurer (31) war Biels wichtigster Schweizer Verteidiger in der Qualifikation (mit der besten Plus/Minus-Bilanz des gesamten Teams). Auch in den Playoffs weist er eine positive Plus-Bilanz auf und er war Biels einziger Verteidiger, der im Laufe der Playoffs ins Tor getroffen hat (zum 3:1 im 7. Spiel).
👏🏼Ausgerechnet Maurer haucht dem @ehcbiel wieder etwas Leben ein!#NLPlayoffs2019 #MySportsCH #HomeofSports #MyHockey #NationalLeague pic.twitter.com/A6awQ3OoWH
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Sein Wechsel zu Servette ist ein herber Verlust für Biel. Aber es ist durchaus möglich, dass Marco Maurer auch nächste Saison für den EHC verteidigen wird.
Er hat zwar bereits im Januar für die nächsten zwei Jahre bei Servette unterschrieben. «Aber unter der Voraussetzung, dass Chris McSorley Trainer sein wird.» Aber der Kanadier wird nächste Saison nicht mehr an der Bande stehen. Marco Maurer sagt, er wolle unbedingt bei Biel bleiben und wenn er eine Möglichkeit sehe, «dann unternehme ich alles, um bleiben zu können.»
Biels Sportchef Martin Steinegger schliesst einen Verbleib von Marco Maurer nicht aus. «Mal sehen, was beim Saisonschlussgespräch herauskommt. Aber er muss in jedem Fall die vertragliche Situation mit Servette klären.» Am Geld wird die Sache nicht scheitern: Marco Maurer hat in Genf keinen höher dotierten Vertrag als zuletzt in Biel.
wie ich finde prallt er vor allem in den eigenen Spieler Earl, Scherwey duckt sich ja nach unten.
und... ich fand es sehr sportlich und richtig, dass Scherwey zuerst nach Hiller geschaut hat und erst dann aufgestanden ist.
Zug wird aber sicher was "Firepower" angeht noch eine Nummer grösser.
Ich denke, der neutrale Zuschauer darf sich auf diese Finalserie freuen.