Langnaus tüchtigem Sportchef Pascal Müller ist es nicht gelungen, Philip Wüthrich zu einem Transfer nach Langnau zu überreden. Obwohl er Berns «ewiger» Nummer 2 die Chance angeboten hat, im Emmental endlich zur Nummer 1 zu reifen. Wer im Klub nicht die Nummer 1 ist, wird es auch in einem WM-Team nie.
Pascal Müller ist sozusagen im Halbfinal gescheitert. Nun wird der Transfer-Playoff-Final um einen der talentiertesten helvetischen Goalies zwischen Ambri und dem SC Bern gespielt. Paulo Duca gegen SCB-Obersportchef Martin Plüss und SCB-Untersportchef Patrik Bärtschi. Mit Heimvorteil SCB.
Es ist zugleich ein «Hockey-Kulturkampf». Reichtum und Ruhm ohne maximale Verantwortung und ohne Chance, die Nummer 1 zu werden in Bern. Die Herausforderung eines aussichtsreichen Duells um die Nummer 1 gegen Gilles Senn, reichlich Hockey-Romantik, aber signifikant weniger Lohn in Ambri. Philip Wüthrich verdient im auslaufenden Vertrag mit dem SCB fast 400'000 Franken und ist damit die teuerste Nummer 2 unserer Hockeygeschichte. Verlängert er in Bern, dann muss er keine spürbare Salärkürzung in Kauf nehmen. Die Transferkasse in Bern ist prall gefüllt (wie soeben der Transfer von Ronalds Kenins gezeigt hat). Philip Wüthrich zu halten, ist auch aus klubpolitischen Gründen wichtig. Es ist auch noch genug Geld da, um bei Nationalstürmer Thierry Bader die Verlängerungs-Offerte nachzubessern.
Der Wechsel von der Komfortzone SCB ins karge Bergtal der Leventina zahlt sich für SCB-Talente immer wieder aus: Marco Müller ist erst in Ambri ein dominanter Center geworden und kehrt nach einer Ehrenrunde über Zug und Lugano nächste Saison mit Fanfaren durch die Vordertüre zum SCB zurück. André Heim, in Bern als untauglich taxiert, eine Sturmreihe zu führen, hat es in Ambri zum Assistenten des Captains und bis in die Notizbücher der NHL-Scouts geschafft. Yanik Burren ist in zwei Jahren in Ambri zum NL-Verteidiger gereift und hat heute in Biel von den Schweizer Verteidigern am zweitmeisten Eiszeit. Marc Gautschi, heute Sportdirektor in Genf, ist erst in Ambri ein bestandener NL-Verteidiger geworden und brachte es sogar bis zum Captain.
Diese besondere Beziehung zwischen dem SC Bern und Ambri, zwischen der Hauptstadt des Landes und dem Hockey-Reizklima im kargen Bergtal der Leventina, zwischen dem Big Business des Hockeys mit fürstlichen Salären und einem der letzten Ressorts der Hockeyromantik hat einen ganz besonderen Reiz. Dass einer, der sich in Bern nicht durchsetzen kann, in Ambri aufblüht, hat auch etwas mit der geografischen Distanz zu tun: Wer von Bern nach Ambri reist, muss die «Nabelschnur» durchtrennen. Kein Kulturschock wie ein Wechsel nach Nordamerika. Aber eben doch der Umzug in eine neue Welt auf die andere Seite des Alpenkammes, der eine neue Form der Selbständigkeit erfordert.
Nun steht Philip Wüthrich vor der wichtigsten Entscheidung seiner Karriere. Polemisch formuliert: In Bern verlängern und stagnieren oder nach Ambri wechseln und von einer neuen Herausforderung profitieren.
2. Wüthrich ist einfach nicht so gut wie der Eismeister (und vielleicht er selbst) denkt.
Aber es geht ja in erster Linie um Polemik.
Punkt.