Lausanne ist schon mal als «Wundertüte, gefüllt mit Knallgas» bezeichnet worden. Und siehe da: Der Knalleffekt ist da: Die NHL-Legende Petr Svoboda (56), seit drei Jahren fast allmächtiger Zirkus-Direktor, ist abgesetzt und auf seine Rolle als Minderheitsaktionär zurückgestuft worden. Cheftrainer John Fust soll noch bis zur Nationalmannschaftspause an der Bande stehen und dann zum Sportdirektor wegbefördert werden. Er hat bereits mit der Suche nach einem Nachfolger begonnen.
Aussichtsreichster Kandidat ist gemäss verlässlichen Gewährsleuten ein recht klingender Name: Geoff Ward. Der Kanadier hat zwischen 2005 und 2022 reichlich Erfahrungen in der NHL gesammelt. Meistens als Assistent bei Boston, New Jersey, Calgary und letzte Saison bei Anaheim. Bei Calgary war er vorübergehend sogar Cheftrainer. Zwei Jahre (2006/07 und 2014/15) bildete er sich in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) weiter und gewann 2015 mit Mannheim den DEL-Titel und wurde zudem zum «Coach des Jahres» gekürt.
Alles in allem sicherlich ein fähiger Mann. Doch der «Mann der Stunde» ist einmal mehr John Fust (50). Der kanadisch-schweizerische Doppelbürger mit einer Ausbildung im Geheimdienst der kanadischen Streitkräfte, einer schönen Spielerkarriere und viel Trainererfahrung in unserem Hockey ist am 8. Februar 2018 verpflichtet worden, um in Lausanne Trainer Yves Sarault zu ersetzen. Seither behauptet er sich in diesem turbulenten Hockey-Unternehmen als Sportdirektor, Cheftrainer und nun wieder als Sportdirektor.
Als grosser Zampano genoss Petr Svoboda in der Liga den Ruf eines «Lohntreibers» und unzimperlichen Trainerentlassers. Der grosse Ville Peltonen streitet inzwischen vor Gericht um seine Abfindung. Seit 2016 haben in Lausanne Dan Ratushny, Yves Sarault, John Fust, Ville Peltonen, Craig MacTavish und zuletzt wieder John Fust ihr Glück an der Bande versucht. Zu mehr als einer Halbfinal-Qualifikation (2019) hat es bisher nicht gereicht.
Lausanne hat das wirtschaftliche und sportliche Potenzial und die Infrastruktur, um die Nummer 1 in der Westschweiz zu werden und die Titanen aus der Deutschschweiz im Titelkampf herauszufordern. Doch in seiner ganzen Geschichte ist es diesem faszinierenden Hockeyunternehmen noch nie gelungen, alle Kräfte zu bündeln und sein Umfeld nach neuzeitlichen Erfordernissen zu strukturieren.
Inzwischen ist die Mannschaft in der Tabelle auf den letzten Platz abgerutscht, pro Heimspiel kommen pro Partie noch 6282 Fans und die Stadionauslastung beträgt besorgniserregende 65,44 Prozent. Vor der Pandemie (2019/20) waren es noch 8206 Fans pro Spiel und eine Stadionauslastung von 85,48 Prozent.
Lausanne wie es leibt und lebt, singt und lacht, rockt und rollt: Viel zu viel Hollywood, eigentlich bei weitem genug Geld, aber viel zu wenig Ordnung in den Chefetagen. Und keine Bange: Sollte Gregory Finger aussteigen, wird sich zwar grosses Geschrei und Gejammer erheben. Aber die Stadt Lausanne, die umliegenden Gemeinden und ein paar neue Investoren werden schon einspringen. Niemand will und kann sich ein neues Stadion ohne NL-Hockey leisten.
Lausanne ist eine sportliche Titanic, aber finanziell unsinkbar.
Und nein, so viel mehr bezahlen könnten die auch nicht, dass es das Wert wäre. 💸
Olten für Lausanne? 😃🫶🏻