Formel-1-Duell Rosberg vs. Hamilton: Krieg der Sterne
Am Samstagabend sass Mercedes-Teamchef Toto Wolff mit einem Dutzend deutscher Journalisten an der Rennstrecke in Spa-Francorchamps zusammen. Es ging um das WM-Duell seiner beiden Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton, um Zweikämpfe auf der Rennstrecke und Ansagen vom Kommandostand.
Irgendwann wurde Wolff dann die Frage gestellt, ob er glaube, dass es in dieser Saison noch richtig knallen werde zwischen Rosberg und Hamilton, schliesslich waren sich beide auf der Piste schon mehrfach sehr nahe gekommen. «Vielleicht rauscht mal einer ins Kiesbett», sagte der Österreicher: «Aber knallen? Nein, das glaube ich nicht.»
Keine 24 Stunden später knallte es zwischen seinen beiden Fahrern - und zwar so richtig.
Es passierte in der zweiten Runde des Grossen Preises von Belgien. Hamilton hatte Qualifying-Sieger Rosberg unmittelbar nach dem Start überholt und raste als Erster auf die Rechtskurve «Les Combes» zu. Weil er innen nicht überholen konnte, versuchte es Rosberg («Ich war schneller») aussen. Der Deutsche kam nicht vorbei, erwischte aber Hamiltons linkes Hinterrad mit seinem rechten Frontflügel und schlitzte ihm dabei den Pneu auf.

Rosberg blockte alle Nachfragen ab
«Nico hat mich getroffen», schimpfte Hamilton über Funk. Weil sich das alles im ersten Streckendrittel abspielte, musste der Engländer auf drei Reifen fahrend das gesamte Feld an sich vorbeiziehen lassen, ehe er an die Box kommen konnte. Den Rückstand holte er im weiteren Rennen nicht mehr auf, lag die meiste Zeit auf Platz 16 und stellte seinen Wagen vier Runden vor Ende frustriert in der Garage ab.
Rosberg, dessen kaputter Frontflügel in Runde acht problemlos ausgetauscht werden konnte, wurde bei Daniel Ricciardos Sieg Zweiter und baute seinen Vorsprung auf Hamilton in der WM-Wertung von 11 auf 29 Punkte aus.
Als Rosberg nach dem Rennen zur Pressekonferenz erschien, sah er aus, als habe er gerade die Weltmeisterschaft verloren.
«Solange ich mir das nicht im Fernsehen angeguckt habe, will ich über die Situation nicht sprechen», blockte Rosberg alle Nachfragen zu seinem Manöver in Runde zwei ab. Aber der 29-Jährige, der seine neunte Formel-1-Saison bestreitet, ist erfahren genug um zu wissen:
Diesen Crash hatte er verbockt, Hamiltons Aus geht auf seine Kappe. Denn Rosberg hatte in der «Les Combes» nicht wirklich eine Möglichkeit zum Überholen, dafür war Hamilton zu weit vorne. Teamchef Wolff fand dafür deutliche Worte: «Das Manöver war einfach Harakiri.»
«Das lässt uns dämlich aussehen.»
Vor allem war der Unfall wenig hilfreich bei dem Versuch, das Klima im Mercedes-Team wieder zu normalisieren. Beim vergangenen Rennen in Ungarn hatte Hamilton die Teamaufforderung, Rosberg vorbeizulassen, ignoriert, was den Deutschen zürnen liess. Anschliessend ging es in die Sommerpause, wochenlang wurde der Streit bei Mercedes in den Medien thematisiert. I
n Spa waren sie beim deutsch-britischen Rennstall daher seit Donnerstag darum bemüht, allen mitzuteilen und zu zeigen: Wir haben uns ausgesprochen, es gibt keine Probleme mehr. Diese Botschaft hat sich mit dem Rennen wieder erledigt.
«Das lässt uns dämlich aussehen», gab Wolff zu, sprach von einem «medialen Leckerbissen» und kündigte an, man werde das intern deutlich besprechen, «damit so etwas nicht noch einmal passiert».
Die Zusammenkunft dürfte für Rosberg nicht allzu angenehm werden, schliesslich bezog Niki Lauda, Aufsichtsratschef von Mercedes-Motorsport, unmittelbar nach dem Rennen klar Stellung: «Es ist für mich inakzeptabel, dass Nico Lewis in der zweiten Runde trifft.»
Pfiffe bei der Siegerehrung
Rosberg, der sich bei der Siegerehrung laute Buhrufe und Pfiffe der Zuschauer gefallen lassen musste, räumte denn auch ein: «Es ist schlecht gelaufen für das Team.» Anschliessend versuchte er zumindest ansatzweise zu erklären, warum es zum Crash kam: «Wir duellieren uns die ganze Zeit, da wird es eng.»
Womöglich war das alles aber auch nur Rosbergs übermotivierter Versuch zu zeigen: Ich kann auch harte Linie fahren und nehme keine Rücksicht mehr. Schliesslich stand er in dieser Saison bislang fast immer als der düpierte Mercedes-Pilot dar, der am rücksichtslosen Hamilton nicht vorbeikam. In Bahrain war das so und zuletzt in Ungarn. Rosberg musste sich mehrfach die Frage gefallen lassen, ob er im Duell mit Hamilton zu nett sei und zu unclever agiere.
Nach dem Rennen baten die Mercedes-Bosse ihre Fahrer zur Team-Besprechung. Anschliessend behauptete Hamilton, sein Kontrahent habe in dem Meeting indirekt zugegeben, den Crash absichtlich herbeigeführt zu haben. «Er sagte, er hätte den Unfall vermeiden können, wollte es aber nicht, um ein Zeichen zu setzen», so Hamilton zur BBC. Rosberg wollte das nicht bestätigen und sagte: «Es war halt ein Rennunfall.»

