Auch in Silverstone betritt Max Verstappen am Ende das oberste Treppchen. Zum sechsten Mal in Folge. Dies gelang vor dem Niederländer nur vier weiteren Fahrern: Sebastian Vettel (8 Siege in Serie), Alberto Ascari, Nico Rosberg und Michael Schumacher (je 7 in Serie).
Noch deutlicher wird die Dominanz von Verstappen und seinem Team dadurch, dass der zweifache Weltmeister acht von zehn Rennen gewann und sich zweimal nur seinem Teamkollegen Sergio Perez geschlagen geben musste. Saisonübergreifend steht Red Bull nun bei elf Erfolgen in Serie, womit der österreichische Rennstall mit dem Rekord aus dem Jahr 1988 von McLaren gleichzieht. Gewinnt Verstappen oder Perez in zwei Wochen in Ungarn, steht Red Bull in dieser Hinsicht alleine an der Spitze.
Zufrieden ist Perfektionist Verstappen dennoch nicht. Danach gefragt, welche Bereiche des Autos noch verbessert werden müssen, zählt er eine ganze Reihe von Dingen auf, woran das Team noch arbeitet und arbeiten muss. Unter anderem mit dem Fahren bei «geringen, mittleren und hohen Geschwindigkeiten» ist er noch nicht ganz glücklich.
In Verstappens Antwort, die für Lacher sorgte, da aufgrund der Übermacht des 25-Jährigen im Red Bull wohl kaum jemand eine solche erwartet hatte, dürften auch die Erkenntnisse aus dem gestrigen Grand Prix mitgeschwungen haben. Denn obwohl Verstappen souverän zum Sieg fuhr, stahlen ihm zwei Lokalmatadoren die Show. Lando Norris und Lewis Hamilton komplettierten nämlich das Podium beim Grossen Preis von Grossbritannien.
Norris führte das Rennen zu Beginn gar für einige Runden an, da er beim Start deutlich besser wegkam als Verstappen und so für lauten Jubel bei den Zuschauerinnen und Zuschauern sorgte. In der fünften Runde musste er die Führung zwar wieder an den mit DRS vorbeifliegenden Verstappen abgeben, doch lieferte er nach Platz 4 in Spielberg eine weitere sehr ansprechende Leistung und sorgte für das erste Podium der Saison des britischen Rennstalls McLaren.
Um sich den zweiten Platz zu sichern, musste sich Norris in der Folge vor allem gegen seinen Landsmann Hamilton wehren. Der 38-jährige Routinier sass dem 15 Jahre jüngeren Norris zwar lange im Nacken, schaffte es jedoch trotz DRS und weicherer Reifen nicht am wiedererstarkten McLaren vorbei und fuhr als Dritter ins Ziel. So konnten alle Podestfahrer sehr zufrieden mit dem eingefahrenen Ergebnis sein. Die überschwängliche Freude war ihnen bei der Siegerehrung deutlich anzusehen – die Champagnerflaschen wurden gar schon vor der Pokalübergabe geköpft. Der zum Fahrer des Tages gekürte Fan-Liebling Norris zog dabei einmal mehr die ganze Aufmerksamkeit auf sich.
IT'S BACK! 😍
— McLaren (@McLarenF1) July 9, 2023
The Lando champagne pop™️#BritishGP 🇬🇧 @LandoNorris pic.twitter.com/P7jabY2iEh
Es waren aber nicht nur Norris und Hamilton, die bei ihren Teams für Jubel sorgten. Ihre Teamkollegen folgten auf den Plätzen vier und fünf. Besonders im Fall von Oscar Piastri, der seit dieser Saison für McLaren fährt, ist dies durchaus eine Überraschung. Das Bestergebnis des Formel-1-Neulings war bisher ein achter Platz in Australien, in Grossbritannien punktete er nun zum erst dritten Mal. Direkt vor George Russell im Mercedes wurde der Australier Vierter.
Bereits im Qualifying hatte Piastri mit einem dritten Platz überzeugt, bevor er im Rennen mit einer erneut sehr starken Leistung noch einen draufsetzte. Am Ende war Piastri von seinem vierten Platz gar enttäuscht, da ihm wohl nur ein Quäntchen Glück zu seiner Podest-Premiere gefehlt hatte. Kurz nach seinem einzigen Boxenstopp brannte nämlich der Wagen von Kevin Magnussen, woraufhin der Safety Car auf die Strecke fuhr. Dies nutzte unter anderem Hamilton zum Boxenstopp, wodurch er an Piastri vorbeikam.
«Wir hatten unheimlich viel Pech, aber wir haben alles gegeben und ich bin sehr stolz auf das Team», sagte der 22-Jährige nach dem Rennen. Auch dank Piastris Punkten ist McLaren nun das fünftbeste Team in der Formel 1, während Mercedes seinen zweiten Platz vor den nach Österreich auch in England enttäuschenden Aston Martins festigen kann.
Anders als bei Piastri ist bei einem anderen Neuling kein Aufwärtstrend zu erkennen. Nyck de Vries ist im AlphaTauri auch nach zehn Rennen noch ohne Punkt und wurde in Silverstone von allen Ziel-Ankömmlingen Letzter. Viel Geduld dürften die Verantwortlichen beim Tochter-Rennstall von Red Bull nicht mehr haben. Nach dem Qualifying verteidigte Red-Bull-Berater Helmut Marko Sergio Perez bei «Sky» damit, dass der Mexikaner zwar in den Qualifyings nicht so stark sei, aber dafür gute Rennen liefere, und fügte an: «Das unterscheidet ihn von Nyck de Vries.»
Als möglicher Nachfolger wird bereits Daniel Ricciardo, der in dieser Saison erstmals nach elf Jahren ohne Cockpit ist, gehandelt. Marko lässt mit Blick auf die Reifentests, welche Ricciardo in dieser Woche absolvieren wird, tief blicken: «Dienstag ist der Reifentest und dann sehen wir mal weiter.» Für Sky-Experte Ralf Schumacher scheint die Sache klar: «Die Entscheidung ist gefallen, da bin ich mir ziemlich sicher.» Ricciardo fungiert derzeit als Ersatzfahrer von Red Bull.
Neben den zehn Formel-1-Teams war in Silverstone ein elftes Team zu Gast auf der Strecke und in der Boxengasse. Der Rennstall APX GP war nämlich mit zwei Boliden vertreten – ohne jedoch mitzufahren. Dies liegt daran, dass derzeit ein Film mit Brad Pitt und Damson Idris in den Hauptrollen gedreht wird, in dem es voll und ganz um die Formel 1 gehen soll. Dazu bekam das Team gar eine eigene Box und durfte sich sowohl in die Startaufstellung stellen als auch einige Runden auf der knapp sechs Kilometer langen Strecke drehen.
Pitt sass dabei noch nicht im Cockpit der eigentlichen Formel-2-Autos, doch lässt er sich bereits von Lewis Hamilton darauf vorbereiten. Der siebenfache Weltmeister fungiert gemeinsam mit Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff als Co-Produzent des Films. «Ich stelle sicher, dass der Film authentisch ist», so Hamilton.
Die letzte Saison von Alfa-Romeo-Sauber verläuft seit dem verheissungsvollen Start in Bahrain mit einem achten Platz von Valtteri Bottas ziemlich enttäuschend. Nur dreimal fuhren der Finne und Zhou Guanyu in der Folge noch in die Punkte. In Silverstone verpassten diese beide erneut. Weil gleichzeitig Alexander Albon im Williams einen starken achten Platz einfuhr, fällt Alfa-Romeo-Sauber in der Konstrukteurswertung auf den 9. Platz zurück.
Es hat fast schon Tradition, dass kuriose Begegnungen von Sky-Reporter Martin Brundle und Berühmtheiten aus anderen Gebieten für Unterhaltung sorgen. In Silverstone war es das missglückte Interview mit Model Cara Delevingne, die sich auf Anraten ihres PR-Beraters weigerte, mit Brundle zu sprechen.
Auch der Hinweis des 64-Jährigen, dass eigentlich alle, die kurz vor dem Start auf der Strecke stehen, für Interviews zur Verfügung stehen müssen, änderte nichts an Delevingnes Haltung. Daraufhin murmelte Brundle mit ironisch angehauchter Stimme: «Es wäre bestimmt extreeem interessant geworden.»
🤣🤣 Absolute BRUTALITY from Martin Brundle at #SilverstoneGP pic.twitter.com/o9bKTL4OIX
— Alex Baker (@alexbakerman) July 9, 2023