Am Tag nach dem Ausscheiden der Schweiz an der Heim-EM, keine zwölf Stunden nach dem 0:2 gegen Spanien, interessierte die Frage: Bleibt Pia Sundhage Nationaltrainerin dieses Teams, welches das Land in den letzten drei Wochen so sehr begeistert hat. Die Trainerin selbst hatte schon unmittelbar nach dem Spiel gegen Spanien auf den laufenden Vertrag bis Ende Jahr verwiesen.
Am Samstag gab es wie erwartet auch von Sundhages Vorgesetzten Marion Daube, der SFV-Direktorin für Frauenfussball, (noch) kein klares Votum zur Zukunft der Trainerin. «Wir nehmen uns Zeit, um das ganze setzen zu lassen. Es ist alles möglich und alles offen. Wir wollen so kurz nach dem Turnier keinen Entscheid treffen.»
Was klar ist: Es macht keinen Sinn, den Vertrag mit Sundhage bis Ende Jahr auslaufen zu lassen und dann einen Wechsel zu vollziehen. Im Herbst finden nur Testspiele statt. Pflichtspiele gibt es erst im nächsten Frühjahr, wenn die Partien der WM-Qualifikation beginnen. Um die WM-Qualifikation sinnvoll vorbereiten zu können, müsste ein allfälliger neuer Trainer oder neue Trainerin bereits die Testspiele im Herbst bestreiten können.
Apropos Testspiele im Herbst: Jetzt ist das Land euphorisiert und die Frauen-Nati wurde zum Tagesgespräch. In der S-Bahn, im Migros-Restaurant, in den Büros. Doch wie wird das in ein paar Monaten sein? Daube: «Alle sollen sehen, was im Mädchen- oder Frauenfussball möglich ist. Diesen Moment darf man jetzt nicht verpassen, man muss das Momentum nutzen. Es ist wichtig für mich, dass wir gezeigt haben, dass es Potenzial gibt, und dass es sich lohnt, zu investieren.»
Diese Investitionen betreffen nicht nur die Nati – im Gegenteil. «Mit der Nati haben wir sozusagen das Aushängeschild. Nun versuchen wir, dasselbe mit der Liga. Wir haben gesehen, dass das Interesse gewachsen ist, die Klubs spielen vermehrt in grossen Stadien. Ich denke, das braucht etwas mehr Zeit», so Daube.
Aber zurück zur Niederlage vom Freitag. Sundhage erzählte, wie die Spielerinnen traurig waren, in der Kabine seien auch Tränen geflossen, «aber wir haben auch getanzt. Es ist eine Mischung von Gefühlen. Alle wollten unbedingt gewinnen. Was wir gestern gewonnen haben, sind die Fans, die Atmosphäre». Die Zuschauenden hätten das Stadion nicht verlassen. Das sei auch für sie einer ihrer grössten Momente in ihrem Leben, ihrer Karriere, ordnete Sundhage ein.
Sundhage gab aber auch zu, dass sie noch vor wenigen Wochen nicht nur zuversichtlich auf die Heim-EM blickte. «Ich bin keine, die Zweifel hat. Aber es gab einige Fragezeichen. Erst als wir in die Bubble gingen mit den 23 Spielerinnen waren alle Zweifel und Fragezeichen weg. Davor, klar, gab es ein Auf und ab. Die Spielerinnen konkurrierten. Aber ab dem Zeitpunkt, ab dem das Kader fix war, war es ein Zusammensein.»
Nun sieht die schwedische Welttrainerin für das Team eine grosse Zukunft. Sie macht dies an zwei Beispielen fest. Da wäre etwa Iman Beney: «Sie ist nicht nur schnell, sie hebt ab. Das ist einzigartig. Wenn ihr erster Ballkontakt noch etwas besser wird, in einigen Jahren, dann wird sie eine der besten Spielerinnen werden.» Aber Beney sei nicht die Einzige. Sundhage: «Auch Smilla Vallotto. Sie hat Jahrgang 2004, die meisten Spielerinnen haben ihren Karrierehöhepunkt mit ca. 27 Jahren. Es wird also eine tolle Zukunft.»
Doch Lob gab es auch für die älteren Spielerinnen im Kader, wie Ana-Maria Crnogorcevic. «Jeder will ein Teamplayer sein. Es geht aber nicht nur um Worte, es geht auch um Taten. Ana-Maria spielt in den USA im Klub im Sturm. Aber ein Teamplayer will dem Team helfen, egal, wo er spielt. Sie hat das gestern grossartig gemacht. Da war sie wirklich ein Teamplayer», so Sundhage.
Dass es an der Abschluss-PK ausschliesslich positive, lobende Worte gab, weil diese Heim-EM zum Erfolg wurde, auch neben dem Platz, das war für den scheidenden Verbandspräsidenten Dominique Blanc keine Überraschung. «Wir haben in den letzten Jahren viel gemacht für den Frauenfussball. Wir haben investiert in die Begleitung der Spielerinnen und in die Strukturen», so der Waadtländer.
(aargauerzeitung.ch)