Die «Lietuvos Futbolo Federacija», der nationale Fussball-Verband, wirtschaftet im vergleichsweise kleinen Rahmen. In der baltischen Republik beanspruchen die Basketballer einen weitaus prominenteren Status. Für das FIBA-Ranking interessieren sich in Litauen wesentlich mehr Sportkonsumenten als für die aktuelle Weltrangliste und Schieflage der FIFA.
In der populären Disziplin mit den Körben sind die Osteuropäer global die Nummer 4 und dreifacher Europameister, auf dem (Kunst-)Rasen hingegen gehören sie im besten Fall zu den Top 100. Entsprechend klein sind die Erwartungen und die Spielstätten. In Vilnius werden knapp 5000 Zuschauer das verbandseigene Stadion füllen, die Basket-Veranstalter dagegen verkaufen bei wichtigen Europacup-Heimspielen gegen 15'000 Tickets.
Valon Behrami kennt die litauischen Präferenzen. Der Tessiner verfolgt die Lieblings-Ballsportart der Balten seit Jahren: «Ich weiss, wie gut sie sind. Die Atmosphäre an ihren Spielen ist heiss.» Er hoffe nun mal, dass die Stimmung am Sonntag etwas weniger aufgeheizt sei. Davon ist auszugehen im zwar renovierten, aber nach wie vor schmucklosen Provisorium mit ein paar Tausend bunten Plastikstühlen.
Unter normalen Umständen dürfte sich die Aufregung in der Mini-Arena der untersten UEFA-Kategorie in engen Grenzen halten – zumal die einheimischen Hauptdarsteller in der EM-Ausscheidung nach drei Niederlagen in Serie und zehn Gegentoren keine hohen Erwartungen mehr generieren.
Die Schweizer äusserten sich trotz klarer Rollenverteilung betont respektvoll über den limitierten Kontrahenten. Vladimir Petkovic hat nicht vergessen, wie lange sich die SFV-Auswahl im Hinspiel (4:0) schwertat: «Sie waren gegen uns 70 Minuten lang gut organisiert.».
Er erwarte ähnlich viel Gegenwehr. Und der Schweizer Stratege relativierte das 0:4 des Gruppenvierten gegen die verlustpunktlosen Engländer: «Sie hatten Mut, etwas zu kreieren. Sie können den Ball laufen lassen.» In der verjüngten Mannschaft Litauens stehen verschiedene U19-EM-Teilnehmer von 2013 – unter ihnen der damalige Endrunden-Topskorer Gratas Sirgedas (neu bei den Stuttgarter Kickers) und der in Basel aufgewachsene Aalborg-Stürmer Lukas Spalvis.
Petkovic ist angesichts der guten physischen Verfassung seines Teams und nach zuletzt sechs teilweise sehr guten Spielen selbstbewusst genug, den maximalen Ertrag zu verlangen: «Wir sind besser, wir sind stärker, es gibt deshalb ein einziges Ziel: drei Punkte.»
Das Blickfeld schränkte er bewusst ein, das nächste, mutmasslich kursweisende Heimspiel gegen die Slowenen, blendete er konsequent aus: «Unser Fokus ist vollumfänglich auf Litauen gerichtet.» Mit allen übrigen Planspielen könne man sich frühstens am Montag befassen, so der Bosnien-Kroate.
Vor den Schweizer Spielen drehen sich die Fragen fast durchwegs um die Effizienz im Abschluss. Torhüter Yann Sommer nahm zuletzt denn auch tatsächlich bloss eine Nebenrolle ein. Er war kaum gefordert und bekam wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen.
«An meiner Vorbereitung ändert sich dadurch aber nichts. Vor dem Spiel weiss man ohnehin nicht genau, wie viel man letztlich zu tun bekommt», so der Keeper. Solche Spiele sind nicht neu für ihn. Sommer: «Ich kenne das aus meiner Zeit in Basel. Da war ich zum Teil auch wenig beschäftigt. Aber ich bin trotzdem Teil der Mannschaft und immer bereit.»
Wie deutlich überlegen die Schweiz ihre bisherigen fünf Spiele der EM-Qualifikation bestritt, zeigt ein Blick in die offizielle Statistik der UEFA. Das kumulierte Verhältnis der aufs Tor geflogenen Schüsse in diesen Partien lautet 42:9 zugunsten der SFV-Auswahl. Yann Sommer ist auch deshalb seit 281 Minuten ohne Gegentor. Noch zwei Minuten fehlen ihm und er hat den Bestwert von Diego Benaglio aus der WM-Qualifikation 2014 ist übertroffen. (pre/si)