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Womens Super League: Imane Touriss spielt mit Kopftuch

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Imane Touriss ist die erste Spielerin in der Women's Super League mit einem Kopftuch.Bild: www.imago-images.de

Imane Touriss bricht Tabus: Die erste Fussballerin in der Schweiz, die mit Kopftuch kickt

In Frankreich war es ihr noch verboten, in der Women's Super League schreibt Imane Touriss nun Geschichte. Doch auch in der Schweiz stand sie zunächst ohne Kopftuch auf dem Platz.
01.11.2025, 10:2901.11.2025, 10:29
Robin Walz / ch media

Imane Touriss hat ein Füsschen wie kaum eine andere in der Liga. Die GC-Spielerin ist technisch versiert und hat ein feines Ballgefühl. Sie fällt aber auch aufgrund eines äusserlichen Merkmals auf: Imane Touriss ist die erste Spielerin in der Geschichte der Women's Super League, die mit einem Kopftuch aufläuft. CH Media hat sie auf dem GC-Campus in Niederhasli besucht.

Über einem weissen Hemd trägt sie einen karierten Pullunder, dazu weisse Strümpfe, eine schwarze Hose und beigefarbene Boots. Durch ihr extravagantes Outfit tritt das Kopftuch fast schon in den Hintergrund. Sie schüttelt dem Journalisten die Hand und stellt sich vor: «Bonjour, je suis Imane.»

Imane Touriss meidet Konflikte

Die Fussballerin wechselte im Sommer vom französischen Klub Guingamp zu GC und unterschrieb in Zürich einen Zwei-Jahres-Vertrag. Als GC den Transfer verkündet, wird Imane als Angreiferin vorgestellt. Unter Trainer João Paiva kommt die 20-Jährige aber als Rechtsverteidigerin zum Einsatz. «Das ist der Fussball», sagt Imane. «Manchmal braucht uns der Trainer auf bestimmten Positionen. Man muss sich anpassen.»

Imane Touriss von GC
Touriss spielt seit der laufenden Saison bei den Hoppers.Bild: Andrea zahler

Imane ist eine Person, die Konflikte meidet. Ihr Fokus liegt auf dem Fussball – selbst wenn das bedeutet, Kompromisse bei ihrer religiösen Identität einzugehen. Die Tochter einer Französin und eines Marokkaners ist Muslima und trägt seit zwei Jahren ein Kopftuch. Als sie bei den Vizemeisterinnen unterschreibt, geht sie – fälschlich, wie sich später herausstellt – davon aus, dass sie ihre Kopfbedeckung beim Fussballspielen abziehen muss. Sie stellt sich darauf ein.

Hintergrund für ihre Annahme ist die kontroverse Praxis in Frankreich, wo Imane vor ihrem Wechsel gespielt hatte. Der französische Fussballverband verbietet nämlich das Tragen jeglicher religiöser Symbole. In ihrem ersten Profivertrag, den sie im Alter von 17 Jahren unterschreibt, muss sie sich verpflichten, sowohl im Spiel als auch im Training auf das Kopftuch zu verzichten. «Das hat mich wirklich traurig gemacht», sagt Imane. «Aber ich habe diese Regel akzeptiert.»

Imane Touriss
In Frankrich tratt Touriss ohne Kopftuch auf.Bild: andrea zahler

SFV lässt Kopftücher zu, Frankreich bleibt isoliert

In der Annahme, dass das Kopftuchverbot auch für die Schweiz gilt, informiert Imanes Berater während der Vertragsverhandlungen mit GC den Verein, dass sie mit Kopftuch trainiert, aber ohne spielt. «Wir haben uns am Anfang gar keine Gedanken darüber gemacht», sagt Sportchef Theo Karapetsas.

So kommt es, dass Imane für die ersten zwei Meisterschaftsspiele ihr Kopftuch weglässt. Dies, obwohl sie das gemäss den geltenden Richtlinien des Schweizerischen Fussballverbands (SFV) eigentlich nicht muss. «Der SFV steht für Vielfalt, Toleranz und Respekt. Dazu gehört auch, dass das Tragen von religiösen Kopfbedeckungen gestattet wird», schreibt Dominik Erb, Kommunikationsverantwortlicher Frauenfussball im SFV. Der SFV orientiert sich dabei, wie übrigens auch die Fifa und die Uefa, an den offiziellen Spielregeln des International Football Association Board (IFAB).

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Imane (links) jubelt nach einem Treffer.Bild: www.imago-images.de

Demnach dürfen Fussballerinnen seit 2014 religiös motivierte Kopfbedeckungen während Spielen tragen, sofern diese bestimmte Bedingungen erfüllen. Dazu gehört unter anderem, dass die Kopfbedeckungen farblich mit der Trikotfarbe übereinstimmen, kein Gefährdungspotenzial für sich selbst oder andere Spielerinnen darstellen und keine verbotenen Botschaften tragen.

Das Verbot, das Imane aus Frankreich kennt, ist im europäischen Vergleich einmalig. Erstmals für internationales Aufsehen sorgte die Entscheidung Frankreichs, während der Olympischen Spiele in Paris seinen Athletinnen ein Kopftuchverbot aufzuerlegen. UN-Experten und Menschenrechtsorganisationen bezeichneten dies als diskriminierend. Doch schon davor gab es in Frankreich – als einzigem Land in Europa – in Sportarten wie Basketball, Volleyball oder eben Fussball ein solches Verbot. Im Februar 2025 hat der französische Senat ein Gesetz verabschiedet, das das Kopftuchverbot auf alle Sportarten ausweiten soll.

«Ich wollte keine Probleme verursachen»

Dass sich Imane nicht weiter über die hiesige Praxis erkundigt und nicht darauf beharrt, auch während der Spiele ein Kopftuch zu tragen, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Die 20-Jährige freute sich ohnehin schon darüber, dass sie zumindest mit Kopftuch trainieren kann. Imane selbst sagt: «Ich wollte keine Probleme verursachen.»

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Imane beim unterschreiben von Autogrammkarten.Bild: www.imago-images.de

Einige Wochen nach ihrem Wechsel kommt allmählich Bewegung in die Sache. Dies geschieht auf Bitte ihres Trainers João Paiva. «Ich bin eine Person, die sehr gerne lacht. Ich glaube, der Coach hat in den ersten Spielen gemerkt, dass ich etwas trauriger war, als ich ohne Kopftuch gespielt habe», sagt Imane.

Der Verein trifft Abklärungen und versteht, dass Imane gemäss dem Reglement des SFV sowie der Uefa sowohl in der Meisterschaft als auch im Europa Cup das Kopftuch tragen darf. Beim Heimspiel gegen den kasachischen Verein BIIK Shymkent Anfang September setzt sie das erstmals in die Praxis um.

Imane ist heute die einzige und mit hoher Wahrscheinlichkeit die erste Spielerin der Women's Super League, die ein Kopftuch trägt. Zumindest ist dem SFV in der 55-jährigen Geschichte der Liga kein anderer Fall bekannt.

Die GC-Spielerin zeigt sich dankbar, dass der Verein und besonders Trainer Paiva die notwendigen Abklärungen eingeleitet haben, damit sie nun ihr Kopftuch tragen darf. «Für mich ist das enorm, weil ich mich dadurch beim Spielen wie ich selbst fühle und in dieser Hinsicht komplett befreit bin», sagt Imane. «Je suis la plus heureuse», fügt sie mit einem grossen Lachen auf ihrem Gesicht dazu.

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Die GC-Spielerin freut sich, dass sie im Schweizer Fussball ein Kopftuch tragen darf.Bild: www.imago-images.de

Mehr Vorurteile in Frankreich als in der Schweiz

Imane lebt nun seit zwei Monaten in der Schweiz. Mit 20 Jahren erstmals den Schritt ins Ausland zu wagen, allein zu wohnen und sich in einer anderen Kultur, mit einer anderen Sprache einzufinden, sei am Anfang eine grosse Umstellung gewesen. «Aber ich wurde bei GC mit offenen Armen empfangen», sagt Imane. «Niemand hat darauf geachtet, dass ich ein Kopftuch trage. Sie sahen die Person, die ich bin.»

Imane spricht nicht nur der Mannschaft und dem Verein Lob aus, sondern der Schweiz generell. Sie schwärmt von der Aufgeschlossenheit und der Freundlichkeit der Menschen – und davon, dass morgens alle lächeln würden. Diskriminierende Bemerkungen oder wertende Blicke aufgrund ihrer Kleidung hat sie bisher nicht erlebt.

Imane
In Zürich fühlt sich die 20-Jährige wohl.Bild: andrea zahler

Anders waren ihre Erfahrungen in der Bretagne, wo Imane aufgewachsen ist. Ihre Kindheit und Jugend bleiben ihr sehr positiv in Erinnerung, wie sie betont. Doch als sie mit 18 Jahren beginnt, ein Kopftuch zu tragen, häufen sich die misstrauischen Blicke und verbalen Anfeindungen. «Ich habe in Frankreich viel mehr Vorurteile gespürt als hier», sagt Imane.

«Alle sollten das tragen dürfen, was sie wollen»

Oft wird negativ über Muslime berichtet, ihr Glaube häufig mit Stereotypen oder Misstrauen konnotiert. Umso wichtiger ist es Imane, offen über ihre Religion zu sprechen – und über die Gründe, weshalb sie ein Kopftuch trägt.

Für Imane ist der Islam eine «stabile Säule». Er hilft ihr, in schwierigen Momenten, die es auch im Fussball oft gibt, innerlich zur Ruhe zu finden. Das Kopftuch, als Ausdruck ihrer Religion, unterstützt sie dabei. Wie jemand das eigene Wohlbefinden stärkt, soll jeder und jede selbst entscheiden – unabhängig von Religion oder Kultur. «Ob Christen, Juden, Muslime oder wer auch immer – alle Menschen sollten so sein, wie sie sind und das tragen dürfen, was sie wollen, solange sie niemanden verletzen», sagt Imane. «Und wir sollten uns alle gegenseitig akzeptieren.»

Sie ist überzeugt, dass dieser innere Frieden Voraussetzung ist, um anderen Menschen gegenüber wohlwollend zu sein. «Deshalb versuche ich zuerst, Frieden in mir selbst zu finden, um ein besserer Mensch für andere sein zu können», sagt Imane. Ausserdem führe ein gestärktes Wohlbefinden dazu, auf dem Fussballplatz die erwarteten Leistungen zu erbringen.

«Wir sollten uns alle gegenseitig akzeptieren.»

Leistungen auf dem Platz stehen im Vordergrund

Darum geht es im Fussball letztendlich auch. Imane wünscht sich, dass die Zuschauenden sie nicht auf ihr Kopftuch reduzieren, sondern sie für das sehen, was sie in erster Linie ist: eine Fussballerin. Entsprechend möchte sie auch danach beurteilt werden.

Mit ihrer Mannschaft musste Imane kürzlich zwei Dämpfer einstecken. Nach dem Out im Europa Cup folgte in der Liga gegen Leader Servette ein 2:3. Doch Imanes Torvorlage – wo sie erst eine Gegenspielerin abschüttelte, mit einem Übersteiger an der nächsten vorbeizog und dann eine weitere stehen liess, ehe sie ihre Mitspielerin bediente – blieb nicht unbemerkt. Nach ihrem Debüt im Sommer wurde Imane nun erneut für die marokkanische Nationalmannschaft nominiert. (riz/aargauerzeitung.ch)

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Die beliebtesten Kommentare
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Blitz oder Herz, es ist kein Scherz!
01.11.2025 12:38registriert Oktober 2025
Nein. Ein Kopftuch ist nicht einfach ein privates Stück Stoff. Wer das in einer halbwegs liberalen Gesellschaft trägt, kam entweder mit 50 Jahren aus Anatolien oder will eine Botschaft transportieren. Religiös ist es nicht zwingend. Und nein, es steht nicht für Freiheit. Moderne Muslima gehen auf Distanz dazu. Oh, ich sehe gerade, im Iran, in Katar, im Gaza-Streifen, bei den Huthis ist es unter den Machthabern sehr beliebt.
Da kann der Artikel noch so auf Schönwetter-Stimmung machen, das Kopftuch ist kein Signal, das mich optimistisch stimmt. Nicht Frankreich liegt falsch, es ist die Schweiz.
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Philipp L
01.11.2025 12:02registriert Juli 2018
Das Tragen eines Kopftuches ist kein Tabu das gebrochen werden sollte, da dies leider nach wie vor ein Unterdrückungssymbol ist. Das man das Tragen hier als etwas positives darstellt, während in anderen Länder Frauen für das nichttragen ermordet werden, kann ich nicht verstehen.
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Grillo
01.11.2025 11:44registriert Oktober 2020
Ihr sei es gegönnt, aber ich werde nie verstehen dass sich Frauen freiwillig einer Religion unterwerfen und gleichzeitig von allen Annehmlichkeiten einer modernen Gesellschaft profitieren.
Kein Mensch ist mit Kleidern zur Welt gekommen und schon gar nicht mit Kopftuch.
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