Nach elf Jahren ist die AC Mailand wieder italienischer Meister. Die «Rossoneri» gewannen das abschliessende Saisonspiel bei Sassuolo souverän mit 3:0. Damit blieb man in der Tabelle zwei Punkte vor Stadtrivale Inter und beendete die lange Durststrecke ohne Titel.
Die Mailänder trumpften dabei vor allem dank einer starken Einheit auf. Dennoch gibt es einige, deren Anteil am Titel besonders bemerkenswert ist – vor allem die folgenden sieben.
Als im letzten Jahr bekannt wurde, dass Gianluigi Donnarumma den Verein ablösefrei verlassen wird, herrschte bei den Milan-Fans Katerstimmung – trotz Nebengeräuschen beim Abgang. Mit dem Keeper verliess nicht nur ein langjähriger Publikumsliebling den Verein, sondern auch einer der wenigen Spieler, die in den letzten Jahren konstant gut gewesen waren.
Heute vermisst bei Milan niemand mehr Donnarumma – weil sein Nachfolger mindestens so stark auftritt wie der Italiener. Mike Maignan wechselte im Sommer für nur gut 14 Millionen Euro von Lille in die italienische Metropole und spielte eine überragende Saison.
So sorgte er gleich für zwei Goalie-Bestwerte – mit 17 Spielen ohne Gegentore hatte er die meisten Clean Sheets, mit 81,2 Prozent die beste Paraden-Quote. Advanced Stats zeigen zudem, dass er überdurchschnittlich viele Tore verhindert hat. Mit 26 Jahren ist der Franzose zudem noch jung – Mike Maignan ist zweifellos einer der besten Milan-Transfers der letzten Jahre.
Anfang Dezember musste Milan eine Hiobsbotschaft hinnehmen: Abwehrchef Simon Kjaer riss sich in Genua das Kreuzband – somit war seine Saison zu Ende. Damit öffnete sich in der Innenverteidigung eine wichtige Lücke. Auf dieser Position schien Milan etwas unterbesetzt: Neben Fikayo Tomori hatte man nur noch den zuletzt unzuverlässigen Alessio Romagnoli sowie den unerfahrenen Matteo Gabbia als gelernte Innenverteidiger im Team.
So entschied sich Trainer Stefano Pioli für eine überraschende Lösung: Er funktionierte den 21-jährigen Pierre Kalulu, eigentlich der Ersatz-Rechtsverteidiger, als Innenverteidiger um. Dieser Schachzug erwies sich als völlig richtig. Obwohl der Franzose mit 1,79 Metern Körpergrösse keine typische Innenverteidiger-Postur hat, brauchte er kaum Anlaufzeit und bildete gemeinsam mit Tomori eines der besten Duos der Liga. In den 15 Spielen, in welchen Kalulu auf dieser Position in der Startformation stand, kassierte Milan nur sechs Gegentore, in den letzten zehn gerade mal noch zwei.
Der Franzose gilt seit geraumer Zeit als einer der besten Aussenverteidiger der Liga. Und diesem Ruf wurde er auch in der Meistersaison einmal mehr gerecht. Der 24-Jährige ist nicht nur defensiv zuverlässig, sondern auch offensiv eine Wucht. In 32 Ligaspielen steuerte er fünf Tore und sechs Assists bei, damit knackte er zum dritten Mal in Folge die Marke von zehn Torbeteiligungen.
Sinnbildlich für Hernandez' Saison war sein Tor gegen Atalanta am zweitletzten Spieltag. Der 24-jährige holte sich den Ball am eigenen Strafraum, sprintete damit übers ganze Feld, liess mehrere Gegner stehen und traf so zum entscheidenden 2:0.
Theo Hernandez, Atalanta'ya karşı attığı inanılmaz solo golde topla birlikte 71.6 metre koştu. 🔥🤯pic.twitter.com/mb4epkcXbh
— Calcio Türkiye 🇮🇹🇹🇷 (@calcio_turkey) May 18, 2022
Inter, Juventus, Barcelona – alle wollten sie im Sommer 2020 den 20-jährigen Brescia-Mittelfeldspieler Sandro Tonali. Trotz seines jungen Alters hatte er damals schon eine ganze Saison in der Serie A gespielt und erste Partien für die Nationalmannschaft bestritten. Den «neuen Pirlo» nannten ihn viele – wegen seines Talents, seiner Frisur und seiner Vergangenheit in Brescia.
Doch statt zu einem Topklub zu wechseln, entschied sich Tonali für das damals kriselnde Milan. Aus einem Grund, den es heute nicht mehr oft gibt – pure Liebe für den Verein. «Als Milan angerufen hat, verstand Sandro die Welt nicht mehr», so Brescia-Präsident Massimo Cellino damals.
"A child's dream comes true"
— AC Milan Info (@ACMilanInfo3) August 30, 2020
Welcome to AC Milan Sandro 🔴⚫#acmilan #milan #Tonali #SerieA pic.twitter.com/VuoU0OpDuw
In seiner ersten Saison blieb Tonali unter den Erwartungen. Doch in diesem Jahr blühte der 22-Jährige auf. Mittlerweile ist klar, dass Tonali kein zweiter Pirlo ist. Die Technik und Übersicht des Altmeisters hat er nicht, dafür ist aus ihm ein kompletter Mittelfeldspieler geworden, der sowohl offensiv als auch defensiv zu überzeugen weiss. Fünf Tore gelangen ihm, nicht extrem viele, dafür extrem wichtige – vor allem dasjenige am fünftletzten Spieltag bei Lazio Rom, als er in der Nachspielzeit zum Sieg traf.
Der Portugiese wechselte 2019 als 19-Jähriger für fast 30 Millionen und mit riesigen Erwartungen von Lille nach Mailand. Der Stürmer galt damals als Riesentalent, viele Fans hofften, dass er sofort eine dominante Rolle einnehmen würde. Dies gelang zu Beginn nicht ganz: Leao zeigte in seinen ersten beiden Jahren jeweils gute Ansätze, war jedoch noch äusserst inkonstant. Zudem lief ihm der Ruf eines Chancentods nach.
In dieser Saison gelang dem Portugiesen aber der endgültige Durchbruch. Leao erzielte elf Treffer und bereitete weitere zehn vor. Damit war er sowohl bester Torschütze als auch bester Vorlagengeber des Meisters. Wie reif er geworden ist, zeigt auch seine Bilanz aus den letzten sechs Spielen, in welchen sich Milan keinen Ausrutscher mehr erlauben durfte – in diesen gelangen Leao drei Tore und sechs Vorlagen. Viele erwarten, dass der 22-Jährige für diese Leistungen zum besten Spieler der Saison gekürt wird.
Klar, der Schwede ist mit 40 Jahren nicht mehr der Spieler, der er einst war. In der Rückrunde spielte er kaum mehr, vor allem, weil ihn Verletzungen immer wieder zurück banden. Und doch ist er einer der Grundpfeiler der Milan-Auferstehung. Denn dieser begann in dem Moment, als der Schwede zu den «Rossoneri» zurückkehrte.
Als Ibrahimovic im Januar 2020 bei Milan unterschrieb, waren die Mailänder an einem Tiefpunkt. In der Liga belegten sie Rang 12, die Differenz zu den Spitzenteams war eklatant. Trotzdem sagte Ibrahimovic damals, er wolle Milan wieder nach oben bringen. Dies glückte tatsächlich – zuerst mit der Rückkehr auf die Champions-League-Bühne, nun mit dem Titel.
Dazu kommt bei Ibrahimovic, dass er auch seine Reservistenrolle akzeptierte. Er äusserte nie Kritik, sondern nahm stattdessen in der Garderobe eine wichtige Rolle ein. Er hat uns das gegeben, was wir brauchten, um die drei Punkte zu holen, sagte etwa Tonali zu Ibrahimovics Rede vor dem Spiel gegen Hellas Verona. Und ganz unwesentlich war Ibrahimovics Anteil am Titel auch auf dem Platz nicht. In 23 Spielen erzielte der Schwede acht Tore – kein so schlechter Wert für einen 40-Jährigen.
Pioli war schon vor dem Titel ein bekannter Trainer in Italien – aber vor allem, weil er schon relativ lange in der Serie A dabei ist. Der 56-Jährige galt als Wandervogel und trainierte in seinen 19 Jahren im Trainerbusiness 13 verschiedene Teams. Titel? Vor seinem Wechsel zu Milan Fehlanzeige, obwohl er mit Inter und Lazio zwei Teams trainierte, welche zuletzt Trophäen holen konnten.
Pioli wurde mit seiner ruhigen Art deshalb immer etwas belächelt. «Padre Pioli» wurde er von vielen Fans genannt – in Anlehnung an den heiligen Kapuziner Padre Pio, dem er je länger desto mehr gleicht.
Bei Milan fand der 56-Jährige nun aber die Stelle, die auf ihn zugeschnitten schien. Die Vereinsführung um Legende Paolo Maldini gilt als äusserst geduldig und gab Pioli Zeit, ein Projekt mit vielen jungen Spielern weiterzuentwickeln. Dass es in dieser Saison zum Titel reicht, hätte kaum jemand erwartet, zumal Milan nur das viertteuerste Team der Liga stellt.
Doch Pioli schaffte es, aus den «Rossoneri» das Team mit dem besten Spirit zu formen. Und so ist «Padre Pioli» zumindest bei den Milan-Fans wirklich zu einem Heiligen geworden.
In einer Welt in der das Geld das Fussballgeschäft beherrscht, ist diese Leistung von Milan einfach nur Fussballromantik pur.
Besonders gönne ich es Zlatan. Auch dank seiner Aussage, dass er 27 Kinder habe, 2 in Schweden und 25 in Milan :D