Die Schweiz ist der WM nah – doch Trump nimmt vielen Fans die Freude
Eine Weltmeisterschaft ist im Fussball eigentlich das höchste der Gefühle. Die besten Nationen der ganzen Welt treffen aufeinander, duellieren sich friedlich und suchen die beste Mannschaft. Normalerweise ist die Vorfreude auf dieses Turnier immens. Doch bei einem Blick auf die WM im kommenden Jahr ist davon aktuell wenig zu spüren. Andere Themen dominieren die Schlagzeilen und Diskussionen.
Wer darf überhaupt dabei sein?
Da wäre zum einen das Thema Einreise. Der Iran hat bereits seit mehr als einem halben Jahr sein WM-Ticket sicher. Doch noch immer ist unklar, ob und wie die Mannschaft einreisen darf. Denn seit Anfang Juni ist die Einreise für Menschen aus dem Iran in die USA verboten. Ob und wann diese Regel aufgelockert werden könnte, bleibt offen.
Diese Nationen sind für die WM 2026 qualifiziert
Für die WM-Auslosung Anfang Dezember dürfen die Vertreter des iranischen Fussballverbands nach jetzigem Stand nicht einreisen. Laut Amir-Mehdi Alawi, dem Sprecher des iranischen Fussballverbands (FFI), wurden Verbandspräsident Mehdi Tadsch, Cheftrainer Amir Ghalenoei und sieben weiteren Funktionäre der Aufenthalt untersagt. Die FIFA soll vermitteln.
Die Frage bleibt, ob die iranischen Fans überhaupt eine Chance haben, ihr Team bei der WM live zu sehen, wenn selbst die Delegation Probleme mit dem Visum hat. Fans aus Portugal haben diese Erfahrung bereits bei der Klub-WM gemacht.
Zwei Anhänger von Benfica berichteten beispielsweise vor dem Turnierauftakt dem Medium «Jornal de Noticias», dass ihnen die Einreise in die USA ohne Angabe von Gründen untersagt wurde.
Für ein Vorbereitungscamp der Basketball-Nationalmannschaft der Frauen des Senegals im Juni erhielten nur vier von 17 Spielerinnen ein Visum. Der Verband sagte das Trainingslager wieder ab. Fälle wie diese machen Fussballfans, die ihre Mannschaft bei der WM live verfolgen wollen, nicht gerade Mut.
Wer kann sich das leisten?
Günstig ist eine WM aus Sicht der Fans eigentlich nie. Anreise, Übernachtung, Ticket, Verpflegung, Abreise. Mindestens mehrere hundert Franken müssen Anhänger aus anderen Ländern zahlen, um ihre Mannschaft zu begleiten. Bei der WM 2026 aber wären mehrere hundert Franken ein Schnäppchen.
In der vergangenen Woche startete die FIFA mit dem Verkauf erster Tickets, mehr als 4,5 Millionen Fans sollen an der Auslosung teilgenommen haben. Offiziell kommuniziert hat die FIFA die Kosten für die Karten nicht, doch im Internet verbreiteten sich schnell die Preise, die auf dem Portal aufgerufen wurden – und die hatten es in sich.
Das günstigste Ticket für das Eröffnungsspiel in Mexiko kostet umgerechnet rund 450 Franken. Zum Vergleich: In Katar 2022 waren es noch 44 Franken, in Russland 2018 40 Franken. Selbst bei Beachtung der Inflation ist dieser Anstieg immens. Wer in den USA zum WM-Final will, muss mindestens 1600 Franken zahlen, in Katar forderte die FIFA im niedrigsten Preissegment noch 165 Franken, in Russland sogar nur 88 Franken.
Dazu kommt, dass bei einem Weiterverkauf von Tickets laut der «New York Times» sowohl der Verkäufer als auch der Käufer einer Karte jeweils 15 Prozent an die FIFA abgeben müssen. Wer also seine Karte für 1000 Franken verkauft, erhält 850 Franken, weil 150 Franken an die FIFA gehen. Der Käufer dieser Karte muss aber 1'150 Franken zahlen, weil auch hier die FIFA 150 Franken erhält.
Wer hält das aus?
Schon bei der Klub-WM in den USA im vergangenen Sommer hatten die hohen Temperaturen an den Spielorten einen erheblichen Einfluss auf das Spiel. Teilweise waren gefühlte 40 Grad Celsius auf dem Rasen.
Chelseas Enzo Fernandez sprach von einer «unglaublichen Hitze», die «sehr gefährlich» für die Spieler sei. Sein Trainer Enzo Maresca kürzte eine Trainingseinheit, weil es sonst zu riskant für die Gesundheit der Mannschaft gewesen wäre. Die Ersatzspieler von Borussia Dortmund und Bayern München verfolgten die Spiele ihrer Mannschaft teilweise auf den Bildschirmen in der Kabine statt auf der Bank an der Seitenlinie. Bei der WM drohen in einzelnen Stadien laut einem Forschungsteam vom Leibniz-Institut der TU Dortmund sogar gefühlte 49,5 Grad.
Sowohl mehrere Trainer, darunter Englands Thomas Tuchel, als auch die Spielergewerkschaft Fifpro, hatten sich dafür ausgesprochen, die Spiele vor allem vormittags und abends stattfinden zu lassen, um der Hitze am frühen Nachmittag aus dem Weg zu gehen. Auch mit Blick auf die Gesundheit der Fans – einige der WM-Stadien sind kaum überdacht – scheint eine Anpassung der Spielzeiten denkbar.
Die FIFA steht unter Handlungsdruck. Laut Vizepräsident Victor Montagliani habe der Weltverband aus der Klub-WM seine «Lehren gezogen». Die FIFA werde ihr «Bestes tun», um das Spielerwohl zu berücksichtigen.
Eine Entscheidung soll Anfang Dezember nach der Auslosung der WM-Gruppen (5. Dezember, 18 Uhr) getroffen werden.
Ist das fair?
Auch in Asien ist die Vorfreude in manch einem Land momentan noch etwas getrübt. Denn in der WM-Qualifikation fühlen sich einzelne Nationen benachteiligt. Worum geht es? Sechs WM-Teilnehmer aus Asien stehen bereits fest, zwei fehlen noch. Sechs Teams wurden in zwei Dreiergruppen gelost.
In der einen Gruppe spielen Katar, der Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate gegeneinander. In der anderen Gruppe der Irak, Indonesien und Saudi-Arabien. Jedes Duell gibt es nur einmal, kein Hin- und Rückspiel. Mehrere Länder bewarben sich um die Austragung. Der asiatische Fussballverband (AFC) gab Katar und Saudi-Arabien, WM-Gastgeber von 2022 und 2034, den Zuschlag, die Spiele ihrer Gruppe austragen zu dürfen. Das führte zu Unmut bei der Konkurrenz. Der Oman beispielsweise forderte mehr «Transparenz und Fairness», der Irak sorgte sich um die «Wettbewerbsbalance».
Noch mehr Ärger kam nach der Veröffentlichung der Spielpläne auf. Denn Katar und Saudi-Arabien haben nicht nur das Heimrecht, sondern auch die längste Pause zwischen ihren beiden Spielen. Beide Golfstaaten hatten am vergangenen Mittwoch ihr erstes Spiel und am kommenden Dienstag ihr zweites. Die anderen Teams mussten Mittwoch und Samstag oder Samstag und Dienstag ran. Omans Nationaltrainer Carlos Quieroz kritisierte im englischen «Guardian»: «Es ist seltsam, dass die Verantwortlichen sich damit nicht unwohl fühlen.»
Wo findet die WM denn jetzt statt?
Neben dem Ärger um die Einreise, die Ticketpreise, der Hitze und manch umstrittener Prozesse in der Qualifikation kommt dann noch der Faktor Donald Trump hinzu. Der US-Präsident erklärte in einer Medienrunde im Oval Office Ende September, dass es bei den Spielorten noch Veränderungen geben könnte.
Er gehe zwar davon aus, dass die Weltmeisterschaft unter sicheren Bedingungen stattfinden könne, erklärte Trump. Im Hinblick auf die Austragungsorte fügte er jedoch hinzu, «aber wenn ich der Meinung bin, dass es nicht sicher ist, werden wir die Spiele in eine andere Stadt verlegen.»
Beobachter interpretierten die Aussagen Trumps vor allem als Drohung für die Spielorte, die als Hochburgen der Demokraten gelten. Städte wie Los Angeles, San Francisco und Seattle. In Los Angeles soll etwa ein Viertelfinal stattfinden, in Seattle ein Achtelfinal. Trump hat von den Demokraten regierte Städte mehrfach scharf kritisiert und in den vergangenen Monaten die Nationalgarde nach Washington, Los Angeles und Memphis entsandt.
Zudem ist allen klar, dass Trump die WM auch für Selbstzwecke nutzen will. Schon die Klub-WM nutzte er für maximale Aufmerksamkeit. Bei der Pokalübergabe blieb er auf dem Podest, statt zur Seite zu gehen. Bei der Weltmeisterschaft wird mit ähnlichen Aktionen zu rechnen sein.
Die Vorzeichen für das grösste Fussballturnier der Welt könnten kaum komplizierter sein. Ob die sportliche Begeisterung am Ende trotzdem überwiegt, wird sich zeigen.
Verwendete Quellen:
- t-online.de: "Fussball: US-Präsident Trump verbietet WM-Teilnehmer Iran die Einreise"
- jn.pt: "Adeptos do Benfica proibidos de entrar nos Estados Unidos"
- t-online.de: "Basketball: USA lehnten Visum für 13 Spielerinnen ab"
- nytimes.com: "World Cup ticket prices for USMNT games soar amid unprecedented demand"
- bbc.com: "Who pays what at the World Cup?"
- bbc.com: "World Cup ticket prices: How much do they cost and how to buy them"
- nytimes.com: "World Cup ticket resale market sees prices skyrocket, raising questions for FIFA"
- theguardian.com: "Chelsea’s Maresca calls for ‘common sense’ over Club World Cup in US heatwave"
- bbc.com: "Chelsea boss Maresca calls for 'common sense' over World Cup schedule"
- sportschau.de: "Düstere Aussichten für die WM 2026: Klub-WM als Warnung?"