Deutschlands «Mega-Blamage»: «So brauchen wir zur EM gar nicht erst anzutreten»
Zwei kleine Schritte vorwärts, ein grosser zurück: Nach der 0:6-Pleite im Herbst gegen Spanien wähnte sich die deutsche Fussball-Nationalmannschaft mit Siegen in der WM-Qualifikation gegen Island (3:0) und Rumänien (1:0) auf dem Weg der Besserung. Doch im dritten Spiel gegen Nordmazedonien kassierte die DFB-Elf nun eine peinliche 1:2-Pleite. Es ist eine Niederlage zur Unzeit – bis zur nächsten Chance auf Wiedergutmachung geht es zwei Monate. Erst dann steht der nächste Länderspiel-Termin an.
Die Niederlage gegen die Weltnummer 65 war verdient. Der vierfache Weltmeister liess so ziemlich alles vermissen: Kein Kampfgeist, keine Zielstrebigkeit, keine Kreativität. Zwar hatten die Deutschen über die gesamte Partie gesehen fast 70 Prozent Ballbesitz, doch wussten sie damit wenig anzufangen. Nur zwei Torschüsse brachte die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw in 90 Minuten zustande. 645 erfolgreiche Pässe standen am Ende zu Buche, doch Gefahr brachte fast keiner. Die defensiv sehr disziplinierten «Roten Löwen» machten die Räume geschickt zu und postierten sich immer wieder geschickt hinter dem Ball.
Auf das 1:0 der Nordmazedonier durch Routinier Goran Pandev fanden die Deutschen dank eines Elfmeters noch eine Antwort. Ilkay Gündogan glich aus und wenig später hatte Timo Werner die Chance auf den Führungstreffer. Doch der Chelsea-Stürmer vergab und so schoss Eljif Elmas die Nordmazedonier in der 85. Minute zum Sieg.
Die deutschen Nationalspieler gaben sich nach der erst dritten Niederlage einer DFB-Elf in einer WM-Qualifikation selbstkritisch. Bundestrainer Jogi Löw suchte keine Ausflüchte, wirkte nach seinem 33. und letzten WM-Quali-Spiel geschockt und ziemlich ratlos.
Die Stimmen der Direktbeteiligten:
Bundestrainer Jogi Löw:
Ein Plan war schon vorhanden. Das Spiel herumzureissen hat heute nicht funktioniert. Wir sind viel mit dem Ball gelaufen. Wir hatten im Vorwärtsgang viele Abspielfehler und haben keine Mittel gefunden gegen die tiefstehenden Mazedonier. Wir sind dann in einige Konter gelaufen und haben bei der Zuordnung im Sechzehner keinen Zugriff gehabt. Bei den Gegentoren waren wir zumindest in Gleichzahl.»
Captain Ilkay Gündogan:
Flügelstürmer Serge Gnabry:
Das sagt der TV-Experte:
Zunächst einmal baff war nach dem Schlusspfiff Uli Hoeness, der seit diesem Jahr bei RTL als TV-Experte tätig ist. «Ich bin ziemlich sprachlos», musste der Bayern-Ehrenpräsident eingestehen. «Es ist ganz schwierig zu erklären. Ich habe wirklich gedacht, dass die Mannschaft den Schwung aus den ersten beiden Spielen mitnimmt.» In den ersten 20 Minuten sei noch alles okay gewesen. Aber «wenn man schon vorne nichts reinkriegt, dann muss man versuchen, hinten keine Tore zu kriegen. In der Mitte war die Abwehr heute teilweise sehr offen, beide Tore sind durchs Zentrum gefallen. Da stimmte was nicht.»
Hoeness machte Bundestrainer Löw dafür verantwortlich: «Ich verstehe es überhaupt nicht, dass man ein erfolgreiches System ändert – ohne Not. Ich hätte gerade in der Abwehr, die eingespielt sein muss, nichts durcheinandergewirbelt.» Er lobte allerdings auch die Nordmazedonier: «Die hatten so viele Spieler, die um ihr Leben gerannt sind. Denen hatte unsere Mannschaft körperlich nichts entgegenzusetzen.»
Hoeness machte sich ausserdem für ein Nationalmannschaftscomeback von Mats Hummels und Thomas Müller stark. Jérôme Boateng würde er aber zur EM «nicht mitnehmen». Mit einem möglichen Rückkehrer Hummels, Niklas Süle und Antonio Rüdiger, «der mir ganz gut gefällt, haben wir ja genug gute Abwehrspieler», so der TV-Experte.
Zu einer regelrechten Lobeshymne setzte Hoeness in Bezug auf Müller an: «Der gehört da unbedingt rein, der ist immer für Tore gut und kann jeder Mannschaft der Welt in bestimmten Situationen helfen.» Nach der Niederlage gegen Nordmazedonien scheinen die Deutschen das bitter nötig zu haben.
Das schreibt die Presse:
Bild:
Der Spiegel:
Kicker:
«Es gab kein Passspiel, keinen Spielfluss, keine Kombinationen, keine Dribblings, kein Tempo, kein Pressing. Es fand sich kein deutscher Nationalspieler, der die Führung übernommen hätte, nicht Gündogan, nicht Kimmich, nicht Goretzka, noch sonstwer. Der ausgerufene Aufbruch erlebte nun schon wieder einen Abbruch, zumindest vorerst.»


