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Frankreich-Stürmer Olivier Giroud entwickelt sich an der EM vom Buhman zum Torschützen

Olivier Giroud lacht nach seinem Doppelpack im EM-Viertelfinal. 
Olivier Giroud lacht nach seinem Doppelpack im EM-Viertelfinal. 
Bild: Petr David Josek/AP/KEYSTONE

Vom Buhmann zum Torschützenkönig? Frankreich-Stürmer Olivier Giroud spaltet das Gastgeberland

Frankreichs Stürmer Olivier Giroud erlebt turbulente Wochen. Vor der EM war er der Sündenbock, gestern bejubelten die Fans im Stadion seine Tore im EM-Viertelfinal – der Weg zur Versöhnung.
04.07.2016, 09:2004.07.2016, 10:01
Janick Wetterwald
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Als Stürmer hat man es nicht immer einfach: Lassen die Tore auf sich warten, hagelt es Kritik und jeder noch so schlaue Fussballexperte fordert die Degradierung auf die Bank – im Fall von Olivier Giroud wurde gar eine Verletzung vor der EM im eigenen Land gewünscht. Dies obwohl er bei den «Bleus» munter Tore schoss. 

An der WM in Brasilien waren Giroud und Benzema noch zusammen für Frankreich im Einsatz.
An der WM in Brasilien waren Giroud und Benzema noch zusammen für Frankreich im Einsatz.
Bild: David Vincent/AP/KEYSTONE

Die absurde Geschichte rund um den 29-jährigen Angreifer von Arsenal beginnt mit der Ausbootung von Karim Benzema aus der französischen Equipe. Didier Deschamps kennt nach der ominösen Sextape-Affäre (bisher gilt die Unschuldsvermutung) um den Real-Stürmer kein Pardon: Die EM findet ohne Benzema statt. 

Giroud wird zum Sündenbock

Soweit, so gut. Doch was hat das ganze Theater mit Olivier Giroud zu tun? Die Franzosen sehen ihn als Profiteur vom Rausschmiss Benzemas und finden das gar nicht lustig. Irgendwie ist Giroud vielen ein Dorn im Auge weil er anderen Spielern vor der Sonne steht. Es geht soweit, dass der Stürmer vor der EM im Testspiel gegen Kamerun von den französischen Fans ausgepfiffen wird. Die Antwort von Giroud: Er schiesst ein Tor und jubelt verhalten. Von den Rängen gibt es Applaus – komisch.

Giroud trifft gegen Kamerun

Da jubeln die französischen Fans dann aber trotzdem ...
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Später wird im Studio eine Szene gezeigt, in der das Publikum den grossgewachsenen Mittelstürmer nach einer vergebenen Chance mit Pfiffen eindeckt.

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Zugegeben, den hätte man auch machen können, aber die Reaktion ist unangebracht. Zumal Olivier Giroud im Trikot der «Équipe Tricolore» schon öfters bewiesen hat, dass er ein hervorragender Stürmer ist – seine Bilanz auf dem Weg zur Heim-EM kann sich sehen lassen.

«Ob ich Benzemas Abwesenheit bezahle? Ich denke schon, da muss man sich nichts vormachen.»
Olivier Giroud im Interview mit der französischen Sportzeitung «Equipe»

Vor dem Kamerun-Spiel schoss er vier Tore in fünf Spielen. Gehörte Giroud der Startformation an, traf er immer. Und als wäre das noch nicht genug, legte er eine Woche später gegen Schottland gleich noch zwei Treffer nach.

Es gibt sicher viele Stürmer, die eine schlechtere Bilanz ausweisen.
Es gibt sicher viele Stürmer, die eine schlechtere Bilanz ausweisen.

90'000 gegen Giroud – doch der ballert weiter

Diese Bilanz scheint unmittelbar vor der EM eine grosse Menge Franzosen nur wenig zu interessieren. Immer noch ist Giroud der Buhmann und das Ausmass gipfelt in einer Facebookgruppe mit dem Namen: «Beten, damit sich Giroud vor der EURO verletzt». 

Olivier Giroud weht ein starker Wind entgegen, doch sein Trainer stärkt ihm den Rücken.
Olivier Giroud weht ein starker Wind entgegen, doch sein Trainer stärkt ihm den Rücken.
Bild: CHARLES PLATIAU/REUTERS

Laut Recherchen von SRF von vor einem Monat soll diese Seite 90'000 Likes haben. Aktuell ist die Gruppe auf dem sozialen Netzwerk nicht mehr zu finden. Trotzdem erstaunlich, welche Dimensionen eine solche Abneigung annehmen kann. 

«Ich weiss nicht, warum man mich auspfeift. Ich treffe aber trotzdem.»
Olivier Giroud zur französischen «Equipe»

Giroud selbst und auch Nationaltrainer Didier Deschamps lässt das alles kalt. Deschmaps stellt seinen Stürmer – ausser gegen die Schweiz im unbedeutenden dritten Gruppenspiel – an der Europameisterschaft immer in die Startformation. Der 29-Jährige dankt mit Toren: Gegen Rumänien im Eröffnungsspiel schoss er das erste Tor dieser EM.

Olivier Giroud trifft gegen Rumänien per Kopf.
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Vergoldet Giroud seine EM?

Gestern legte er im Viertelfinal gegen Island nach und traf für «Les Bleus» doppelt. In dieser Form ist der Arsenal-Söldner sogar ein Kandidat für den goldenen Schuh an dieser EM.

Bild

Zusammen mit seinem Teamkollegen Dimitri Payet und Wales-Star Gareth Bale jagt er mit Antoine Griezmann einen weiteren Mannschaftskameraden.

Wer holt sich an der EM 2016 den goldenen Schuh?

Mit diesen Toren ist Olivier Giroud auf gutem Weg, sich mit der Nation zu versöhnen und erhält vielleicht doch noch einen Platz in den Herzen der französischen Fans. Die letzten Kritiker werden aber wohl erst im tosenden Jubel über den Europameistertitel verstummen. Und von Benzema spricht eh längst schon niemand mehr.

Reiht sich Olivier Giroud auch hier ein? Alle EM-Torschützenkönige seit 1980

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Alle EM-Torschützenkönige seit 1980
2016 in Frankreich: Antoine Griezmann (Frankreich), 6 Tore.
quelle: x01095 / christian hartmann
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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Spi
04.07.2016 13:10registriert März 2015
"Mit Pfiffen eingedeckt nach einer vergebenen Chance" - man denke an den Lärm, wenn Seferovic Franzose wäre.
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Ratchet
04.07.2016 11:22registriert Mai 2015
Typisch Frankreich! Innerhalb Sekunden wechseln ihre Spieler vom Buhmann zum Nationalhelden und umgekehrt. Es spielt dabei keine Rolle, wie lange und wieviel man sich für die Mannschaft geopfert hat, läuft es mal schief, suchen sich die Franzosen irgendeinen Sündenbock aus und zerstören ihn mit Kritik und überdramatisierte Skandale. Darum schaffen sie es meistens trotz Topkader auch nicht die erwartete Leistung zu bringen. Die Spieler stehen unter zu viel Druck. Auffallend ist wie aufgrund dieser Undankbarkeit Ex Stars heute wenig mit Frankreich zu tun haben wollen (Zidane, Henry, Ribery).
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Luca Brasi
04.07.2016 10:32registriert November 2015
Ich habe mich in diesem Zusammenhang gefragt, ob es vielleicht "Fans" mit Ursprung aus der Maghreb-Region sind, die gegen Giroud ätzen? Die waren ja nicht so begeistert, dass Ben Arfa, Nasri und eben Benzema nicht nominiert wurden.
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