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Stettler, Kommentator der WM der Frauen, soll besser sein als Ruefer

Calvin Stettler, Sport-Kommentator SRF, Fussball-WM der Frauen Australien und Neuseeland, 2023
Calvin Stettler führte während der Fussball-WM der Frauen gemeinsam mit Rachel Rinast durch die Partien der Schweizerinnen – mit Erfolg. Bild: SRF

Der Wortspielkönig – Stettler macht beim SRF Ruefer Konkurrenz

Calvin Stettler hat als SRF-Kommentator des Nationalteams an der WM in Neuseeland überzeugt, erntet viel positive Kritik. Viele sehen in ihm den geeigneten Nachfolger von Sascha Ruefer.
09.08.2023, 16:1509.08.2023, 16:58
raphael gutzwiller, auckland
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Ein überraschtes Lachen, dann die Nachfrage: «Ob meine Mutter mit mir zufrieden ist? Ja, sie ist stolz. Ein typisches Mami eben.» In den 1980er-Jahren ist Marion Stettler, ledig Süess, Fussballnationalspielerin. Rund vierzig Jahre später ist ihr Sohn Calvin Stettler als Kommentator an der Weltmeisterschaft in Neuseeland die Stimme des Nationalteams. Noch vor dem Abflug nach Neuseeland hat Marion Stettler Bilder von damals rausgesucht und ihrem Sohn gezeigt. «Da habe ich gemerkt, dass es ihr schon viel bedeutet», sagt der TV-Kommentator. «Es ist sehr schön, dass sich damit der Kreis schliesst.»

Es ist der Tag vor dem WM-Achtelfinal der Schweizerinnen gegen Spanien. Der Optimismus ist noch gross, einen Tag später wird Stettlers Stimme an den TV-Geräten einordnen müssen, weshalb die Schweizerinnen gegen Spanien gleich mit 1:5 untergingen. Nun aber bestellt er in einem Restaurant am Hafen in Auckland einen Caesar Salad und Wasser mit Kohlensäure. Dann erzählt er von seinen Erfahrungen an seiner ersten Weltmeisterschaft als Kommentator.

Gespräche über Käsesorten und Gölä

Gemeinsam mit Co-Kommentatorin und Ex-Nationalspielerin Rachel Rinast hat der 28-jährige Badener durch die vier Partien der Schweizerinnen geführt. Dazu kamen Einsätze bei weiteren Begegnungen, wie dem Eröffnungsspiel zwischen Neuseeland und Norwegen, dem Favoritenduell USA gegen Holland oder dem engen Spiel zwischen Südafrika und Italien. Die positiven TV-Kritiken überschlagen sich. «Das neue Traum-Duo der Fussball-WM zaubert nicht auf dem Rasen, sondern am Mikrofon», titelt watson. Und der «Tages-Anzeiger» stellt fest: «Ernste Konkurrenz für Sascha Rufer.»

Manchmal, wenn Stettler und Rinast durch das Spiel führen, schweifen sie komplett ab. Dann sprechen sie über Käsesorten, über Gölä, über Wrestling. Die Gespräche gleichen den erfolgreichsten Comedy-Podcasts. Und doch behalten Stettler und Rinast das Spielgeschehen in den Augen. «Manchmal bin ich selber erstaunt darüber, wohin sich unsere Dialoge entwickeln», sagt Stettler. «Eigentlich kennen sich Rachel und ich ja gar noch nicht so lange. Doch wir haben schnell festgestellt, dass wir ein ähnliches Verständnis vom Fernsehmachen haben.» Für beide sei klar, dass es bei einer kompetenten Übertragung auch für humoristische Elemente Platz haben sollte.

Die journalistische Karriere von Calvin Stettler startet mit dem Schreiben eines Leserbriefs in der «Sportbild». Als der FC Bayern München nach der WM 2010 überlegt, Thomas Müller an Inter Mailand abzugeben, ärgert er sich. «Ich schrieb, dass es keine gute Idee ist, wenn man Müller einfach so verscherbelt. In der nächsten Ausgabe war mein Text der Leserbrief der Woche.» Später schreibt er für die «Aargauer Zeitung» unter anderem über den FC Wohlen. «Ich habe die Texte aus den Anfängen alle in einem Ordner gesammelt», erzählt er. Erst vor der WM habe er darin noch gestöbert. «Für mich ist es wichtig, zu wissen, woher ich komme.» Später wechselt er zum «Tages-Anzeiger», seit 2018 arbeitet er bei SRF.

Dort fällt er in seinen Beiträgen rasch mit Wortwitzen auf. Dann sagt er nach einer Parade des St.Galler Torhüters Lawrence Ati Zigi: «Zigi am Boden, das ist kein Littering.» Das Markenzeichen Stettlers gefällt vielen, einige aber kritisieren ihn für zu viele Wortspiele oder für Sprüche, die nicht ganz aufgehen. «Geschmacksache», sagt Stettler. «Das wichtigste Credo beim Kommentieren ist, dass man authentisch bleibt. Auch privat mache ich solche Wortwitze, auch dort sind einige Sprüche besser als andere und einige schlechter.» Tatsächlich sprüchelt Stettler auch dann gerne und viel, wenn die Mikrofone ausgeschaltet sind. Als er beim WM-Vorbereitungsspiel zwischen der Schweiz und Sambia in Biel die Akkreditierung abholt und die Person am Schalter nicht sofort seinen Namen auf der Liste entdeckt, sagt er in Anlehnung an die Kleidermarke Calvin Klein: «Calvin, so wie die Unterhose.»

Der designierte Sascha-Ruefer-Nachfolger?

Als Mann, der Spiele der Frauen kommentiert, muss Stettler auch aufpassen, dass er nicht in ein Fettnäpfchen tritt. «Ich habe mich darauf entsprechend vorbereitet und mich mit den Begrifflichkeiten auseinandergesetzt», sagt er. «Mein Anspruch ist es, möglichst korrekt und präzis zu sein.» So spricht Stettler statt von einer Mannschaft lieber von einem Team oder von einer Equipe. In dieser Thematik hilft es Stettler, dass er sich früh mit dem Fussball der Frauen auseinandergesetzt hat. «Als Kind gingen wir oft an Spiele, von Männern, aber auch von Frauen. Ich denke, das hilft mir heute, dass ich die richtigen Worte finden kann.»

Sascha Ruefer, Swiss sports moderator for the Swiss TV SRF, looks on prior to the 2018 Fifa World Cup Russia group B qualification soccer match between Switzerland and Hungary in the St. Jakob-Park st ...
Sascha Ruefer, eine der bekanntesten Stimmen von SRF Sport.Bild: KEYSTONE

Viele sehen in Calvin Stettler nach den positiven Kritiken den designierten Nachfolger von Sascha Ruefer als Kommentator des Männer-Nationalteams. Daran möchte er jedoch noch nicht denken. «Ich halte es gerne so, wie es jeweils auf den Ikea-Kissen steht: Ich lebe ganz im Moment.» Für den WM-Final am 20. August wird ihm Sascha Ruefer vorgezogen, der von Zürich aus kommentieren wird. Wie das Schweizer Nationalteam hat auch Stettler am Sonntag einen Flieger in Richtung Heimat bestiegen. «Für mich ist es absolut logisch, dass der Final von Sascha kommentiert wird», sagt Stettler. «Sascha ist einer unserer besten und erfahrensten Kommentatoren.» Ruefer bezeichnet er ausserdem als wichtige Bezugsperson, der er viel zu verdanken habe.

Calvin Stettler ist mit seinem ersten Einsatz in Neuseeland im Grossen und Ganzen zufrieden. Dennoch schätzt er konstruktives Feedback. «Ich habe auf jeden Fall noch Verbesserungspotenzial, weshalb ich Rückmeldungen sehr schätze.» Zu Beginn der WM hatte Stettler übrigens Pech, als ihm das kalte Wetter und der Jetlag zu schaffen machten und er mit Heiserkeit zu kämpfen hatte. Vor der Partie der Schweizerinnen gegen die Philippinen schwieg er deshalb den ganzen Tag, um am Abend am Sender wieder seine Stimme zu finden – und mit den Worten zu spielen.

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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senks
09.08.2023 16:54registriert Januar 2017
Für mich kann er den Job von Herr Ruefer sofort übernehmen
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Graf Geo
09.08.2023 17:42registriert Mai 2021
Nicht die Wortspiele, sondern die Fachkompetenz, der Respekt vor den Spielerinnen und der Verzicht auf billige und geschmacklose Polemik zeichnet Stettler aus. Endlich konnte ich Nati-Spiele wieder mit Ton schauen! Ich hoffe ich kann das bald auch wieder bei den Männer-Spielen - mit Stettler - machen.
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TRN
09.08.2023 16:44registriert Dezember 2021
Bin Team Stettler
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Nur kurz nach der Pause fallen Tore – Basel und Luzern trennen sich Unentschieden
Der FC Basel bleibt auch im vierten Spiel der Saison gegen den FC Luzern ungeschlagen. Im St. Jakob-Park resultiert in der 34. Runde der Super League ein leistungsgerechtes 1:1.

Sehenswert waren vor allem die ersten zehn Minuten nach dem Seitenwechsel. Mit der ersten Aktion nach der Pause belohnten sich die Gäste aus der Innerschweiz für einen bis dato guten Auftritt. Marwin Hitz im Basler Tor liess einen Schuss von Jakub Kadak zur Seite abprallen, wo der nachgerückte Leny Meyer zum 0:1 abstaubte. Für den 19-jährigen Aussenverteidiger – den Sohn von Sportchef Remo Meyer – war es im 13. Super-League-Spiel das erste Tor.

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