Der Europacup war für den FC Basel in den schwierigen letzten Jahren so etwas wie eine Wohlfühloase. War in der Super League ein zweiter Platz mit grossem Rückstand – meistens auf YB – das höchste der Gefühle, wuchsen die Basler international regelmässig über sich hinaus. Gerade in der letzten Saison überstrahlte der Einzug in den Halbfinal der Conference League eine sonst ziemlich enttäuschende Saison. Dies wird in diesem Jahr nicht der Fall sein.
Nach einer 1:3-Niederlage im Hinspiel und einem 2:1-Sieg in Kasachstan ist der FCB in der Qualifikation gegen Tobol Kostanay ausgeschieden. Eine Blamage für den Klub, der deutlich höhere Ansprüche hat und als klarer Favorit in das Duell ging. Die Schuldigen für das Scheitern sind schnell gefunden – und sie wissen es selbst.
So sagte Sportdirektor Heiko Vogel nach dem Ausscheiden: «Wir brauchen noch ein paar Neuzugänge und die wird es auch geben.» Doch müssen sich die Verantwortlichen den Vorwurf gefallen lassen, dass die notwendigen Verstärkungen zu spät kommen. Zwar ist es gerade bei den vielen Abgängen und dem frühen Saisonstart in der Schweiz verständlich, dass das Kader auch nach den ersten Spielen noch nicht definitiv ist. Doch aufgrund dieser Verspätung bei der Kaderplanung wurde das erste Saisonziel bereits verpasst, bevor die Saison überhaupt so richtig begonnen hat.
Trainer Timo Schultz ist bisher wenig vorzuwerfen. Die beiden Spiele, welche sein Team zu elft fertig spielen konnte, wurden gewonnen. Offensiv ist der FCB mit neun Toren in vier Spielen zudem mehr als ordentlich gestartet, und bei den acht Gegentoren war auch Pech dabei. Seien dies Penaltys, von denen jener in Kasachstan höchst umstritten war, individuelle Fehler oder teils vermeintlich unhaltbare Schüsse aus der Distanz.
Vielmehr liegt das Problem darin, dass Trainer Schultz bisher zu wenig Optionen hat, die dem Anspruch, in der Schweiz um Titel mitzuspielen, entsprechen. Den Abgängen von sechs Leistungsträgern der letzten Saison (Amdouni, Diouf, Pelmard, Males, Zeqiri und Adams) stehen bisher erst fünf echte Neuzugänge (Barry, Dubasin, Schmid, Sigua und van Breemen) entgegen. Davon ist Dominik Schmid der einzige gestandene Spieler, der sich auch schon in einer ersten Liga bewiesen hat. Vom Qualitätsverlust, der nicht zu verhindern war, ganz zu schweigen, fehlen in der Breite einfach Spieler. Das musste der FCB in Kasachstan schmerzlich feststellen.
Auf der Bank sass kein einziger Spieler, der nach seiner Einwechslung wirklich für neue Impulse sorgen konnte. So verwunderte es auch nicht, dass Trainer Timo Schultz bis zur 71. Minute wartete, um einen Wechsel zu tätigen. Dass Wouter Burger durch den 17-jährigen Adriano Onyegbule und Dan Ndoye durch den nominellen Innenverteidiger Nasser Djiga ersetzt werden musste, spricht Bände. Obwohl nicht in jedem Spiel fünf potenzielle Stammspieler fehlen werden, müssen Sportdirektor Vogel und Co. so schnell wie möglich tätig werden.
Mindestens auf drei Positionen müssen noch potenzielle Stammspieler geholt werden – ungeachtet der möglichen Abgänge von Riccardo Calafiori, Dan Ndoye und Wouter Burger.
In der Innenverteidigung braucht es neben dem bisher starken Arnau Comas einen erfahreneren Spieler als den 20-jährigen Finn van Breemen, der aus der 2. niederländischen Liga kam und zuweilen überfordert wirkte. Er liess sein Potenzial zwar bereits aufblitzen, doch kommt die Rolle als Stammspieler für den 1,93-m-Hünen noch zu früh.
Auch im offensiven Mittelfeld konnte noch kein Ersatz für Darian Males gefunden werden. Beim 22-jährigen U21-Nationalspieler verzichtete der Klub vom Rheinknie auf die Kaufoption und musste zusehen, wie sich Konkurrent YB den FCB-Topskorer der letzten Saison schnappte. Nicht zuletzt in der zweiten Halbzeit in Kasachstan hätten Males' Ideen und Pässe dem Offensivspiel der Basler gutgetan.
Ausserdem könnte auch die Offensivreihe Verstärkung gebrauchen. Auf dem rechten Flügel ist Ndoye, der sich angeblich mit Bologna einig ist, die einzige Option. Und auf der Position des Stürmers hängt viel davon ab, wie sich Thierno Barry von seinem Horrorstart mit zwei Platzverweisen in zwei Spielen erholen kann und ob Jean-Kévin Augustin seine Treffsicherheit aus den ersten vier Spielen in dieser Saison weiterführen kann.
Die Verantwortlichen haben also noch einiges an Arbeit vor sich, um Vogels Versprechen von weiteren Neuzugängen zu halten. Nur wird es ohne europäischen Fussball erst recht schwierig, neue Leistungsträger anzulocken – und die verbliebenen zu halten. Auch deshalb wird es Zeit brauchen, Amdouni und Co. ersetzen zu können.
Dabei darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass auch die Spieler, die in der letzten Saison eine riesige Euphorie entfachten, nicht von Beginn an überzeugten. So brauchte selbst der zu Burnley abgewanderte Superstürmer Amdouni seine Eingewöhnungszeit, bevor er in der Rückrunde zum Shootingstar avancierte. Diese Zeit sollte den Neuzugängen auch jetzt zugesprochen werden.
Dennoch steht der FCB unter Druck, möglichst schnell für zusätzliche Qualität und Breite im Kader zu sorgen. Bevor weitere Saisonziele in Gefahr geraten.