Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg beteuert zwar regelmässig, dass er den FC Luzern nicht an ausländische Investoren verkaufen werde. Ein solches Szenario wird in der Innerschweiz trotzdem befürchtet. Josef Bieri, der zweite Aktionär und im Besitz der restlichen 48 Prozent an der FCL Holding AG, stellt nach seinen Erfahrungen mit dem Swisspor-Patron aber bitter enttäuscht fest: «Das Wort von Alpstaeg ist nichts wert.»
Das dürfte bedeuten: Falls Bernhard Alpstaeg am Donnerstagabend an der Generalversammlung wie angekündigt die Macht an sich reisst und mit einer neuen Klubleitung und einem neuen Verwaltungsrat den FC Luzern in die Zukunft führt, dann ist nicht ausgeschlossen, sollte sein «FC Alpstaeg» scheitern, dass er den Klub in ausländische Hände verkauft.
Wie diese Zeitung exklusiv erfahren hat, fanden Anfang 2020 geheime Verhandlungen mit den damaligen Milan-Besitzern von Elliott, einer Investmentfirma aus den USA, statt. Zusammen mit den Amerikanern am Tisch sassen der schweizerisch-italienische Spielervermittler Giacomo Petralito, Bernhard Alpstaeg und Ralf Rangnick. Der heutige Nationalcoach von Österreich hätte bei der AC Milan Trainer und Sportdirektor in Personalunion werden sollen.
Die Elliott-Verantwortlichen hatten die Idee, ein ähnliches Konstrukt wie bei Red Bull mit dem deutschen Bundesliga-Spitzenklub RB Leipzig und dem österreichischen Serienmeister RB Salzburg sowie dem FC Liefering aus der 2. Liga zu schaffen. AC Milan als Hauptverein, der seine Rohdiamanten an den FC Luzern ausleiht, um für diese Spielpraxis zu bekommen. Die Mailänder hätten ihr professionelles Wissen und die Erfahrung den Innerschweizern weitergegeben, während umgekehrt der Weltverein aus der Lombardei vom Know-how aus Luzern im Nachwuchs profitiert hätte.
Elliott wollte als damalige Milan-Besitzerin Rangnick als führenden Kopf des Projekts einsetzen. Ralf Rangnick besitzt wesentlichen Anteil, dass Red Bull mit dem vielen Geld des kürzlich 78-jährig verstorbenen Dietrich Mateschitz erfolgreich und nachhaltig in den Fussball investierte.
Allerdings hatten die Amerikaner die Rechnung ohne die Klub-Ikonen und heissblütigen Tifosi des inzwischen 19-fachen italienischen Meisters und siebenmaligen Champions-League-Sieger gemacht. Wie die deutsche Zeitung «Die Welt» am 11. Mai 2020 berichtete, sagte Milan-Legende Paolo Maldini der Nachrichtenagentur Ansa: «Rangnick will die ganze Macht - sowohl im technischen als auch im sportlichen Bereich.» Damit grätschte der deutsche Rangnick in Bereiche, «wo Fachleute mit regulärem Vertrag arbeiten».
Einige Parallelen zur aktuellen Situation beim FC Luzern bestehen. Im Unterschied zu Alpstaeg ist Rangnick kein Mehrheitsaktionär, sondern ein sogenannter Fussball-Professor, der seine Ideen ohne Widerspruch umgesetzt haben will. Paolo Maldini, seines Zeichens fünffacher Gewinner der Champions League und während seiner gesamten Karriere Milan-Profi, stichelte in Richtung Rangnick: «Bevor er Italienisch lernt, sollte er das Konzept von Respekt überdenken.»
Ähnlich tönt's zurzeit in Luzern, wo sich die Verantwortlichen gegen Alpstaegs kompromisslosen Alleingang zur Wehr setzen. Was Milan und Luzern verbindet: sportlich sind beide nach einer Krise wieder aufgestanden. Maldini, Technischer Direktor, und Trainer Stefano Pioli feierten vergangene Saison zusammen gar die italienische Meisterschaft. Beim FCL arbeiten Sportchef Remo Meyer und Trainer Mario Frick erfolgreich zusammen: Sowohl in der aktuellen Tabelle wie in der Jahresrangliste belegt Luzern in der Super League Platz 3.
Im Juli 2020 war der Versuch definitiv gescheitert, Rangnick bei AC Milan zu installieren. Damals war beim FC Luzern noch Marco Sieber als Aktionär und Verwaltungsrat aktiv. Der Unternehmer bestätigt, dass es vorher konkrete Verhandlungen mit dem damaligen Milan-Besitzer Elliott gegeben hatte: «Ralf Rangnick war in Luzern bei einem Heimspiel. Er schaute sich neben dem Stadion und der Infrastruktur die Pilatus-Akademie an.»
Marco Sieber erzählt zudem von Gesprächen mit der AS Roma. «Sowohl bei Milan wie auch bei Roma wäre unsere sportliche Leitung autark geblieben. Es wäre in beiden Fällen nicht um einen Verkauf, sondern um eine Partnerschaft gegangen.» Eine andere involvierte Person, die namentlich nicht genannt werden will, ist allerdings sicher: «Elliott macht keine Partnerschaft, sondern nur einen Kauf. Petralito und Alpstaeg haben über den Verkauf des FCL an Milan verhandelt.»
Sieber, der mindestens teilweise eingeweiht war in die geheimen Pläne von Petralito und Alpstaeg mit Milan, hat Bedenken, dass Alpstaeg den FCL in absehbarer Zeit an ausländische Investoren verkaufen könnte. Das glaubt auch Bieri, der nach wie vor betont: «Ich bin nicht bereit, den FCL in ausländische Hände zu geben.»
Auch Alpstaeg: „Ich verkaufe an Redbull.“
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