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Gregor Kobel ist in der Schweizer Nati zweite Wahl – trotz Glanzleistung

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Gregor Kobel hat in der Nati erst fünf Einsätze auf dem Konto. Bild: www.imago-images.de

Der Schweizer «Oliver Kahn» spielt in der Nati die zweite Geige – trotz Glanzleistungen

In knapp sechs Wochen startet in Deutschland die Fussball-EM. Während die Schweizer Nati Offensivsorgen plagen, hat sie auf der Torhüterposition die Qual der Wahl – Leidtragender dieses Luxusproblems ist Gregor Kobel, der in seinem Verein nach wie vor überzeugt.
02.05.2024, 17:2502.05.2024, 18:03
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In der Schweizer Nationalmannschaft gibt es einige Baustellen. Da wäre zum Beispiel die Frage nach der Rolle, die Xherdan Shaqiri an der EM einnehmen soll. Oder die Tatsache, dass einige Spieler wie beispielsweise Fabian Schär bei Newcastle in ihrem jeweiligen Team eine wichtige Stütze sind, in der Nati aber nicht so recht ins Gefüge passen wollen. Und das wohl grösste Fragezeichen ist in der Offensive zu verorten – dort fehlt nämlich nach wie vor ein «Knipser».

Doch es gibt durchaus auch Aspekte, die im Hinblick auf die kommende EM zuversichtlich stimmen. Mit Yann Sommer, der jüngst mit Inter Mailand den Scudetto holte, und Gregor Kobel, der in der Champions League mit Borussia Dortmund gegen Paris Saint-Germain brillierte, kann Murat Yakin für die EM in Deutschland nämlich auf zwei Weltklassetorhüter zählen. Womit wir schon wieder bei einem Problem wären: Yakin hat die Qual der Wahl.

Switzerland's head coach Murat Yakin, right, speaks with Switzerland's goalkeeper Gregor Kobel, left, during a open training session of Swiss national soccer team in preparation for the FIFA ...
Kobel hat in der Nati mit Yann Sommer, Jonas Omlin und Yvon Mvogo viel Konkurrenz.Bild: KEYSTONE

Glaubt man einer Aussage des Nati-Trainers aus vergangenem Dezember, steht aber bereits fest, wer an der EM im Sommer das Schweizer Tor hüten soll: «Yann Sommer ist die Nummer 1 und wird das auch bleiben. Er wird bei der EM im Tor stehen», sagte Yakin damals.

Kobel liefert – und muss trotzdem hinten anstehen

Beim 1:0-Sieg von Borussia Dortmund im Champions-League-Hinspiel gegen Paris Saint-Germain bewahrte Gregor Kobel eine weisse Weste und war einmal mehr ein wichtiger Rückhalt für sein Team. In der Saison 2023/24 konnte der BVB im Gegensatz zur letzten Spielzeit bei der Vergabe des Titels zwar nicht mitreden, dank des Triumphs gegen PSG hat das Team von Edin Terzic der Bundesliga – und auch sich selbst – aber einen zusätzlichen Startplatz für die Champions League erspielt.

Zu Kobels Auftritt gegen die Pariser meinte Sky: «Hielt, was zu halten war, ein paar Wackler im Aufbauspiel, ansonsten souverän wie immer.» Dieses Verdikt zeigt, wie konstant Kobels Leistungen beim BVB, wo er seit 2021 unter Vertrag steht, sind – wenn er denn nicht verletzt passen muss. Und hier liegt wohl auch die grösste «Schwäche» des 1,95 m grossen Zürchers. Der 26-Jährige muss immer wieder – oftmals wegen muskulärer Beschwerden – pausieren. In dieser Saison musste der BVB in der Meisterschaft sechs Mal auf seinen Stammgoalie verzichten. Ein Umstand, der vom Klub laut den Ruhr Nachrichten als «alarmierend» eingestuft wird.

«Es ist doch auch etwas Wichtiges, eine Präsenz in der Nationalmannschaft zu zeigen.»
Murat Yakin
01.05.2024, Fussball, UCL, UEFA Champions League, , Saison 2023/2024, Semifinal, Borussia Dortmund - Paris St. Germain, Ousmane Dembele Paris St. Germain schie�t aufs Tor und Torwart Gregor Kobel Boru ...
Gregor Kobel bewahrte gegen Paris eine weisse Weste. Bild: www.imago-images.de

Und diese Verletzungsanfälligkeit dürfte laut Aussagen Yakins auch einer der Gründe sein, warum ihm in der Nati noch immer Yann Sommer vor der Sonne steht: «In dem Spiel, in dem ich Gregi habe spielen lassen wollen, ist er leider verletzt gewesen und es ist doch auch etwas Wichtiges, eine Präsenz in der Nationalmannschaft zu zeigen», meinte Yakin zur Goalie-Frage, als er anlässlich des Champions-League-Halbfinals zwischen Bayern München und Real Madrid im Blue-Studio sass.

Die Nummer eins vor Augen

Dass ein ambitionierter Spieler von Kobels Format den Anspruch hat, auch im Nationalteam eine tragende Rolle zu spielen, liegt auf der Hand. Und Kobel spricht dies auch immer wieder deutlich an. Besonders in der SRF-Dokuserie «The Pressure Game», in welcher der Filmemacher Simon Helbling die Nati rund um die WM 2022 in Katar mit der Kamera begleitet hat, machte Kobel deutlich, dass er «nicht zum Trainieren Profi geworden ist».

«Ich möchte auf dem Platz stehen, das kotzt mich an – und zwar brutal.»
Gregor Kobel

Als Yann Sommer vor einem Testspiel gegen England im März 2022 aufgrund einer Corona-Erkrankung passen musste, setzte Yakin auf Gladbachs Jonas Omlin, der damals noch bei Montpellier spielte – eine Entscheidung, die Kobel nur schwer akzeptieren konnte: «Ich spiele bei Dortmund, ich spiele Champions League, ich habe dort eine Leaderrolle, ich habe es verdient. Ich möchte auf dem Platz stehen, das kotzt mich an – und zwar brutal», sagte er damals in die Kamera.

Und auch gegenüber Blue Sport hat Kobel Ende April seine Ambitionen kundgetan: «Ich bin sehr ehrgeizig. Als Profisportler willst du immer auf dem Platz stehen und für dein Land spielen.»

Dass der BVB dieses Jahr – abgesehen von der Champions-League-Kampagne – unter den eigenen Erwartungen spielt, dürfte nicht an Kobel liegen. Der Torhüter, dessen Vater in den Neunzigerjahren in der Nationalliga A für den ZSC, Kloten, Lugano und Davos auf dem Eis stand, liess im März nämlich mit einer Statistik aufhorchen. Sein Expected-Goal-Wert, also die Anzahl Gegentore, die zu erwarten gewesen wäre, lag nämlich mehr als 12 über der tatsächlichen Anzahl Tore, die er erhalten hat – europäischer Spitzenwert.

«Als Aussenstehender, wie ich einer bin, würde ich Gregor Kobel ins Tor stellen. Einfach wegen der Ausstrahlung. Kobel ist einer wie Oliver Kahn.»
Lothar Matthäus

Nicht nur die Statistik, sondern auch Lothar Matthäus stellten Kobel ein gutes Zeugnis aus. Gegenüber Blue Sport sagte die deutsche Fussballlegende Mitte April: «Als Aussenstehender, wie ich einer bin, würde ich Gregor Kobel ins Tor stellen. Einfach wegen der Ausstrahlung. Kobel ist einer wie Oliver Kahn. Wenn du zum Beispiel alleine auf ihn zukommst, hast du Angst.»

Yann Sommer, der Publikumsliebling

Der einzige Grund, weshalb Kobel in der Nati (noch) keine tragende Rolle spielen darf, hat einen Namen: Yann Sommer. Der mittlerweile 35-jährige Goalie hat nach dem etwas unglücklichen Intermezzo bei den Bayern in Mailand nämlich wieder zu seiner alten Stärke gefunden. Mit Inter krönte der 1,83 m grosse Torhüter eine überragende Saison mit dem Meistertitel. Der Keeper blieb in 41 Ernstkämpfen mit den «Nerazzurri» 24 Mal ohne Gegentor – europäischer Spitzenwert. Sommer konnte im Gegensatz zu Kobel aber auch auf eine Scudetto-würdige Verteidigung zählen.

«Das ist ein Konkurrenzkampf, der gehört im Profisport auch dazu. Das ist normal. Entweder musst du deinen Platz verteidigen oder du willst einen Platz haben.»
Gregor Kobel

Obwohl Kobel seinen Konkurrenten privat sehr schätze, wie er gegenüber Blue meinte, kann er nicht abstreiten, dass er selbst gerne Sommers Platz einnehmen würde: «Das ist ein Konkurrenzkampf, der gehört im Profisport auch dazu. Das ist normal. Entweder musst du deinen Platz verteidigen oder du willst einen Platz haben.»

Dass sich Yakin trotz Kobels Leistungen immer wieder für Sommer entscheidet, kann auch Matthäus nachvollziehen, obwohl er im Penalty-Schiessen nach eigenen Aussagen lieber gegen Sommer als gegen Kobel antreten würde: «Als Trainer würde ich auch auf Yann Sommer setzen an der EM in Deutschland. Weil auch er bei Inter Mailand überragend spielt. Weil er sich nichts zuschulden kommen lässt.»

Die Schweiz schlägt Frankreich – weil Yann Sommer Kylian Mbappés Penalty hält. Video: YouTube/SRF Sport

Für Yann Sommer könnte jedes grosse Turnier das letzte sein. Dieser Umstand, seine Leistung bei Inter Mailand und die Tatsache, dass er sich durch Glanztaten wie dem gehaltenen Elfmeter von Kylian Mbappé an der EM 2020 in die Herzen des Publikums gespielt hat, führen dazu, dass sich Gregor Kobel an der EM wohl erneut mit der Rolle als Ersatztorhüter abfinden muss. Kommt keine schwere Verletzung dazwischen, dürfte es aber nur eine Frage der Zeit sein, bis Gregor Kobel auch in der Nati endlich die erste Geige spielen darf – und die Nati ihr Luxusproblem los ist.

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55 Kommentare
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Hunnam
02.05.2024 17:22registriert Januar 2016
Seien wir doch einfach glücklich darüber, dass wir das Schweizer Tor auch nach der Super-Sommer-Ära in guten Händen haben werden. Der Sommer soll die EM ein letztes Mal als Nummer 1 bestreiten und danach sollte der Übergang zur nächsten Generation langsam erfolgen.
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Miracoolix
02.05.2024 18:25registriert November 2019
Aber Sommer hat doch auch eine überragende Saison gespielt, ist seit Jahren die Nummer 1, es gibt keinen vernünftigen Grund, da etwas zu ändern, ausserdem ist Kobel einiges jünger, seine Zeit als Nr. 1 wird noch kommen.
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Ich-möchte-verstehen
02.05.2024 17:44registriert April 2022
Kobel ist ein super Torhüter, Pech für ihn, dass Sommer gerade noch besser ist. Er ist 8 Jahre jünger, mag es ihn gönnen, wenn seine Zeit in der Nati noch kommt.
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