Es sind immer die kleinsten Vereine, die die grössten Fussball-Geschichten schreiben. Meistertitel von Basel, Bayern München oder Manchester United sind nie so speziell wie die von Aarau, Kaiserslautern oder Leicester – letzteres ist wohl das beste Beispiel dafür.
So wird die Idrottsföreningen Kamraterna (kurz IFK, lose übersetzt «Sport-Gesellschafts-Kameraden») Mariehamn in Anlehnung an das Fussball-Märchen aus der Premier League von den finnischen Medien nicht zufällig «Mini-Leicester» genannt. Ähnlich wie mit dem englischen Meister durfte auch mit dem Kleinst-Verein von der im Südwesten Finnlands gelegenen Inselgruppe Aland nicht gerechnet werden.
IFK Mariehamn wurde zwar schon 1919 gegründet, spielte aber noch 2003 in der 3. Liga, ehe auf Anhieb der Aufstieg in die Eliteklasse geschafft wurde. Erst seit vier Jahren darf sich der Cupsieger von 2015 zur erweiterten Spitze der Veikkausliiga zählen, gehörte aber als 6. der vergangenen Meisterschaft nicht zu den Titelanwärtern.
Dank dem 2:1 gegen Ilves Tampere am Sonntag wurde die Sensation aber Tatsache: Mariehamn gewinnt mit drei Punkten Vorsprung auf Helsinki den Titel. Selbstverständlich feierte das Team ausgelassen:
Congrats to IFK Mariehamn, from a town of 11,000 people, who 'did a Leicester' this weekend and won their 1st ever Finnish league title! 🇫🇮 pic.twitter.com/VceLAM2z9Q
— Onefootball (@Onefootball) 23. Oktober 2016
Wobei die Meisterfeier von der Haupttribüne ziemlich mickrig aussah:
Mariehamn, and we are the Champions my frinds. pic.twitter.com/SzVNVeKBjM
— BackpackerAce (@BackpackerAce) 23. Oktober 2016
Für das entscheidende Spiel fanden sich aber immerhin 4335 Zuschauer in der Arena in Mariehamn ein, was 15 Prozent der Gesamtbevölkerung der Aland-Inseln (29'000 Einwohner) entspricht. Die zurückhaltenden Finnen verzichteten auf einen Platzsturm, werden den Meistertitel aber noch öffentlich feiern, sicher noch ausgelassener als den Cupsieg vor einem Jahr:
Die Stimmen nach dem grossen Coup tönen recht ähnlich wie nach dem Saisonende in England. Gelobt wird vor allem die herausragende Teamleistung. «Wir leben wie eine Familie, stehen immer füreinander ein ... es war grossartiges Teamwork, nichts Individuelles», sagte der jamaikanische Nationalspieler Dever Orgill, der den entscheidenden Treffer gegen Ilves vorbereitete, gegenüber dem Fernsehsender YLE.
«Ich kann immer noch nicht glauben, dass das wahr ist. Ich habe auf dem Feld geheult», gestand IFK-Torhüter Walter Viitala. «Heute habe ich meine Mutter stolz gemacht!» Der Stolz ist berechtigt, denn mit 1,2 Millionen ist das Budget von Mariehamn nicht einmal halb so gross wie jenes von HJK Helsiniki (4 Millionen).
Einen Schulterklopfer haben auch die Fans verdient, die jeweils mit der Fähre an die Auswärtsspiele auf dem Festland fahren. Ob sie das beibehalten, wenn ihr Verein nächstes Jahr erstmals in der Champions-League-Qualifikation antritt?