Niko Kovac hat mit Bayern München gerade die erfolgreichste Rückrunde der Klubgeschichte hingelegt. 42 Punkte in 17 Spielen hat der neue und alte deutsche Meister geholt, 52 Tore erzielt, nur eine Niederlage kassiert. Aus neun Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund haben die Bayern zwei Vorsprung gemacht, was letztlich fast schon souverän zum siebten Titelgewinn in Serie reichte.
ℹ Dürfen wir vorstellen: Niko #Kovac, der zweite Mann in der #FCBayern-Geschichte neben Franz #Beckenbauer, der #MEIS7ER als Spieler und Trainer wurde!
— #MEIS7ER (@FCBayern) 18. Mai 2019
Chapeau! 🎩 #MiaSanMia pic.twitter.com/ous2ucOLc3
Doch trotz der sensationellen Aufholjagd in der Bundesliga, trotz der Möglichkeit, noch den DFB-Pokal zu gewinnen, und trotz Vertrag bis 2021 muss Kovac bei den Bayern um seinen Job bangen. Am Freitag verbreitete das Internetportal «Spox», dass der Abschied des 47-jährigen Kroaten beim deutschen Rekordmeister bereits feststehe – selbst wenn er mit seinen Jungs in Berlin noch das Double klar machen würde.
Möglichkeiten, ein klares Statement für oder gegen Kovac abzugeben, hatte die Bayern-Führung seither genug. Doch statt den Deckel von Dampfkochtoch zu nehmen, lassen Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeness und Hasan Salihamidzic ihren Coach in der Luft hängen.
Rummenigge sagte am Freitag zwar: «Diese Meldung ist eine totale Ente, diesen Beschluss gibt es nicht.» Hinter Kovac wollte er sich aber nicht stellen, seit dem Titelgewinn schweigt der Vorstandsvorsitzende beharrlich. Präsident Hoeness, der einst der grosse Fürsprecher Kovacs war, und Sportdirektor Salihamidzic sprechen sich nur noch dezent für den Trainer aus.
Volle Rückendeckung hört sich definitiv anders an.
Anders sieht es bei den Fans aus. Die feierten Kovac nach dem meisterlichen 5:1 gegen Eintracht Frankfurt mit Sprechchören – «Niko Kovac, du bist der beste Mann!» dröhnte es aus der Kurve – und unterstützten ihn mit Transparenten. «Fuck FC Hollywood», hiess es auf einem. «Bayern-Familie wird gepredigt, doch selbst nicht mehr gelebt. Umbruch heisst, als Einheit standhaft zu bleiben», auf anderen Spruchbändern.
„Bayern-Familie wird gepredigt, doch selbst nicht mehr gelebt. Umbruch heißt, als Einheit standhaft zu bleiben.” #FCBSGE pic.twitter.com/xiDhnGbcJS
— Kerry Hau (@kerry_hau) 18. Mai 2019
Obwohl komplett alleine gelassen macht Kovac selbst gute Miene zum bösen Spiel und setzt indirekt etwas Druck auf seine Bosse auf:
Doch warum steht Kovac trotz sportlichem Erfolg überhaupt zur Diskussion? Die oft gut informierte «Bild»-Zeitung glaubt zu wissen, dass es sich der Bayern-Trainer mit einem Grossteil seiner Spieler verscherzt hat. Einige Stars sollen ihm hinter vorgehaltener Hand fehlende Wertschätzung, zu wenig Fingerspitzengefühl und mangelnde Kommunikation vorwerfen. Bei kleinsten Fehlern herrsche sofort miese Stimmung.
Kovac wird daneben eine zu defensive Taktik vorgeworfen, die unter anderem auch zum Champions-League-Aus im Achtelfinal gegen Liverpool geführt habe. Ausserdem habe er im Gegensatz zu Guardiola und Heynckes keinen Spieler besser gemacht. Das Band zwischen Trainer und Mannschaft scheint zerschnitten zu sein. Das war auch bei der Meisterfeier augenscheinlich: Zusammen mit Bruder Robert stand Kovac etwas abseits und hielt sich vornehm zurück. Niemand reichte ihm die Schale, kaum einer umarmte ihn und auch später stand er allein vor der Kurve.
Eine Trennung auch im Fall des Double-Gewinns scheint unter diesen Umständen nicht ganz so abwegig, wie wenn man die nackten Resultate betrachtet. Und sie wäre in dieser Saison gar nicht so ungewöhnlich: Mit Massimiliano Allegri (Juventus), Dieter Hecking (Gladbach) oder Markus Anfang (Köln) wurden auch anderswo schon Trainer auf die Strasse gestellt, die eigentlich Erfolg hatten. Das kommt natürlich nicht überall gut an … Hecking kritisierte diesen Umgang mit Trainern scharf:
Gladbachs scheidender Trainer Dieter Hecking hatte zum Saisonabschluss noch etwas loszuwerden. Sehens- und vor allem hörenswert. pic.twitter.com/9aSy6S5M7c
— Sportschau (@sportschau) 18. Mai 2019
Aber zurück zu Kovac und den unentschlossenen Bayern-Bossen: Mittlerweile gilt als sicher, dass nur das Double Niko Kovacs Job retten kann. Eine Trennung im Erfolgsfall wäre den Fans und der Öffentlichkeit nur sehr schwer klar zu machen. Überraschen würde ein Rauswurf nach dieser schwierigen Bayern-Saison aber trotzdem niemanden mehr.
Damit bin ich nicht einverstanden. Z.B. Gnabry hat einen grossen Schritt vorwärts gemacht.