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Wie Transfermarkt von der Fan-Seite zum «Sextoy des Fussballs» wurde

Transfermarkt ist für Fans, Agenten und Scouts eine zuverlässige Quelle für Informationen.
Transfermarkt ist für Fans, Agenten und Scouts eine zuverlässige Quelle für Informationen.Image: Transfermarkt

Wie eine Website zum «Sextoy des Fussballs» wurde

Gestartet durch einen deutschen Fan im Jahr 2000, verfügt Transfermarkt über die grösste frei zugängliche Datenbank zum Thema Fussball. Sogar Cristiano Ronaldo schaut sich die Seite an.
26.01.2023, 19:09
Julien Caloz
Julien Caloz
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Als Mitte Winter bekannt wurde, dass Mykhailo Mudryk bei Chelsea unterschrieben hatte, wollten viele Fans wissen, was dieser Spieler in seinem Leben gemacht hatte, um so viel Geld zu kosten (70 Millionen Euro plus 30 Millionen Euro Bonuszahlungen). Sie besuchten die Website von Transfermarkt, auf der man sowohl den Werdegang eines Spielers als auch seinen Marktwert finden kann.

So sieht das dann aus:

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Da die auf dem Profil des Ukrainers angezeigte Summe 40 Millionen Euro betrug, schlossen sie daraus, dass Chelsea ein schlechtes Geschäft gemacht hatte.

Das ist natürlich kein endgültiges Urteil, aber es zeugt von der Glaubwürdigkeit, die der Website von den Fans entgegengebracht wird. Die Spieler selbst geben zu, dass sie diese wahre Online-Fussballenzyklopädie konsultieren, auf der sie die Marktentwicklung und ganz nebenbei auch ihre persönlichen Daten einsehen können.

Cristiano Ronaldo nahm letztes Jahr Anstoss daran und blockierte sogar das Fussballportal auf Instagram, weil er sich darüber ärgerte, dass Transfermarkt ihn mit «nur» 75 Millionen bewertet hatte. Der Wertmanager Christian Schwarz, der die Zahlen auf der Website auf Konsistenz überprüft, indem er zahlreiche Informationen kombiniert (Meinungen von Experten und Fans, Vergleiche mit dem Wert von Spielern in Nachbarländern usw.), hatte gegenüber dem Portugiesen argumentiert, jedoch ohne Erfolg.

Diese Debatte hat die Popularität von Transfermarkt noch weiter gesteigert. Die Seite wird von allen, die in der Welt des Fussballs tätig sind, besucht: Fans, Spieler, Scouts und Agenten. Letztere finden hier Informationen darüber, wann die Verträge der einzelnen Spieler auslaufen und mit welchen Vermittlern bestimmte Talente bereits zusammenarbeiten.

«Wird es oft benutzt? Ja, natürlich. Es ist ein bisschen wie das Sextoy des Fussballs geworden: Man steht nicht zu sehr dazu, aber jeder benutzt es.»
Frédéric Ryssen, Spieleragent.quelle: rmc sport

Diese Freude wurde jedoch aus einer Frustration heraus geboren. Die von Matthias Seidel, einem Computeringenieur, der enttäuscht war, dass er im Jahr 2000 keine Informationen über seinen Lieblingsverein (Werder Bremen) finden konnte. Er hatte die Idee, eine Website zu erstellen, «auf der alle Fans Gerüchte über ihre Vereine posten und lesen konnten.»

Das Projekt wuchs sehr schnell, sodass 2008 der deutsche Medienkonzern Axel Springer 51 Prozent der Seidel-Anteile übernahm. Die Plattform, die in 14 Sprachen verfügbar ist, wuchs in der Folgezeit immer weiter. Mittlerweile bietet sie Informationen zu 1'008'987 Spielern, 92'705 Vereinen, 1888 Wettbewerben oder 328 Ligen. Mit wenigen Klicks kann man alles erfahren: z. B. die Verletzungsgeschichte von Mykhailo Mudryk oder die Anzahl der Minuten, die das Wunderkind im ukrainischen Pokalwettbewerb mit Desna Tschernihiw im Jahr 2020 gespielt hat (Antwort: 65).

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Das Unternehmen hat heute etwa 50 Mitarbeiter, mit Teilzeitkräften sogar über 60. Die Einstellungen folgen in der Tat der Kurve der Einschaltquoten.

Im Jahr 2020 wurden eine Milliarde Besuche und 5,6 Milliarden Seitenaufrufe von der Website gezählt.

Ein solcher Erfolg bringt Seidel, der immer noch 39 Prozent der deutschen Website besitzt, und seinen Kollegen natürlich viel Geld ein. Wie viel genau? Die Verantwortlichen der Online-Enzyklopädie geben keinen Betrag bekannt. Laut einer Quelle stammt der Grossteil der Einnahmen aus Werbung, aber nicht nur.

Transfermarkt versucht nun, seinen Inhalt zu diversifizieren und möchte seinen Lesern mehr persönliche Statistiken anbieten, damit sie sich eine noch genauere Meinung über den neuen Star (oder den zukünftigen Ersatz) bilden können, den ihr Verein gerade verpflichtet hat.

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Micha Schläpfer
26.01.2023 19:20registriert Juni 2015
Schön dass die Seite mal gewürdigt wird, 10 Jahre verspätet, aber egal... danke dafür
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Dave1974
26.01.2023 20:56registriert April 2020
Ich finde die Site vorallem erhellend, was die Wege einzelner angeht. Wem ging es nicht schon so, dass man wissen wollte, ob der nicht wirklich mal beim FC Endederwelt spielte? Oder was macht eigentlich der Superstar von damals - oder der vielversprechende Junior.
Da ist die Datenbank sehr eindrucksvoll.

Auf die Marktwerte geb ich nichts. Will und kann jemand bezahlen, dann ist das ein anderes Thema.

Chapeau an die Genauigkeit, Aktualität und die Breite. Das ist Büetz.
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Skunk42
26.01.2023 20:19registriert Februar 2022
Das Pendant zu Eliteprospects.
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