Als sich der FC Bayern zum Saisonauftakt in einen wahrhaftigen Rausch spielte, die gegnerische Defensive nach Belieben auseinandernahm und Eintracht Frankfurt, immerhin mit der Referenz als amtierender Sieger der Europa League ausgestattet, gleich sechs Treffer einschenkte, war die Furcht vorm deutschen Rekordmeister allenthalben gross. Wohl nicht ganz zu unrecht, zieht man die Leichtigkeit und Dynamik im Angriffsspiel in Betracht, welche die Münchner in den allerersten Saisonwochen zur Schau stellten.
Der Tenor: Die Bayern sind nach dem schmerzvollen Abgang von Robert Lewandowski offensiv noch besser, noch flexibler und unberechenbarer geworden. Diese These unterzieht sich, nur wenige Wochen nach ihrer Entstehung, fast automatisch einer ersten Revision. Seit drei Runden ist das sonst so erfolgsverwöhnte Spitzenteam in der Bundesliga sieglos. Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach, Union Berlin und den VfB Stuttgart dürften den Münchner Ansprüchen wohl kaum genügen. Und plötzlich geistert wieder ein Name durch den Raum: Robert Lewandowski.
Denn so leicht und beschwingt sich die Angriffsreihe des FC Bayern, der sich im Sommer mit Sadio Mané namhaft verstärkt hatte, ganz zu Beginn der Spielzeit präsentierte, so sehr umgibt die Offensive nunmehr ein Hang zur Ineffizienz. «Ich hätte mir mehr Power gewünscht», befand Trainer Julian Nagelsmann denn auch nach dem jüngsten 2:2 gegen Stuttgart. Er bemängelte «zu wenig Gier nach vorne».
Ausgerechnet in diesem heiklen Moment kehrt mit Lewandowski jener Stürmer in die Allianz-Arena zurück, der sowohl Effizienz als auch Gier während seiner Zeit in München so sehr verkörpert hatte wie kaum ein Zweiter. Der Stürmer trifft im Champions-League-Gruppenspiel am Dienstagabend mit seinem neuen Arbeitgeber FC Barcelona auf seinen alten. Das Gipfeltreffen schlechthin.
Dass der Transfer des eitlen Polen im Sommer nicht ohne Nebengeräusche vonstattenging, verleiht der ohnehin reizvollen Partie weitere Brisanz. Beide Seiten dürften noch eine Rechnung offen haben. Warmgeschossen hat sich der 34-Jährige längst: In sechs Ernstkämpfen für seinen neuen Club gelangen ihm bereits stolze neun Treffer – was seinen Appetit auf weitere Tore, die angesprochene Gier, mutmasslich nur gestärkt hat.
Die spanische Sportzeitung «Marca» titelte bereits: «Lewandowski schiesst sich für Bayern warm.» Und von Xavi, seinem Trainer bei Barça, wird der Goalgetter mit Komplimenten und Huldigungen überschüttet. Ihm gehe das Lob aus, würdigte der ehemalige Mittelfeldstratege: «Er ist unersättlich, wie er trainiert, die Mannschaft verbessert, hilft, Bescheidenheit zeigt, wie er befiehlt, arbeitet, Druck macht.»
Angst macht sich bei den Münchnern indessen nicht breit. «Wir freuen uns absolut auf das Duell», gab sich Thomas Müller gegenüber dem Boulevardblatt «Bild» unlängst zuversichtlich. Sein Teamkollege Manuel Neuer deutete zudem an, wie der Torgefahr Lewandowski Einhalt geboten werden soll: «Wir kennen Lewy sehr gut.» Es sei ja nicht so, «dass wir noch nicht gegen ihn gespielt haben. Wir kennen das ja aus dem Training», schlug Leon Goretzka in die gleiche Kerbe.
Nebst den profunden Kenntnissen über die Spielweise des vormaligen Mannschaftskameraden wollen sich die Bayern aber auch mit «dreckigen Sachen» und «klugen Fouls» behelfen, wie Marcel Sabitzer gestand. «Wir haben gute Verteidiger. In Kompaktheit werden wir das lösen.» (aargauerzeitung.ch)