Vor mehr als acht Jahren am 20. Januar 2015 sicherte sich Real Madrid für 2,5 Millionen Euro die Dienste von Martin Ödegaard. Der Norweger, hinter dem sämtliche europäische Top-Klubs her waren, entschied sich damals für einen Wechsel zu den «Königlichen». Doch eine Love-Story sollte Ödegaards Zeit in Madrid nie werden. Beim FC Arsenal zeigt er nun, was wirklich in ihm steckt.
Am letzten Spieltag der Saison 2014/15 feierte Ödegaard gegen Getafe sein Debüt für Real Madrid. Beim 7:3-Sieg der Königlichen wurde der Norweger in der 58. Minute für Cristiano Ronaldo eingewechselt. Bis heute ist er mit 16 Jahren und sechs Monaten der bislang jüngste Spieler, der je für Real in der Liga eingesetzt wurde.
Dieser Einsatz sollte für lange Zeit auch sein letzter bleiben. In den folgenden eineinhalb Jahren kam er lediglich noch einmal in der Zwischenrunde der Copa del Rey zum Einsatz. Im Rückspiel gegen das unterklassige Cultural Leonesa durfte Ödegaard über die gesamten 90 Minuten ran. Es war das einzige Spiel, dass der Mittelfeldspieler im Trikot der Madrilenen über die volle Distanz absolvieren durfte.
Zweieinhalb Jahre verbrachte Ödegaard anschliessend auf Leihbasis in den Niederlanden. Die ersten eineinhalb Jahre trug er das Trikot des SC Heerenveen. In Heerenveen lief es für den Norweger allerdings nicht so rund, in 43 Pflichtspielen gelangen ihm lediglich acht Torbeteiligungen.
Das letzte Jahr seiner Zeit in den Niederlanden verbrachte der Skandinavier bei Vitesse Arnheim. In Arnheim konnte er erstmals sein Potenzial abrufen. In Heerenveen verpasste er in der Vorsaison verletzungsbedingt noch zehn Spiele, bei Vitesse stand er in 39 von 40 möglichen Pflichtspielen auf dem Feld. Dies spiegelte sich auch in seinen Skorerpunkten wider. Wettbewerbsübergreifend gelangen Ödegaard elf Tore und 13 Assists.
Nach seiner Zeit in den Niederlanden kehrte Ödegaard nach Spanien zurück. Doch dort sollte er nicht für Real auflaufen, sondern wurde erneut von den «Königlichen» verliehen. Der Norweger durfte allerdings auf der iberischen Halbinsel bleiben und lief fortan für Real Sociedad San Sebastian auf. Bei «La Real» wusste die Leihgabe von Real Madrid zu überzeugen. In 36 Pflichtspieleinsätzen erzielte er 7 Treffer und sammelte 9 Assists. Zudem schaltete er mit Real Sociedad im Cup-Viertelfinal seinen Stammklub Real Madrid aus und erzielte dabei gar einen Treffer.
Seine guten Leistungen für Real Sociedad veranlasste die Madrilenen dazu, die ursprünglich für zwei Jahre angedachte Leihe, bereits nach einer Saison zu beenden. Ödegaard kehrte zurück in die spanische Hauptstadt, in der er nun mit Zinédine Zidane auf seinen ehemaligen Trainer aus Reals Reserve-Mannschaft traf.
Viele erwarteten nun den endgültigen Durchbruch des jungen Dribbelkünstlers beim spanischen Top-Klub. Doch dieser blieb aus, Ödegaard kam in der ersten Saisonhälfte lediglich auf neun Pflichtspiele und konnte keinen Skorerpunkt verbuchen.
Die Konkurrenz im Mittelfeld des «weissen Balletts» war enorm, hinter Luka Modric, Toni Kroos, Casemiro, Isco und Federico Valverde, war der Norweger meist nur die sechste Wahl. Auch das System von Real passte nicht zu den Fähigkeiten des damals 21-Jährigen. Ödegaard kann seine Spielstärke am besten in einem 4-2-3-1-System zur Geltung bringen, Real spielte damals wie heute allerdings ein 4-3-3-System mit einem gesetzten Mittelfeldblock. Hinzu kam, dass Real mit Benzema einen Stürmer in der Spitze hat, welcher sich häufig tief fallen lässt und so den kreativen Mittelfeldspielern oft den Raum zur Entfaltung nimmt.
Nach dem erfolglosen halben Jahr in Madrid wechselte Ödegaard zunächst für ein halbes Jahr auf Leihbasis nach London zum FC Arsenal. Bei den «Gunners» wurde er sofort zum Stammspieler und übernahm eine tragende Rolle im Team. Dies veranlasste den Klub aus dem Norden Londons dazu den Norweger im Sommer 2021 für eine Ablösesumme von 35 Millionen Euro fest zu verpflichten.
In London blüht der Norweger seither richtig auf. Das System von Mikel Arteta bringt die Stärken von Ödegaard optimal zum Vorschein. Der Spanier variiert dabei zwischen einer 4-2-3-1-Formation in welcher der Norweger als klassischer 10er eingesetzt wird und einem flexiblen 4-3-3-System. In letzterem kommt der Skandinavier häufig auf den Halb-Positionen im zentralen Mittelfeld zum Einsatz. Er übernimmt hier neben Granit Xhaka, allerdings vermehrt den offensivdenkenden Part.
Seit April 2022 ist Ödegaard auch Captain der «Gunners», diese Rolle kennt er bereits aus der norwegischen Nationalmannschaft, dort läuft er bereits seit Anfang 2021 als Spielführer auf. Auch dank der starken Form des Norwegers grüsst Arsenal aktuell von der Tabellenspitze und hat bereits fünf Punkte Vorsprung auf Verfolger Manchester City.
In der laufenden Premier-League-Saison hat der einstige Madrilene bereits neun Tore erzielt und sieben weitere vorbereitet. Ödegaard kann seine Qualitäten als vertikaler Spielmacher im Team von Arsenal bestens ausspielen. Durch seine Passqualität, gerade bei Pässen in die Tiefe, kann er die Offensiven-Aussenspieler wie Gabriel Martinelli und Bukayo Saka häufig optimal in Szene setzen.
Ödegaard bewegt sich im Aufbauspiel häufig in den Halbräumen und holt sich hier die Bälle ab. Dann kann er den Ball entweder sofort auf einen der Aussen weiterleiten oder sich durch seine Stärke in Eins-gegen-Eins-Situationen selbst Raum schaffen. In Kontersituationen positioniert er sich häufig zwischen den Linien, konkret bewegt er sich im freien Raum zwischen der gegnerischen Abwehr und dem Mittelfeld. Dadurch schafft er es, sich im Gegenangriff in optimale Abschlusspostionen im Rücken der Abwehr zu bringen.
Ödegaard ist der Dirigent im Arsenal-Mittelfeld, er zieht die Strippen und entwickelt sich immer mehr zu einem der bittersten Verkäufe in der bisherigen Geschichte von Real Madrid. Arteta schwärmt in den höchsten Tönen von seinem Spielmacher: «Das Gefühl, die Art und Weise, wie er sich bewegt und was er auf dem Spielfeld vermittelt, ist einfach anders.»
Auch der Norweger hält grosse Stücke auf seinen Trainer: «Er ist auf einem anderen Level.» Schon nach dem Ende seiner Leihe war für den Norweger klar, dass er bei Arsenal bleiben will. Ödegaard lebt seinen Traum beim FC Arsenal. Vielleicht erfüllt er sich und den Arsenal-Fans mit dem Gewinn der Meisterschaft am Ende der Saison noch einen weiteren Traum. Und noch immer ist das frühere Wunderkind erst 24 Jahre alt.