«It's Coming Home» – Englands Fussball-Kultsong in 10 Punkten
Von wem ist der Song?
Ian Broudie von der Band «Lightning Seeds» hat die Musik komponiert, den Text steuerten die Comedians David Baddiel und Frank Skinner bei, damals Moderatoren einer Fussballsendung.
«Das Schräge ist, dass Ian bekannt für bittersüsse Liebeslieder war und sich keinen Fussballsong zutraute. Und dann schrieben wir ein bittersüsses Liebeslied über Englands Nationalteam», sagte Skinner über den Song, der für die EM 1996 in England aufgenommen wurde und eine Auftragsarbeit des englischen Fussballverbands FA war.
Was singen die da eigentlich?
Im Unterschied zu vielen anderen Fussballsongs wird nicht von glorreichem Erfolg gesungen, sondern vielmehr von der Hoffnung, etwas zu erreichen. Die ewigen Dämpfer seit dem Gewinn des WM-Titels 1966 hatten die Engländer demütig gemacht – aber natürlich nicht davon abgehalten, weiterhin vom nächsten Triumph zu träumen.
Das Lied drückt genau diesen Optimismus aller Fussballfans aus, die es ja eigentlich besser wissen und die Hoffnung trotzdem nie aufgeben. «Wahrscheinlich werden wir wieder verlieren. Aber man weiss ja nie …», fasste David Baddiel zusammen, was sie mit dem Text ausdrücken wollten.
They've seen it all before
They just know
They're so sure
That England's gonna
Throw it away
Gonna blow it away
But I know they can play
'Cos I remember
Three lions on the shirt
Jules Rimet still gleaming
Thirty years of hurt
Never stoppped me dreaming
Frei übersetzt: «Jeder glaubt jetzt schon, er wisse, wie das Spiel ausgeht. Sie haben alles schon zu oft erlebt. Sie wissen es ganz einfach, sie sind so sicher: England wird am Ende sowieso wieder alles vermasseln. Aber ich weiss, dass sie es draufhaben. Denn ich erinnere mich: Drei Löwen sind auf dem Trikot und Jules Rimet* glänzt immer noch. Dreissig Jahre des Leidens haben mich nie vom Träumen abgehalten.»
* Siehe Punkt 6
War es von Anfang an ein Hit?
Nein. Die FA habe Bedenken gehabt, dass der EM-Song zu negativ sei, erinnerte sich Baddiel. Der Verband habe deshalb nicht gewollt, dass er im Stadion gespielt werde. Das änderte sich dann jedoch am 15. Juni 1996 schlagartig. ⬇️
Wann wurde aus dem Song DER Song?
Laut Baddiel war es nach Englands 2:0-Sieg über Schottland in der Gruppenphase der Euro 1996. Nach dem Schlusspfiff habe der Stadion-DJ den Song gespielt «und wir wussten gar nicht, dass alle ihn kannten», erinnert sich Baddiel. «Und das ganze Stadion hat laut mitgesungen. Ganz ehrlich: das war ein unbeschreibliches Gefühl!»
In der Folge wurde «Three Lions» bei jedem England-Spiel gespielt und kletterte an die Spitze der englischen Charts. Auch in Deutschland wurde der Song populär. Denn die Deutschen wurden Europameister und nach der Ankunft in der Heimat wurde auch dazu gefeiert. Schliesslich brachten sie ja mit dem Pokal auch den Fussball nach Hause.
Wer sind die Fans im Hintergrund?
Keine Engländer. Sondern Anhänger von Bröndby Kopenhagen, welche bei einem UEFA-Cup-Spiel 1995 in Liverpool aufgenommen wurden.
Wer ist dieser Jules Rimet?
Der Franzose war zwischen 1921 und 1954 FIFA-Präsident und gilt als Mitbegründer der WM. Ihm zu Ehren wurde 1950 der WM-Pokal in «Coupe Jules Rimet» umgetauft. England gewann die Trophäe bekanntlich 1966, weshalb es im Song heisst:
«Der WM-Pokal glänzt immer noch», bedeutet diese Songzeile.
Wieso ist der Song in aller Munde?
Weil die Gefühle, die er ausdrückt, immer noch so sind. Weil die Durststrecke an der EM 1996 nicht beendet werden konnte. Weil England seit 1966 weiter auf einen Titelgewinn warten muss.
Aus den dreissig Jahren der Hoffnung sind mittlerweile fast doppelt so viele geworden, wird sind bei 58 Jahren angelangt. Aber die Hoffnungen sind natürlich wie immer trotzdem gross, auch wenn die Engländer bislang an diesem EM-Turnier nicht überzeugen konnten.
Wieso gibt es seither eigentlich keine guten Fussballsongs mehr?
«Ich weiss, das sollte ich vielleicht nicht sagen», sagte David Baddiel im Jahr 2016 über sein Werk, «aber ich bin mir einfach sicher, dass es so ist.» Das Lied sei auch mehrfach von Fans dazu gewählt worden. Er findet das übrigens schade. «Das Genre der Fussballsongs wurde damit erledigt.»
Aber Moment mal …
Wir haben doch Baschi mit «Bring en hei». Stimmt! Der Song stammt von Hit-Produzent Roman Camenzind, der sich bei seiner Arbeit von «Three Lions» inspirieren liess. Auch deshalb ist die Schweizer Fussballhymne so gut geworden, dass das gleiche gilt wie für England: Besser geht nicht.
Welche Versionen gibt es?
Nebst dem Original von 1996 auch das Remake von 1998. Und zahlreiche andere Interpreten steuerten über die Jahre ihre Version von «It's Coming Home» bei:
The Band of Her Majesty's Royal Marines Plymouth entertained families and friends at HMS Raleigh Ceremonial Divisions. #ItsComingHome #threelions pic.twitter.com/PSuxZvCKj9
— RM Band Service (@RMBandService) 6. Juli 2018
"To Russia With Love". This one is for you and your lads, @garethsouthgate, from Team @ExeterCathedral. [TAP FOR SOUND]#ItsComingHome #ENG #ENGSWE #SaturdayMotivation @DevonLiveNews @ExeterCouncil @engcathedrals pic.twitter.com/EdUBOlRs2Y
— Exeter Cathedral (@ExeterCathedral) 7. Juli 2018
Even on a wedding day....ITS COMING HOME!!! pic.twitter.com/Jb8kXuEVZO
— Chay Thompson (@CoachChay) 7. Juli 2018
Guard change at Windsor Castle #ItsComingHome pic.twitter.com/hcXYJwEMEx
— Richard Bannan (@richardbannan) 6. Juli 2018
Even the ice cream man is at it now 😆🍦 #ItsComingHome 🏴 pic.twitter.com/YFGH9W8nu5
— Liam Varney (@LiamCov95) 8. Juli 2018
Dieser Artikel wurde anlässlich der Fussball-WM 2018 erstellt. Aus aktuellem Anlass haben wir ihn leicht überarbeitet.
- Weshalb die schwachen Auftritte für England gegen die Nati auch ein Vorteil sein könnten
- Schweiz-Stürmer Kwadwo Duah wurde in London geboren: Wenig England, viel Demut
- Italienische Gratulanten, eine Ballannahme und die Nati – unsere bisherigen EM-Highlights
- Murat Yakin und Patrick Fischer – «Glücksritter» auf Rasen und Eis
