In der Meisterschaft hat der FC Barcelona schon acht Punkte Rückstand auf Atlético Madrid, obwohl er ein Spiel mehr bestritten hat als der Leader. Der Zug in diesem Titelrennen scheint bereits abgefahren. Nun droht auch in der Copa del Rey das Aus. Barça hat das Halbfinal-Hinspiel in Sevilla mit 2:0 verloren.
Die Tore erzielten Sevillas Innenverteidiger Jules Kounde mit einem herrlichen Solo und ausgerechnet Ivan Rakitic, der beim FC Barcelona nicht mehr erwünscht war.
Es zeigt das Missmanagement der Katalanen in den letzten Jahren, dass sie die Meisterschaft an Atlético mit ihrem Ex-Spieler Luis Suarez zu verlieren drohen und im Cup an Sevilla, wo mit Rakitic ebenfalls eine ehemalige Teamstütze spielt. Im Champions-League-Achtelfinal wartet zudem Paris Saint-Germain – ebenfalls keine einfache Aufgabe. Gegen Neymar droht der «Hattrick» an verlorenen Titelrennen gegen ehemals wichtige Barça-Spieler.
Dem stolzen FC Barcelona winkt so die zweite Saison in Serie ohne Titel. Das hat es seit 2004 nicht mehr gegeben. Doch was sind die Gründe für den Absturz des einst so übermächtig scheinenden Traditionsklubs? Der Misserfolg beruht auf drei Pfeilern:
Das Spiel gegen Sevilla hat es wieder einmal aufgezeigt: Die Verteidigung des FC Barcelona genügt den höchsten Ansprüchen momentan nicht. Samuel Umtiti ist nur noch ein Schatten seiner selbst, seit dem WM-Titel mit Frankreich 2018 ist er in einem steten Abwärtstrend. Gegen Sevilla lässt er sich beim 0:1 zu einfach ausspielen, beim 0:2 reagiert er zu langsam und hebt das Abseits von Torschütze Rakitic auf.
Dennoch nimmt Barça-Trainer Ronald Koeman nach der Partie seinen Spieler in Schutz: «Er hat Fehler gemacht, wie alle anderen auch. Es ist nicht fair, einen einzelnen Spieler so negativ herauszuheben.»
Auch neben Umtiti gibt es Baustellen in der Abwehr der Katalanen: Der 34-jährige Gerard Piqué hat den Zenit überschritten, auf der linken Seite ist Jordi Alba zwar noch gefährlich im Vorwärtsgang, aber im Spiel gegen den Ball auch nicht mehr immer souverän. Und rechts fehlt Sergi Roberto seit einiger Zeit wegen einer Muskelverletzung.
Das Mittelfeld des FC Barcelona ist auf dem Papier nicht schlecht besetzt: Sergio Busquets, Frenkie de Jong, Miralem Pjanic und Philippe Coutinho sind alles grosse Namen. Doch in der Realität sieht es etwas anders aus. Busquets war noch nie ein offensiver Dynamo, doch in dieser Saison gelingt dem 32-Jährigen nach vorne besonders wenig. Gleiches gilt für Pjanic, der noch keine einzige Torbeteiligung vorweisen kann.
Coutinho ist seit längerem nicht mehr der gleiche Spieler wie einst, wie direkt nach seinem Wechsel von Liverpool nach Barcelona. Eigentlich wollte Barça ihn mal loswerden, nun setzte man notgedrungen auf ihn, bis er sich im Januar am Meniskus verletzte.
Der einzige Lichtblick im Mittelfeld der Katalanen ist Frenkie de Jong. Der junge Niederländer hat im zweiten Jahr in Spanien den Tritt endlich gefunden. Er muss bei Barcelona aber eine etwas offensivere Rolle übernehmen, als er sich das gewohnt war. Der 23-Jährige spielt zwar gut, doch alleine kann er das Barça-Mittelfeld auch nicht aus dem Sumpf ziehen.
Lionel Messi hat in dieser Saison in 19 Ligaspielen 13 Tore erzielt und vier weitere Treffer vorbereitet. Das sind so wenige wie seit 2007 nicht mehr. Natürlich ist der argentinische Superstar bereits 33 Jahre alt und man hat ihm in den letzten Jahren aber auch viel Unterstützung entzogen, sodass er es bei Barça oft im Alleingang richten müsste. Mit Luis Suarez hat man Messi nicht nur einen guten Freund weggenommen, sondern auch den einzigen brauchbaren Mittelstürmer der Mannschaft.
Der nächstbeste Torschütze ist Antoine Griezmann mit sechs Treffern in 21 Ligaspielen. Der Franzose kommt im 4-3-3 von Ronald Koeman kaum jemals in seiner bevorzugten Position als hängende Spitze zum Einsatz, sondern muss oft auf die Seite ausweichen. Seit dem Abgang von Luis Suarez spielt er auch manchmal als Sturmspitze. In diesen Rollen gelingt es dem 29-jährigen Weltmeister aber nicht, sich zu entfalten.
Natürlich macht sich im Sturm auch der Ausfall von Ansu Fati bemerkbar. Das 18-jährige Supertalent startete mit vier Toren in sieben Ligaspielen in die Saison, fehlt seit Mitte November aber wegen einer Meniskusverletzung.
Zu viele Leistungsträger beim FC Barcelona sind aktuell verletzt oder hinken ihrer Form hinterher. Und die Katalanen haben kein genügend breites Kader, um diese Ausfälle aufzufangen. Aufgrund der grossen Schulden dürfte es auch schwierig werden, das rasch zu korrigieren.
So bleibt zu viel an Lionel Messi hängen, der für seine Verhältnisse auch eine eher schwache Saison einzieht. Gepaart mit den defensiven Unzulänglichkeiten sorgt das für die eine oder andere zusätzliche Niederlage.
Der ganze Verein hat seinen Nimbus verloren und seine Seele verkauft.
Mit Wehmut denke ich an die Zeiten zurück als man keinen Titelsponsor hatte oder mit dem Unicef logo aufgelaufen ist.
Jetzt ist er halt nur noch einer unter vielen... Schade