Was will man gegen diese Offensive nur machen? Da schiesst Inter Mailand auswärts drei Tore und gewinnt das Halbfinal-Hinspiel in der Champions League trotzdem nicht. Weil Barcelonas Ballkünstler Lamine Yamal und Raphinha sowie Lewandowski-Ersatz Ferran Torres selbst von der starken Defensive um Goalie Yann Sommer schlicht nicht zu bremsen sind. Und so abgebrüht auftreten, dass sie sich auch von einem Rückstand nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Schon nach 32 Sekunden wird es im Olympiastadion Barcelonas abgesehen vom lauten Jubel im Gästesektor still: Marcus Thuram bringt Inter Mailand mit der Hacke in Führung und schockt den Favoriten früh. Spätestens jetzt ist allen klar: Diese Italiener sind nicht zu unterschätzen. Obwohl das Team von Trainer Simone Inzaghi zuletzt nicht gut in Form war und neben dem Cup-Halbfinal gegen die AC Milan auch die Führung in der Serie A verlor.
Danach übernimmt jedoch Barcelona die Kontrolle. Immer wieder versucht Lamine Yamal für Gefahr zu sorgen, einmal gelingt ihm das auch, als er Ferran Torres im Strafraum findet. Dessen Schuss geht jedoch knapp am Pfosten vorbei, wie auch einige Minuten später, als er das Tor nach einem Eckball erneut nur leicht verfehlt, Schlussmann Sommer wäre chancenlos gewesen.
In der 21. Minute ist der Ball aber wieder im Tor der Katalanen: Francesco Acerbi gewinnt das Kopfballduell nach einem Eckball und dann macht Denzel Dumfries am Rand des Fünfmeterraums einen Seitfallzieher aus dem Bilderbuch. 2:0 für Inter, Barcelona ist geschockt.
Ein Zustand, der nur kurz anhält. Barcelona gibt nämlich nicht auf – oder besser: Lamine Yamal gibt nicht auf. Der 17-Jährige dribbelt sich in der 24. Minute zwischen mehreren Gegenspielern hindurch in den Strafraum und lässt Sommer bei seinem Schlenzer an den Innenpfosten keine Chance. Wenig später hätte es dann gar fast 2:2 gestanden, doch dieses Mal scheitert Yamal an der Latte.
Es ist der Startschuss für eine dominante Phase der Katalanen. Zweimal prüft Dani Olmo den Schweizer Mann im Tor von Inter. Einmal mit einem flachen Schuss in die Mitte, den Sommer im Nachfassen hat. Und dann nach einem Zuspiel von Yamal mit einem etwas platzierteren Abschluss, doch der 36-Jährige pariert erneut. Wenig später ist Sommer aber machtlos. Raphinha köpft die Flanke von Pedri vors Tor, wo Ferran Torres einschiesst. Nach der wunderbaren Kombination steht es doch 2:2 und endet die verrückte erste Halbzeit zwischen dem FC Barcelona und Inter Mailand ausgeglichen.
Nach der Pause hätte Inter die Gastgeber beinahe wie schon in der 1. Halbzeit früh geschockt. Nach einem Konter landet die Hereingabe von Yann Aurel Bisseck irgendwie bei Federico Dimarco, der aber in Rücklage gerät und über die Latte schiesst. Danach können die knapp 56’000 Fans etwas durchatmen. Es vergeht einige Zeit, bis Dumfries’ Flanke von Ronald Araujo zu Barças Glück neben das Tor gelenkt wird. Das Glück ist jedoch von kurzer Dauer. Denn Hakan Calhanoglus Ecke fliegt genau auf Dumfries’ Kopf und von dort via Araujos Rücken über Szczesny ins Tor. Inter führt wieder.
Doch auch dieses Mal hat Barcelona die perfekte Antwort. Im direkten Gegenzug kommt das Team von Trainer Hansi Flick ebenfalls zu einer Ecke. Yamal lässt das flache Zuspiel an den Strafraumrand durch und Raphinha zieht aus rund 20 Metern ab. Der Ball knallt an die Latte und von Sommers Kopf zum 3:3 ins Tor. Pech für den Schweizer Keeper, der ein ähnliches Eigentor schon im Gruppenspiel der WM 2018 gegen Costa Rica erzielte – damals war es ein Penalty zum späten 2:2-Ausgleich.
In der 75. Minute jubelt nochmal Inter. Wieder wollen die «Nerazzurri» die hochstehende Barça-Defensive mit einem schnellen Gegenstoss aushebeln. Dies gelingt zwar, doch Henrikh Mkhitaryan steht beim Zuspiel von Dumfries mit den Zehenspitzen im Abseits, sein Treffer zählt nicht.
In der verbleibenden Viertelstunde versucht dann vor allem Barcelona doch noch zum Sieg zu kommen. Beim Freistoss von Raphinha, den der Brasilianer flach ins Torwarteck schiesst, ist Sommer jedoch zur Stelle. Und als es Yamal in der 87. Minute mit einem gefühlvollen Lupfer versucht, hat Inter Glück. Der Ball landet nach einer gefühlt ewigen Flugzeit an der Latte.
So bleibt es bis zum Schlusspfiff dieses unterhaltsamen Spiels beim 3:3-Unentschieden, mit dem Inter Mailand eigentlich besser leben kann als Barcelona. Aufgrund der beiden Führungen wäre aber auch für die Italiener mehr drin gelegen. Nun gehen die beiden Kontrahenten gleichauf ins Halbfinal-Rückspiel, das am nächsten Dienstag im San Siro stattfindet.
FC Barcelona - Inter Mailand 3:3 (2:2)
SR Turpin.
Tore: 1. Thuram 0:1. 21. Dumfries 0:2. 24. Lamine Yamal 1:2. 38. Torres 2:2. 63. Dumfries 2:3. 65. Sommer (Eigentor) 3:3.
FC Barcelona: Szczesny; Koundé (42. García), Cubarsí (83. Christensen), Martínez, Martín (46. Araujo); de Jong, Pedri (83. Gavi); Lamine Yamal, Olmo (68. López), Raphinha; Torres.
Inter Mailand: Sommer; Bisseck, Acerbi, Bastoni; Dumfries (81. Darmian), Barella, Çalhanoglu (71. Frattesi), Mkhitaryan, Dimarco (56. Carlos Augusto); Thuram (81. Zielinski), Lautaro Martínez (46. Taremi).
Verwarnungen: 59. Çalhanoglu, 70. Cubarsí. Inter Mailand mit Sommer. (sda)