Sandro Wieser macht seit seiner rüden Attacke gegen Gilles Yapi eine schwierige Zeit durch: Er leidet mit dem schwer verletzten FCZ-Mittelfeldregisseur Gilles Yapi mit und muss selber verarbeiten, was er mit dem harten Einsteigen bei seinem Freund angerichtet hat. «Wir stehen in regelmässigem Kontakt und werden uns auch bald einmal treffen», sagt Wieser.
Das Lächeln des 21-jährigen Liechtensteiners wirkt gequält, als er sich heute Vormittag den Medien stellt. Viel wurde geschrieben, seit jenen verhängnisvollen Sekundenbruchteilen im Spiel zwischen dem FC Aarau und dem FC Zürich (0:1) im Brügglifeld vor gut zweieinhalb Wochen.
Unzählige Kommentare wurden auf den verschiedensten Online-Portalen gepostet. «Das ist alles nicht spurlos an mir vorbeigegangen», schildert Wieser seinen Gemütszustand. «Ich durchlebe gerade eine schwierige Zeit und hoffe, dass das bald besser kommt.»
Wieser hat sich die Fernsehbilder der Aktion mehrmals angesehen: «Wenn ich den Ball erobern kann, dann kommen wir zu einem gefährlichen Angriff», erklärt er. So habe er sich entschieden, das Risiko einzugehen – verhängnisvoll, wie sich später zeigen sollte.
«In der Zeitlupe sieht das Foul wirklich sehr schlimm aus.» Wenn man es sich aber in Live-Geschwindigkeit ansehe, dann sehe man, dass er einfach zu spät gekommen sei. «Es tut mir so leid, dass das so passiert ist. Ich will doch auf dem Fussballplatz einfach Spass haben. Das ging voll in die Hose.»
Wer ihm unterstelle, dass er Yapi absichtlich habe verletzen wollen, der kenne ihn nicht. In der Tat ist Wieser in seiner bisherigen Karriere noch nie negativ aufgefallen. Kommt hinzu, dass er selber seit mehreren Knie-Operationen fast schon täglich mit Problemen kämpft. «Das wünsche ich niemandem.» Auch aktuell kann der 21-Jährige nicht mit der Mannschaft trainieren: Er plagt sich mit einer Entzündung im linken Knie herum.
Am Montagnachmittag hat die Swiss Football League (SFL) bekannt gegeben, dass sie Wieser mit sechs Spielsperren und einer Busse von 300 Franken bestraft. Sowohl der FC Aarau als auch Sandro Wieser akzeptieren das Urteil und legen keinen Rekurs ein, wie der Klub noch am selben Tag mitteilt.
«Das ist so. Einerseits aus Respekt gegenüber Gilles Yapi, andererseits aus Rücksicht auf Sandro Wieser», sagt FCA-Mediensprecher Remo Conoci am Dienstagmorgen im Brügglifeld. Man wolle diese Sache nun abschliessen, damit rund um den Klub möglichst schnell wieder «courant normal» herrsche.
Wieser empfindet das Urteil der SFL als fair. Diese sechs Spielsperren, unterbrochen durch die Winterpause, bedeuten eine lange Wettkampf-Pause. «Ich werde sicher genug Zeit haben, mir meine Gedanken zu machen.»
Für Wieser geht es nun darum, nach vorne zu schauen. «Ich kann wegen diesem Vorfall nun nicht meine ganze Karriere an den Nagel hängen», sagt Wieser. Darüber, dass er ausgerechnet im Auswärtsspiel gegen den FC Zürich wieder spielberechtigt ist, macht er sich noch keine grossen Gedanken: «Natürlich werde ich dort der Buhmann sein, aber früher oder später kommt es sowieso wieder dazu.»
In erster Linie muss Wieser nun all das, was im Nachgang des Fouls über seine Person hereinbrach, verarbeiten. Unterstützt wird er dabei auch von einem Mentaltrainer, der ihm vom FC Aarau zur Verfügung gestellt wird. «Ich nehme diese Hilfe sehr gerne an. Das ist für einen jungen Spieler wie mich wichtig», sagt Wieser. Das erste Treffen steht diese Woche an.
Wieser will seine Lehren aus dem harten Foul ziehen. «Mein Einsteigen war sicher nicht clever, das muss ich für die Zukunft mitnehmen», sagt er. Zum Spieler auf Kuschelkurs werde er aber deswegen keinesfalls. «Stehe ich auf dem Platz, dann will ich die drei Punkte gewinnen. Aber ich werde künftig in einer ähnlichen Situation sicher nicht mehr so riskant einsteigen.»