Was haben Spieler wie Robert Lewandowski, Erling Haaland, André Silva oder Wout Weghorst gemeinsam? Genau, es vergeht eigentlich kein Bundesliga-Spieltag, ohne dass mindestens einer dieser Akteure trifft. Oft tun sie das gleich mehrfach. Die Mittelstürmer der höchsten deutschen Spielklasse übertrumpfen sich in dieser Saison immer wieder selbst – und bringen ihre Arbeitgeber damit in eine ungewohnte Abhängigkeit.
Am 28. Spieltag der Bundesliga hiess das Spitzenspiel nicht etwa Bayern gegen den BVB oder RB Leipzig, die Begegnung des Spieltags war Eintracht Frankfurt gegen den VfL Wolfsburg. Der Tabellenvierte aus Frankfurt gegen den Tabellendritten aus der VW-Stadt.
Beide Teams spielen eine starke und konstante Saison, was nicht zuletzt an der Kaltschnäuzigkeit beider Torjäger liegt. Sowohl Wout Weghorst als auch André Silva liefern in der laufenden Spielzeit immer wieder ab. Mit 23 Treffern in 26 Einsätzen ist André Silva mittlerweile schon erfolgreicher als BVB-Shootingstar Erling Haaland. Zu Recht stehen beide Mannschaften direkt hinter dem deutschen Rekordmeister und Nagelsmanns Leipzigern.
Die klassische Neun ist die Wiederentdeckung der Saison. Die Torschützenliste ist voll von Mittelstürmern. Ihre Effizienz ist die gefährlichste Waffe vieler Trainer. Beim VfB Stuttgart übernimmt diese Rolle Sasa Kalajdzic. Der 23-jährige Österreicher bildet im System der Schwaben die alleinige Spitze und konnte in 27 Einsätzen schon 14 Mal treffen. Unersetzlich ist Andrej Kramaric für die TSG aus Hoffenheim, denn er war an fast der Hälfte aller Hoffenheim-Treffer in dieser Saison beteiligt. Auch er ist in der Spitze der Alleinunterhalter. Über den Wert von Robert Lewandowski und Erling Haaland brauchen wir gar nicht erst zu sprechen.
Selbstverständlich ist das nicht. Noch vor wenigen Jahren galt der klassische Mittelstürmer als fast ausgestorben. 2010 und 2014 wurden Spanien und Deutschland ohne Zielspieler in der Spitze Weltmeister. Doch mit dem Wandel vom Ballbesitz- zum schnellen Umschalt-Fussball kam es auch zum grossen Comeback der klassischen Neun. Vom zentralen Stürmer von heute wird eine enorme Vielseitigkeit verlangt: Durchsetzungsfähig, treffsicher, spielstark und lauffreudig müssen sie sein.
Doch die Torjäger bereiten ihren Trainern auch Kopfschmerzen. Ein Problem, von dem sich nicht einmal der grosse FC Bayern frei machen kann, ist die mangelnde Effizienz, sobald man auf seinen Angreifer verzichten muss. Die letzten beiden Spiele musste der deutsche Rekordmeister ohne Lewandowski bestreiten – die Ausbeute: ein Punkt gegen Union Berlin.
Das Champions-League-Duell vom letzten Mittwochabend gegen Paris St-Germain zeigte dieses Phänomen fast schon bilderbuchartig auf: Das 2:3 gegen den französischen Serienmeister war die erste Bayern-Niederlage nach sieben Spielen. Die Mannschaft von Hansi Flick gab alles, Sturmersatz Eric-Maxim Choupo-Moting machte eine solide Partie. Die Bayern feuerten 31 Schüsse auf das Tor von Keylor Navas, Paris nur sechs. Das einzige Problem an dem Abend war die Chancenverwertung.
Der BVB kennt diese Situation nur zu gut. Der Norweger Erling Haaland war in 23 Einsätzen für die Borussen in dieser Saison an 27 Treffern beteiligt. Wenn er nicht spielt, tut sich Schwarz-Gelb mit dem Toreschiessen deutlich schwerer. Läuft es bei Haaland nicht, läuft es bei Dortmund nicht.
Dass die Offensiv-Power eines ganzen Teams nicht auf den Schultern eines Mittelstürmers lasten dürfte, ist den Trainern bewusst. Dafür gibt es nur zwei Lösungen. Entweder man trainiert ein variableres Angriffssystem, das allerdings die Mittelstürmer weniger in ihrer Rolle als Neuner unterstützt, oder man muss eine effektive Alternative finden. (vdv/pre)
Wäre aber schön, jemand könnte den Kulturwandel noch dem Jogi mitteilen😅
Absurd wirds aber, wenn man nun auch noch Kramaric in diese Liste aufnimmt, der wohl überall in der offensive einsetzbar ist. Dann könnte der Titel auch einigermassen sinnfrei lauten „wie offensive Spieler die Bundesliga aufmisch“.