Eigentlich galt Marc Roca bei Bayern München bereits als Fehleinkauf. Vor einem Jahr wechselte der zentrale Mittelfeldspieler für 9 Millionen Euro von Espanyol Barcelona nach München, konnte sich aufgrund der grossen Konkurrenz aber nicht durchsetzen.
Auch in der laufenden Saison kam der 25-jährige Spanier kaum zum Einsatz. Vor dem gestrigen Duell mit dem VfB Stuttgart standen beim Spanier lediglich 78 Spielminuten zu Buche. Weil den Bayern derzeit mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Marcel Sabitzer und Corentin Tolisso gleich vier defensive Mittelfeldspieler fehlen, durfte Roca gestern zum ersten Mal in dieser Saison von Beginn an ran. Und der spanische Sechser packte die Chance gleich beim Schopf.
Neben Serge Gnabry und Robert Lewandowski, die beim 5:0 die Tore unter sich aufteilten, avancierte Roca zum besten Mann auf dem Platz. Der frühere spanische U21-Nationalspieler fügte sich im defensiven Mittelfeld neben Youngster Jamal Musiala nahtlos ins Bayern-Kollektiv ein, brachte 92 Prozent seiner Zuspiele an den Mitspieler, gewann 60 Prozent seiner Zweikämpfe, spulte über zehn Kilometer ab und verbuchte mit deren vier die wenigsten Ballverluste auf dem holprigen Platz in Stuttgart.
Nach 75 Minuten musste Roca dann völlig ausgepumpt vom Platz. Von Trainer Julian Nagelsmann gab es nach dem Schlusspfiff trotzdem ein Sonderlob für seinen vormaligen Dauerreservisten. Sogar vor der Mannschaft: «Ich habe Marc in der Kabine hervorgehoben. Das mache ich selten, dass ich Einzelspieler vor der ganzen Mannschaft lobe, aber heute hat er es extrem verdient», so der Bayern-Trainer.
Ihm habe nicht nur Rocas grosser Einfluss aufs Spiel imponiert, sondern vor allem die charakterliche Stärke. «Marc haderte nicht mit seiner Situation, obwohl er allen Grund hätte, sauer auf den Trainer zu sein», so Nagelsmann, der ergänzte: «Ich liebe Spieler, die selbstlos sind und dem Trainer zeigen, dass es ein Fehler war, ihn so selten einzusetzen.»
Nagelsmann sah sich nach Rocas glänzender Vorstellung sogar gezwungen, sich selbst zu hinterfragen. «Da bin ich selbstkritisch genug», sagte der Bayern-Trainer. «Er hat mir heute gezeigt, dass es ein Fehler war, ihn so wenig zu bringen.» Roca habe ein «Riesenherz» und gebe im Training auch immer alles. «Er ist einer, der immer will. Der dir natürlich auch mal zeigt, dass er sauer ist», so Nagelsmann. «Er ist schon ein starker Charakter, also kein Mäuschen, das sich nur wegduckt.»
Roca selbst gab gestern unmittelbar nach dem Spiel keine Auskunft zu seiner starken Leistung, auf Twitter freute er sich aber standesgemäss über den Erfolg des Teams. «This is the way», schrieb er zu seinem Post.
This is the way! Very happy for the team’s victory #MiaSanMia #FCBayern pic.twitter.com/XYZMsQSmWG
— Marc Roca Junqué (@marcroca21) December 14, 2021
Die Neuentdeckung aus dem Stuttgart-Spiel darf sich nun berechtigte Hoffnungen machen, auch beim letzten Bayern-Auftritt des Jahres am kommenden Freitag in Wolfsburg in der Startformation zu stehen. Mit Kingsley Coman, der sich einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zugezogen hat, fällt ein weiterer Stammspieler aus, was die Personaldecke beim deutschen Rekordmeister weiter ausdünnt. (pre)