«Aber nur Fragen zum Cupfinal, zum anderen Zirkus sage ich nichts.» Diese Worte spricht Marcel Koller zum Schluss der Pressekonferenz des FC Basel im Hinblick auf das Endspiel vom Sonntag. Und wer es bis dahin noch nicht gemerkt hat: Der Noch-Trainer der Basler ist genervt. Entnervt. Ja, vielleicht trifft es das Wort «sauer» gar eher.
Verständlich, schliesslich zwingt ihn das Protokoll dazu, ein letztes Mal vor einem Spiel auf das Podium zu sitzen. Dabei hatte er keine Lust dazu, nachdem am Tag zuvor am selben Ort sein Nachfolger präsentiert worden war. Etwas, was Koller mit einem saftigen «ich habe mich gefragt, wieso das sein muss» quittiert. «Damit hätte man auch warten können, bis dieses so wichtige Spiel durch ist.» Denn dieses Spiel ist schliesslich der Cupfinal vom Sonntag, gegen keinen geringeren Gegner als den grossen Widersacher aus Bern, Meister YB.
Aber irgendwie hat man ja das Gefühl, dass dieses Spiel in Basel kaum jemanden interessiert. Zu viel ist in den letzten Wochen passiert. Der Verein zeigt Auflösungserscheinungen. Der Sportchef ist zurückgetreten. Der U21-Trainer ist weg. Ricky van Wolfswinkel wird ebenfalls gehen. Allesamt verkündeten sie ihre Abschiede via soziale oder traditionelle Medien – und überrumpelten den Klub damit.
Das tat auch derjenige, der sich selber via Exklusiv-Interview im Boulevard ankündigte: Neo-Trainer Ciriaco Sforza. Der FCB weist mehr Facetten auf als der als FC Hollywood bezeichnete FC Bayern. Nicht nur, weil Sforza einst da kickte. Und auch nicht im positiven Sinn.
Ebendieser Sforza wurde am Donnerstag vorgestellt und sagte brav, dass er «der Mannschaft ein Kompliment ausspreche, und auch Marcel Koller, der viel Energie gebraucht hat». Sforza fügte an, man möge am Sonntag den Titel holen. Bis dahin möchte er nach eigener Aussage nicht stören. Doch in den Augen Kollers tat er genau das: Stören. Schliesslich ist es sein Abschiedsspiel, das 101., und das in einem Final. Es hätte eine schöne Geschichte werden können. Hätte.
Dass der 59-Jährige seinem Unmut nun so laut Luft macht, passt nicht zu ihm. Koller wahrte stets Contenance und Ruhe, zumindest in der Öffentlichkeit. Von den höchsten Angestellten glänzte er am meisten mit Professionalität und Souveränität. Jetzt, da sich sein Engagement dem Ende neigt, scheint er keine Lust mehr zu haben, das perfekte Bild zu wahren. Anders sind seine Äusserungen nicht zu verstehen. Und sein ungewohnt deutliches Selbstlob.
Am Freitag sagte Koller, «dass ich nicht überheblich sein will. Aber man müsste uns einen Orden verleihen für alles, was wir ertragen und aushalten mussten.» Er spielt auf die sportlichen Abgänge an, die Abläufe im Joggeliturm und die Animositäten zwischen allem und jedem im Verein. Nur «das Team im Keller, wir da unten» halte noch zusammen und versuche das Maximum rauszuholen.
Man hat das Gefühl, dies sei der einzig positive Nebeneffekt, dass die Mannschaft und der Staff, deren Zusammenarbeit keinesfalls immer von Harmonie geprägt war, zusammengefunden haben. So ist es auch von den Spielern zu hören. Dass man nicht nur diesen Cupfinal gewinnen, sondern dies auch für den Coach schaffen möchte. Oder für Ricky van Wolfswinkel. Für jene Leute eben, die respektlos behandelt wurden und ein schöneres Ende verdient hätten.
Die Spieler selbst wollen sich zu den Störfeuern nicht äussern. Stellvertretend sagt Captain Valentin Stocker: «Für die Mannschaft geht es einzig um den Cupfinal. Alles andere will ich nicht ins Team tragen, das Drumherum geht uns nichts an.»
Dass sich die Mannschaft durch solche Dinge nicht ablenken lässt und in einem einzigen, entscheidenden Spiel liefern kann, hat sie in dieser Saison mehrfach eindrücklich bewiesen. Es wirkt gar viel mehr, als würden Spieler und Staff aus dem Zirkus, wie es Koller nennt, zusätzliche Kraft ziehen. So paradox es klingt. Der Wille und der Trotz waren lange nicht so gross. Es sind Brandbeschleuniger für das Feuer, welches es braucht, um als Underdog zu reüssieren und einer sportlich guten Saison die Krone aufzusetzen.
Ob all dieser Wut als Katalysator wirken Stockers Worte am Freitag fast wie eine Drohung: «Ich glaube daran, dass wir dazu imstande sind, zu gewinnen. Es wäre eine Genugtuung.» Für alle. Vor allem auch für Marcel Koller.