Nach seinem Auftaktsieg bei den French Open am Montag hatte Novak Djokovic «Kosovo ist das Herz Serbien» auf die Kameralinse geschrieben. Er sei weder Politiker, noch habe er die Absicht, in eine politische Debatte einzugreifen, sagte der Serbe danach. Und tat damit dennoch genau das.
Wie erwartet setzte sich Novak Djokovic am Dienstagabend 7:6, 6:0, 6:3 gegen den Ungar Marton Fucsovics durch und steht in der dritten Runde. Zuvor hatte der Tennisweltverband ITF mitgeteilt, dass Djokovic für seine Botschaft keine Sanktionen zu befürchten habe. Gilles Moretton, Präsident des französischen Verbands FFT, der die French Open ausrichtet, sagte gegenüber dem TV-Sender «France 2»: «Es gibt keine Sanktionen, weil wir wissen, dass er emotional ist und es etwas ist, das seine Familie betrifft.»
Moretton mahnte aber: «Das darf nicht noch einmal passieren.» Zuvor hatte die französische Sportministerin Amelie Oudea-Castera die Botschaft als «nicht angemessen» bezeichnet. Sie sei «militant» und «sehr politisch». Auch sie sagte gegenüber «France 2»:
Das tat es auch nicht. Und das musste es auch nicht. Auf die Botschaft angesprochen, sagte Djokovic am Mittwoch kurz vor Mitternacht:
Ihm sei bewusst, dass viele anderer Meinung seien, «aber das ist etwas, wofür ich einstehe.»
Heisst konkret: Novak Djokovic verteidigt seine Botschaft, mit der er die Unabhängigkeit des Kosovo in Frage stellt. Dieser hatte sich 2008 von Serbien abgespalten, Serbien betrachtet den Kosovo weiter als serbische Provinz. Anders als die Vereinten Nationen anerkennt die Schweiz wie die Mehrheit der europäischen Staaten die Unabhängigkeit des Kosovo.
Novak Djokovic hat sich in den letzten Jahren nie zum Kosovo geäussert. 2008 allerdings, nach seinem ersten Grand-Slam-Sieg bei den Australian Open, hatte er eine Videobotschaft für einer Kundgebung aufgenommen, die unter dem Motto «Kosovo ist Serbien» stand. Damals sagte er:
Djokovics Vater Srdjan stammt aus Montenegro, kam aber in Zvecan zur Welt, das heute zum Kosovo gehört. Mutter Dijana hat kroatische Eltern und wuchs in Belgrad auf. Djokovic begann in Kopaonik an der serbisch-kosovarischen Grenze mit dem Tennis. Die Gegend wurde währen des Balkankrieges von Nato-Truppen mit einem Bombenteppich überzogen.
Am Pfingstmontag war es in mehreren Gemeinden im Kosovo zu Protesten ethnischer Serben gekommen, die von Soldaten der NATO-Mission KFOR aufgelöst worden waren. Hintergrund: Die serbische Minderheit des mehrheitlich ethnisch-albanischen Kosovos lebt vorwiegend im Norden, dort bilden hingegen die Serben die Mehrheit. Viele Serben erkennen den Kosovo und dessen Regierung nicht an und wollen zu Serbien gehören.
Djokovics Botschaft fällt in eine Zeit wachsender Spannungen. Serbiens Präsident Alexander Vucic sprach jüngst von «Terror gegen die serbische Gemeinschaft» im Kosovo, versetzte die Armee des Landes in Bereitschaft und kündigte an, Truppen näher an die Grenze zum Kosovo zu verlegen.
Djokovic trifft am Freitag in der dritten Runde der French Open auf den Spanier Alejandro Davidovich Fokina (23, ATP 34), dem er im Vorjahr in Monte Carlo unterlegen war. Djokovic strebt seinen 23. Grand-Slam-Titel an, was ihn bei den Männern zum alleinigen Rekordhalter machen würde. (aargauerzeitung.ch)