Die Stammbeiz darf nicht öffnen. Konzerte dürfen nicht stattfinden. Schwingfeste auch nicht und Hochzeitsfeiern sind zu unterlassen. Unsere Sportstadien sind leer oder fast leer. Und Verwandtenbesuche zu Ostern über die Dorf- oder gar Landesgrenzen hinaus nicht erwünscht.
Wir verstehen: Es muss in Zeiten des Virus so sein. Es gilt für alle. Das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz formulierten schon die alten Griechen und aus der «Gleichheit vor Gott» hat sich im Laufe der Zeit die «Gleichheit vor dem Gesetz» ergeben. Die Französische Revolution hat diese Gleichheit zum politischen Ideal erhoben und unsere Bundesverfassung in Art. 8 aufgenommen: «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.»
Dass es vielleicht doch nicht so sein könnte, ahnte der grosse George Orwell. Die Quintessenz seiner beunruhigenden, ja verstörenden «Fabel Farm der Tiere» ist so einfach wie wohl wahr: «Alle sind gleich, aber manche sind gleicher».
Den Traum eines friedlichen Wettstreites und der Chancengleichheit lebten schon die alten Griechen. Mit den Olympischen Spielen.
Baron Pierre de Coubertin hat diese wunderbare Idee in der Moderne wieder belebt. Seit 1896 zelebrieren wir die Olympischen Spiele wieder. Der Baron war ein Idealist. Und doch ahnte er, dass das Geld seine schöne Idee verderben könnte. Deshalb schloss er Berufssportler (Sportlerinnen waren anfänglich nicht dabei), Geldwechsler, Händler und sonstige Geschäftemacher von den Spielen aus. Diese heftig umstrittene Amateurregel verwehrte Profis den Zugang zu den Olympischen Hainen. Erst seit 1988 gilt sie nicht mehr.
Anfangs ging es um alle möglichen Wettkämpfe und Auszeichnungen. Sackhüpfen, Kanonenschiessen und Seilklettern, goldene Ehre für Musik, Dichtungen, Architektur und Bergsteigen inklusive.
Daraus ist inzwischen das grösste kommerzielle Sportereignis der Geschichte geworden. Die nächsten Spiele finden im Sommer in Tokio und im nächsten Februar in Peking statt.
Diese Spiele haben eine faszinierende weltweite Strahlkraft, der sich kaum jemand entziehen kann. Ich habe es mehr als zehnmal erlebt und sollte eigentlich als Chronist auch nach Tokio und Peking fliegen.
Nach allem, was wir heute wissen, nach allem, was uns die Expertinnen, Experten und die Regierenden sagen, nach allem, was uns gesetzlich verordnet wird, scheint uns klar: Olympische Spiele dürfen in Zeiten des Virus eigentlich nicht stattfinden.
Mehr als 10'000 Menschen aus allen Ländern der Erde treffen sich am gleichen Ort und verweilen dort gemeinsam nicht bloss ein paar Stunden. Sondern gut und gerne zwei Wochen.
Sie tragen Wettkämpfe gegeneinander aus. Einzeln und in Teams. Es ist nicht möglich, ständig Masken zu tragen oder in sogenannten Blasen zu leben.
Sie wohnen, essen und schlafen im gleichen Dorf, das in der grösstmöglichen Dichte gebaut worden ist. Und wenn alles vorbei ist, zerstreuen sich alle wieder in alle Länder der Erde.
Für dieses sportliche Weltereignis müssen sich die Athletinnen und Athleten qualifizieren und vorbereiten. Das können sie nicht im stillen Kämmerlein in totaler Isolation tun. Sondern nur in Training und Wettkampf mit anderen.
Wenn es je einen «Superspreader-Anlass» gegeben hat, dann sind es die Olympischen Spiele.
Und nun sollen diese Spiele – welch eine Ironie – im Sommer in Tokio und im nächsten Februar in Peking durchgeführt werden. In der Hauptstadt eines der am dichtesten besiedelten Länder der Erde und in der Kapitale des Landes, in dem die globale Virus-Krise wahrscheinlich ihren Anfang genommen hat. Die Jugend der Welt versammelt sich sozusagen dort, wo ziemlich sicher alles begonnen hat.
George Orwell ahnte es: «Alle sind gleich, aber manche sind gleicher». Doch das IOC schliesst eine erneute Verschiebung oder gar Absage immer wieder aus. Es gebe keinen Plan B, sagt IOC-Präsident Thomas Bach, in dieser Funktion Olympia-General.
Aus den Olympischen Spielen ist die grösste Geldmaschine geworden, die der Sport je gesehen hat. Für das Recht, ein einziges Sportereignis am Fernsehen zu übertragen, werden Milliardensummen bezahlt.
Aber Geld spuckt diese Maschine nur aus, wenn sie laufen darf. Dass diese Maschine mit Milliarden aus den öffentlichen Kassen – also mit dem Geld der einfachen Leute – aufgebaut wird, sei nur nebenbei erwähnt.
Die Stammbeiz darf nicht öffnen. Konzerte dürfen nicht stattfinden. Schwingfeste auch nicht und Hochzeitsfeiern sind zu unterlassen. Unsere Sportstadien sind leer oder fast leer. Und Verwandtenbesuche zu Ostern über die Dorf- oder gar Landesgrenzen hinaus nicht erwünscht.
Wir verstehen: Es muss in Zeiten des Virus so sein. Es gilt für alle.
Wir haben es schon immer ein wenig geahnt, ohne deswegen gleich Verschwörer oder Anarchisten zu sein: Nein, es gilt nicht für alle. Wenn nun die Olympischen Spiele stattfinden, dann haben wir Gewissheit: Ja, George Orwell hatte doch recht: «Alle sind gleich, aber manche sind gleicher».
Die Stammbeiz um die Ecke darf Pleite gehen. Aber es darf nicht sein, dass Olympische Spiele noch einmal verschoben oder abgesagt werden und Millionäre dadurch weniger verdienen.
Die verstörende Idee der Olympischen Spiele um jeden Preis.
Nicht dass ich eine Durchführung für sinnvoll betrachte, ich möchte nur den Blickwinkel der überwiegenden Anzahl der Sportler hervorheben.
Dabei verlaufen diese nicht immer so glücklich wie die Handball WM der Männer.
Seit der Hallen Leichtathletik EM mit 700 Teilnehmenden ist es nun 14 Tage her und es sind bis jetzt mindestens 50 davon positiv getestet worden und es werden täglich mehr.
Es ist wichtig, dass Mann jetzt grösstmögliche Anlässe und möglichst hohe Durchmischung der Teilnehmenden anstrebt, sie ihre Karrieren riskieren um der Teppichetage die Geldbeutel zu füllen.