Nach ihrem Auftaktsieg am US Open spricht Belinda Bencic mit Keystone-SDA darüber, wie sehr ihr Tochter Bella fehlt, wenn sie nicht bei ihr ist, aber auch, dass es ihr manchmal zu viel wird, immer wieder über ihre Rolle als Tennis spielende Mutter zu sprechen. Dazu verrät die 28-jährige Ostschweizerin, dass sie die mögliche Qualifikation für die WTA Finals durchaus im Hinterkopf hat.
Belinda Bencic, Sie haben am US Open grosse Erfolge gefeiert (erster Grand-Slam-Viertelfinal 2014, Halbfinal 2019). Dazu haben Sie hier vor zwei Jahren erfahren, dass Sie Mutter werden. Das ist schon eine spezielle Beziehung, oder?
Belinda Bencic: Ja, definitiv. Ich habe mich hier immer wohl gefühlt, angefangen bei den Junioren. Die Stadt hat mich fasziniert, diese Energie, es ist so viel los. Und Martin (ihr Ehemann) liebt New York auch. Er hat sogar mal ein Jahr hier gelebt, um Englisch zu lernen. Wir sind beide jedes Jahr begeistert, dass wir hier sind. Aber auch vom Tennis her denke ich, dass mir die Bedingungen liegen. Im Gegensatz dazu ist etwa Cincinnati gar nichts für mich, es wird da jedes Jahr schlimmer.
Sie verloren Ihren ersten Match gegen Kudermetowa, die dann aber immerhin die Halbfinals erreicht hat.
Es war nicht so schlecht. Aber es ist wie, wenn du neue Schuhe anziehst. Du merkst gleich, ob sie passen. Du kannst dich durchkämpfen, aber es gibt einfach Turniere, die dir besser liegen als andere. Dann gibt es hier in New York noch die Night Sessions, die mir so viel Energie geben. Andere Spielerinnen fühlen genau das Gegenteil. Es ist schon so, man liebt es hier oder man hasst es.
Nach dem Halbfinal in Wimbledon lief es in Kanada und Cincinnati nicht optimal. Ist das etwas, das Ihnen zu denken gibt?
Eigentlich nicht. Für Montreal haben wir noch überlegt, ob ich das spielen will oder ob es nicht zu viel wird für uns und der Trip dann zu lang. Am Ende bin ich ohne Bella und Martin gegangen, sie kamen dann nach Cincinnati.
War dies das erste Mal, dass Sie ohne Bella unterwegs waren?
Nein, ich war schon ein paar Tage in Rom ohne sie. Es ist aber jedes Mal mega hart. Wir sind da noch etwas am Suchen. Es ist sicher nicht optimal für mich, ich fühle mich da nicht so gut.
Es fehlen Ihnen dann Bella und Martin.
Ja, ich fühle mich verloren ohne sie.
Wie waren die Reaktionen auf den Wimbledon-Halbfinal?
Es war mehr als erwartet. Ich mache es immer so, dass ich das Handy weglege und nicht mehr so viel lese und zurückschreibe, wenn ich bei einem Turnier weit komme. Nach dem Turnier war ich überrascht, dass es so viele Leute bewegt hat. Ich denke, in der Schweiz hat man es verfolgt, das hat mich sehr gefreut. Ich fand es schön, dass es wie so ein wenig ‹Mami back› war.
Sie werden ja auch immer wieder darauf angesprochen, dass Sie jetzt Mutter sind. Wird Ihnen das auch mal zu viel?
Ich versuche ja, recht offen zu sein, auch etwas zu geben und nicht nur mit Ja und Nein zu antworten. Aber wenn sie dich dann live am TV, noch dazu bei der BBC, so Sachen fragen wie: ‹Jetzt sind Sie im Halbfinal, aber wechseln Sie trotzdem noch Windeln?› Da muss ich dann schon sagen: Können wir jetzt bitte auch mal über den gewonnenen Viertelfinal sprechen? Ich liebe es, Mutter zu sein, aber irgendwann ist es dann auch mal genug. Alle Fragen beantworte ich nicht, sie sind dann auch mal zu privat.
Am Ende sind Sie ja trotzdem noch in erster Linie Spitzensportlerin.
Ja, genau. Natürlich gehört es zu meiner Identität, Mutter zu sein. Aber ich will auch dafür bekannt sein, eine gute Sportlerin und Tennisspielerin zu sein.
Wie sehen Ihre freien Tage in New York aus?
Wir wohnen gleich beim Bryant Park, den liebe ich sowieso, das ist mein liebster Ort in New York. Da hats gute Cafés, Restaurants, ein Kinderkarusell. Wir werden also da etwas unternehmen und dann trainieren. Ansonsten haben wir nicht mehr so viel vor, und abends nehmen wir es sowieso ruhiger.
Es ist jetzt bald ein Jahr, dass Sie wieder auf der Tour sind und kämpfen als Nummer 14 des Jahresrankings bereits wieder um die Teilnahme an den WTA Finals. Haben Sie das auf dem Radar?
Ich habe das indirekt im Auge. Ich weiss, dass ich das erreichen könnte, aber ich bin nicht diejenige, die die ganze Zeit Punkte zählt. Es ist nicht etwas, von dem ich sage, das muss ich jetzt schaffen. Aber es wäre natürlich mega cool.
Dann planen Sie, nach dem US Open die ganze Asientournee zu machen?
Das muss ich dann schauen. Ich muss sicher die 1000er-Turniere in Peking und Wuhan spielen, dazu auch Tokio wegen meinem Sponsoren Yonex. Da freue ich mich aber auch sehr darauf, denn ich war seit meinem Olympiasieg nicht mehr dort. Dazwischen ist noch eine Woche, da wäre noch das Turnier in Ningbo.
Es könnte also sein, dass Sie vier Wochen am Stück spielen?
Ich habe mich mal angemeldet, schaue aber dann, wie ich mich fühle. Wenn ich zweimal in der 1. Runde ausscheide, dann ist es gut. Wenn ich zweimal weit komme, dann sehen wir. (riz/sda)