Die bestechende Serie von Top-10-Klassierungen in der Abfahrt hat noch Bestand – 29 Rennen in Folge sind es aktuell. Doch für Beat Feuz, den besten Abfahrer der letzten drei Jahre, ist der Winter mit einem 3. Platz in drei Rennen vergleichsweise bescheiden angelaufen.
Kein Grund zur Beunruhigung für den Emmentaler. «Dafür bin ich zu lange dabei», sagt er. Seine Rennen kommen erst.
Beat Feuz, wie beschreiben Sie ihre bisherige Saison?
Beat Feuz: Es lief sicher nicht so gut wie in den letzten drei Jahren. Man muss aber berücksichtigen, dass die bisherigen Rennen ziemlich aussergewöhnlich und die Bedingungen nicht auf mich zugeschnitten waren. Ich sage es mal so: Es waren keine so wunderschönen Rennen dabei wie sonst mit Beaver Creek und Wengen.
Sondern?
Ich fühle mich auf ruhigeren Pisten wohler und wenn die Verhältnisse die gleichen sind wie in den Trainings. Das war bislang nicht der Fall. Unter diesen Voraussetzungen überraschte mich der Podestplatz in Val Gardena sogar. Der 6. Platz in Val d’Isère ist okay, nur beim 10. Platz in Bormio machte ich zu viele Fehler. Das kann passieren. Wichtig ist, dass ich diese Fehler nicht noch einmal mache.
Kein Grund zur Beunruhigung also.
Da mache ich mir keine Sorgen, nein. Dafür bin ich zu lange dabei, und das würde auch nichts nützen. Wie gut meine Form ist, weiss ich noch gar nicht genau. Aber ich fühle mich gut und freue mich, dass wir nach einigen Wochen wieder einmal eine Abfahrt bestreiten dürfen. Schön ist auch, dass wir nach der Wengen-Absage in Kitzbühel zumindest einen der beiden Klassiker fahren können. Das erste Training machte richtig Spass.
Der 4. Platz erstaunt, er ist ziemlich untypisch für ein erstes Training.
Ich glaube, die Gegner müssen sich deshalb nicht fürchten, schliesslich bin ich fast einen Monat lang kein Rennen und keine Abfahrt mehr gefahren und hatte ich mit der Startnummer 19 schon Referenzwerte von den vorangegangenen Fahrern. Aber ja, ich traf die Schlüsselstellen gut und hatte Spass, viel mehr als etwa auf der Eisbahn in Bormio und dem komischen Rennen dort. Ich bin positiv überrascht über die gute, sehr schön präparierte Streif. Sie war nicht ganz so eisig und im Vergleich zu anderen Jahren weniger grob, was ich begrüsse. Bis Freitag wird sich das aber sicher noch ändern.
In Kitzbühel standen Sie bislang sechsmal auf dem Podest. Viermal waren Sie Zweiter in der Abfahrt. Wie sehr wollen Sie diesen Sieg?
Nicht mehr und nicht weniger als in jedem anderen Rennen. Das Ziel ist es überall, einmal zu gewinnen, dazu gehören natürlich auch die Klassiker. Aber ich versteife mich nicht darauf und setze mich am Start nicht zusätzlich unter Druck. Ich konzentriere mich immer auf meine Leistung und nicht auf den Sieg.
Die Heimrennen in Wengen wurden abgesagt. Wie erlebten Sie das Hin und Her am vorletzten Wochenende mit den Fragezeichen am Samstag, dem grünen Licht am Sonntag und der Kehrtwende am Montag?
Der Montag, an dem wir anreisen sollten, war ein chaotischer Tag. Mir ging es wohl so wie allen anderen. Man ahnte, dass etwas nicht gut ist, wusste aber lange nicht, was Sache ist.
War die Enttäuschung gross?
Auf ein Rennen, das man dreimal gewonnen hat, freut man sich natürlich besonders. Diesmal wären es sogar zwei Abfahrten gewesen. Dass einer der beiden Klassiker ausfiel, war für den gesamten Weltcup sehr schade.
Der Ski-Weltcup kam bis zum Jahreswechsel vergleichsweise gut durch die Pandemie. Wie empfinden Sie die aktuelle Situation im Weltcup?
Es lässt sich erst im März sagen, wie gut wir durchgekommen sind. Ich bin selber gespannt, wie viele Rennen wir bis zum Saisonende fahren konnten. Bis zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir froh sein, dass wir überhaupt fahren können und dass Kitzbühel funktioniert. Ich hoffe, die beiden Abfahrten vom Freitag und Samstag finden auch wirklich statt.
Wie nehmen Sie die ungewohnt ruhige Atmosphäre ohne Zuschauer wahr? Vor allem Kitzbühel steht im krassen Kontrast zu den normalen Jahren.
Das tut dem Skifahrer-Herz natürlich weh, klar. Es ist etwas anderes, wenn du im Ziel abschwingst und da 50'000 Leute sind. Der Rummel, dieses Ramba-Zamba, ist zwar anstrengend, und wir haben jetzt mehr Freizeit im Weltcup. Aber er macht die grössten Rennen erst richtig speziell. Aber wie gesagt: Im Moment kann sich jeder glücklich schätzen, der seinem Job noch nachgehen kann. Ein bisschen gewöhnt man sich auch daran. Es gilt, fokussiert zu bleiben, denn die Pisten bleiben gleich schwierig.
Das Coronavirus schafft Distanz. Zugleich erwähnen die Teamkollegen wiederholt das gute Klima in der Gruppe. Worauf lässt sich das zurückführen?
Der Erfolg hilft natürlich, da habe ich auch schon das andere Extrem erlebt. Fast in jedem Rennen steht einer von uns auf dem Podest, und fast jeder im Team ist schon gut gefahren. Urs Kryenbühl war zweimal auf dem Abfahrts-Podest und ist auch im Super-G gut drauf. Carlo Janka präsentiert sich viel besser als noch in den Trainings im Herbst. Über Mauro Caviezel müssen wir sowieso nicht reden, auch wenn er gerade verletzt ist. Und Niels Hintermann hätte in Val d’Isère fast gewonnen. Obendrein haben wir manchmal auch noch einen Marco Odermatt dabei, der auf einer Erfolgswelle reitet. Ich hoffe jedenfalls, das gute Klima liegt nicht daran, dass wir immer im Zimmer hocken müssen und es darum keine Reibereien gibt. (lacht) (abu/sda)