Das gibt es nur ganz selten! Ein Captain, der unmittelbar nach einer Enttäuschung seinen Trainer derart offen, frontal und wiederholt angreift. Granit Xhaka provoziert mit seinen Aussagen unmittelbar nach dem 2:2 der Nati im Kosovo («Fussball wie im Park», «schlechte Trainings») den Aufstand gegen Murat Yakin. Was ist davon zu halten?
Die Beziehung zwischen Xhaka und Yakin ist durchaus kompliziert. Zwei Alphatiere, die gerne Chef sind und das bisweilen auch zelebrieren. Im Erfolgsfall – und wenn beide am selben Strick ziehen – ist das für ein Team befruchtend. In der Krise kann das aber plötzlich zum Problem werden. Genau an diesem Punkt befindet sich die Schweizer Nati nun. Und darum wird es jetzt gefährlich.
Als Yakin Nati-Trainer wurde, fehlte Xhaka zunächst lange, wegen Corona und einer Knieverletzung. Der Captain verpasste dadurch die entscheidenden WM-Qualifikationsspiele und musste sich hinterher wieder integrieren. Dabei geriet er ein erstes Mal mit Yakin aneinander («Trainer, die mich kennen, lassen mich auf einer anderen Position spielen»).
Es brauchte viel Geschick von Yakin und zwei persönliche Besuche vor Ort, um das Verhältnis zu kitten. Ist das nun, nach dem erneuten Angriff von Xhaka auf die Integrität des Trainers erneut möglich? Das ist die grosse Frage. Eine Frage, die Yakin für sich möglichst schnell beantworten muss. Weil die Antwort darauf die Zukunft dieser Schweizer Nati entscheidend beeinflussen wird.
Yakin könnte den Machtkampf provozieren. Er könnte Xhaka abstrafen, ihm die Captain-Binde entziehen oder gar eine Denkpause verordnen. Genügend Argumente dafür hätte er wohl. Trotzdem wäre er ziemlich schlecht beraten, genau das zu tun.
Warum? Granit Xhaka hat sich in dieser Nati einen Stellenwert erarbeitet, der höher kaum sein könnte. Er geht auf dem Platz voran. Und er setzt neben dem Platz den Ton. Xhaka ist der unbestrittene Leader einer Equipe, die sonst nicht gerade reich an Führungsspielern ist. Torhüter Yann Sommer ist einer, aber er ist viel zu diplomatisch, um Probleme auch einmal öffentlich anzusprechen. Manuel Akanji ist als Triple-Gewinner mit Manchester City eigentlich prädestiniert dafür, Yakin hat von ihm unlängst den nächsten Schritt gefordert, zu sehen ist davon allerdings noch wenig.
Darum bleibt nur die Erkenntnis: Wenn es um die Zukunft von Nationaltrainer Yakin geht – sein Vertrag läuft nach der EM 2024 aus – spielt Xhaka, der Meinungsmacher im Team, eine entscheidende Rolle.
Wenn Yakin Nationaltrainer bleiben will, dann muss er die Führungsspieler hinter sich scharen. Das kann nur gelingen, wenn er den Xhaka-Zoff moderat regelt. Wenn er es hinkriegt, Xhaka zwar zu sagen, dass er nichts von seinen Ausbrüchen hält, aber gleichzeitig öffentlich ganz viel Kreide frisst und seinen Captain weiterhin stärkt. So wie er das zuletzt vor dem Auftritt im Kosovo getan hat («gäbe es Xhaka nicht, man müsste ihn erfinden»).
Xhaka wiederholte seine Kritik an Yakin am späten Samstagabend mehrfach. Darum ist es zu kurz gegriffen, einfach von einem emotionalen Ausbruch nach einer aufwühlenden Reise in seine zweite Heimat Kosovo auszugehen. Die grosse Frage ist darum, was Xhaka mit seiner Kritik bezwecken wollte.
Im besten Fall für alle Beteiligten will er neun Monate vor der EM alle aufrütteln. Weil er merkt: Ausrutscher wie ein 2:2 gegen Rumänien und ein 2:2 gegen den Kosovo mit dummen Gegentoren in den letzten Sekunden hat sich diese Nati lange nicht mehr geleistet.
Im schlechteren Fall aber ist nach dem 1:6-Desaster im WM-Achtelfinal und den Wirren um die Nominationen und das Coaching von Yakin tatsächlich mehr hängen geblieben, als es der Trainer und viele weitere Offizielle wahrhaben wollen. Und der Rückhalt des Trainers im Team bröckelt. Der ganze Streit lässt sich auch so zusammenfassen: Wenn Xhaka will, sind Yakins Tage als Nationaltrainer bald gezählt.
Das wäre im Hinblick auf die EM in Deutschland, an der sich die Generation um Xhaka eigentlich krönen will, fatal. (aargauerzeitung.ch)
Wie alle anderen hat Granit nichts gerissen gestern. Es wäre seine Aufgabe gewesen, einem Ndoye zu sagen, dass man in der 95 Minuten nicht noch einen Ball verliert.
In meinen Augen eine sehr schwache Reaktion von ihm. Das ist nicht das erste Mal. Läuft es nicht, und gibt es Kritik, stellt er auf stur und greift frontal an. Das ist ein Charaktermangel, keine Stärke...