Bild: Bongarts
Ist der Schiri ein Feigling oder Roger Schmidt ein kindsköpfiger Trainer?
Kurz die Szene nochmals: Dortmund erhält in der eigenen Hälfte einen Freistoss. Dieser wird schnell und knapp sechs Meter zu weit vorne ausgeführt. Der Angriff endet mit dem 1:0.
Leverkusens Trainer Roger Schmidt tobt wie ein Wilder. Schiedsrichter Felix Zwayer schickt ihn mit einer Geste auf die Tribüne – Schmidt bleibt stur. Zwayer schickt Captain Stefan Kiessling mit der Botschaft zu seinem Übungsleiter – Schmidt bleibt stur. Zwayer unterbricht die Partie und schickt beide Teams in die Kabine. Neun Minuten später geht das Spiel weiter.
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Nach der Partie erklären Trainerkollegen wie Ralf Rangnick oder Thomas Tuchel, dass sie durchaus Verständnis für Schmidts Reaktion hätten und Bayer Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler lässt sich vor die Sky-Kameras zitieren, wo er eine Wutrede abliefert:
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Irgendwie hat man den Eindruck: Ja, der Schiedsrichter hat etwas falsch gemacht. Aber das hat er nicht. Er hat regelkonform gehandelt. Jaja, «Fingerspitzengefühl und so» fehlte vielleicht. Zwayer hätte Schmidt seinen Entscheid persönlich mitteilen können. Können. Er muss nicht. Ein Schiedsrichter muss seine Entscheide nicht begründen. Er pfeift, wie er es sieht und für richtig hält.
Der ehemalige Spitzenschiedsrichter Urs Meier sagt gegenüber watson: «Es hätte besser gewirkt, wenn der Schiedsrichter Schmidt persönlich des Feldes verwiesen hätte. Ich hätte das so gelöst. Die Geste aus einigen Metern Distanz war zu wenig. Aber wenn er Kiessling schickt, ist das regelkonform.» Dass Zwayer danach die Spieler in die Kabine bittet, findet Meier übertrieben: «Das hätte ich auf dem Feld gelöst.»
Aber jetzt fordert ein Trainer eine Erklärung. Das ist genau so, wie wenn ein Spieler oder – noch schlimmer – ein Journalist von einem Coach eine Begründung für die Aufstellung einfordert. Oder wie wenn der besser positionierte Mitspieler nach einer vergebenen Chance trotzig stehenbleibt, bis sein Teamkollege ihm erklärt hat, warum er ihn nicht anspielte.
Bild: Martin Meissner/AP/KEYSTONE
Die Szene nach dem Gegentor war nicht der einzige Grund für Schmidts Verweis auf die Tribüne. Er regte sich schon in der ersten Halbzeit mehrfach lautstark auf. Vielleicht glaubte er: «Je lauter ich schreie, desto eher pfeift der Unparteiische, wie ich will.»
Schmidt scheint ein von mir gerne verwendetes, kluges Sätzchen nicht zu kennen: «Nur wer keine Argumente mehr hat, muss schreien.» Kollege Toggweiler erklärte mir zwar kürzlich, dass dieses unter Erwachsenen stimmen mag, aber bei Kleinkindern nicht. Und anscheinend auch nicht bei Fussballern.
Sie meinen, sich aufführen zu können, wie sie wollen. Respektlosigkeit gegenüber dem Schiedsrichter scheint – auch im Amateurbereich – dazu zu gehören. «Ich beleidige den Schiri, also bin ich», so das dumme Motto.
Der Schiedsrichter hat nichts falsch gemacht, aber er ist trotzdem auch nicht der Gewinner. Es gibt nur Verlierer bei dieser Aktion. Bayer-Spieler Christoph Kramer sprach nach der Partie von «einer Art Kräftemessen», Schmidt meinte er sei «etwas zu stur gewesen». Nur um nachzuschieben: «Aber es gab auch Gründe.» Und der impulsive Trainer bezeichnete den nicht gegebenen Handelfmeter für sein Team als «Wahnsinn».
Ja, das ist irgendwie wirklich krass, dass die Spielleiter dies nicht erkannten. Vielleicht würde der Videobeweis helfen. Ein Trainer erhält Challenges wie beim Tennis. Schmidt hätte eine solche einfordern können, der Penalty wäre mit ziemlicher Sicherheit ausgesprochen worden.
PS: Diese Woche ist wieder Europacup. Da prangt bei den Spielern am Ärmel ein grosses «Respect». Vielleicht sollte jemand den Kickern und Trainern mal erklären, was das bedeutet.

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