Hinter Weltcupsieg Nummer 44 von Marco Odermatt steht der Name einer Destination, die bisher noch nicht dort aufgeführt war: Kitzbühel. Erstmals gewann der Nidwaldner bei den prestigeträchtigen Hahnenkamm-Rennen im Tiroler Nobelort.
Odermatts Fahrt im Super-G war nicht fehlerlos – aber es kam auch keiner seiner Konkurrenten ohne Schnitzer ins Ziel. Und so reichte es dem grossen Dominator der Gegenwart am Ende trotzdem knapp zum Sieg, elf Hundertstel betrug sein Vorsprung auf den zweitklassierten Österreicher Raphael Haaser, der einen Schweizer Dreifachsieg verhinderte.
Doch der Super-G in Ehren: Marco Odermatts ganz grosses Ziel ist der Sieg in der legendären Hahnenkamm-Abfahrt. Olympiagold besitzt er seit 2022 bereits, Weltmeister ist er schon zwei Mal geworden, er gewann die Lauberhorn-Abfahrt und den Riesenslalom am Chuenisbärgli in Adelboden.
Ein Sieg in der Abfahrt von Kitzbühel, der schwierigsten der Welt, fehlt noch auf seiner umfangreichen Visitenkarte. Ihn zu erringen, erklärte «Odi» zu einem seiner grossen Ziele in dieser Saison. «Für mich hat dieser Sieg in diesem Winter den grössten Stellenwert, weil er mir noch fehlt», bestätigte er heute im SRF.
Entsprechend wird der 27-Jährige am Samstag (Rennbeginn 11.30 Uhr) alles daran setzen, diesen Triumph zu schaffen. Denn wer soll ihn stoppen können? Ihn, der vor einer Woche schon den Sieg am Lauberhorn an sich gerissen hat? Am ehesten wird dies dem jungen Berner Oberländer Franjo von Allmen zugetraut, der in den letzten drei Abfahrten jeweils Zweiter wurde und heute im Super-G Rang 4 belegte.
Das ist die Ausgangslage und in dieser Ausgangslage liegt eine grosse Gefahr. Die Streif verzeiht Fehler noch weniger als andere Pisten im Weltcup. Schon manche Karriere endete mit einem Sturz hier.
Gerade die Passage am Ende, von der Hausbergkante über die Traverse zum Zielschuss, wurde schon vielen Fahrern, auch grossen Stars wie etwa Aksel Svindal, zum Verhängnis. Heute im Super-G musste Alexis Pinturault nach einem Sturz mit dem Helikopter abtransportiert werden, seine Saison ist wegen Knie- und Beinverletzungen zu Ende.
Auch seinen französischen Landsmann Florian Loriot erwischte es schwer. «Die vielen Stürze nehmen etwas die Euphorie», meinte Odermatt, «aber vielleicht hilft die Situation auch dabei, den Fokus zu behalten.»
So wie Marco Odermatt auf der Piste attackiert, fährt auch stets das Risiko mit. Er ist zweifellos ein Grossmeister seines Sports, aber ohne den Teufel an die Wald zu malen: Er durfte in der Vergangenheit auch schon auf das nötige Glück zählen. Wie oft stockte TV-Zuschauenden schon der Atem, wenn Odermatt im Stile des Entfesselungskünstlers Harry Houdini im letzten Moment gerade noch seinen Ski an einer Torstange vorbeibrachte?
«Es geht darum, demütig zu bleiben», betonte Odermatt im SRF. «Die Streif ist eine brutale Piste, das ist nichts Neues.» Der 20. Januar 2023 dürfte ihm eine Warnung sein. Damals konnte er in Kitzbühel mit all seiner Klasse einen Sturz verhindern, verletzte sich jedoch am Knie. Um die WM-Teilnahme nicht zu gefährden, schonte er sich daraufhin – um mit zwei Siegen in den Weltcup zurückzukehren und kurz darauf Weltmeister in Abfahrt und Riesenslalom zu werden.
Marco Odermatt kann sich derzeit nur selber schlagen. Wenn er, was jedem am Start zu wünschen ist, heil ins Ziel kommt, stehen die Chancen auf Weltcupsieg Nummer 45 ausgezeichnet. Es wäre zugleich das historische Triple mit Siegen in Adelboden, Wengen und Kitzbühel im gleichen Winter. Das schafften bisher nur Jean-Claude Killy 1967 und Marc Girardelli 1989.
Ich bin sonst nicht so, aber der Österreicher hätte auch gerne auf Platz vier fahren dürfen...
Trotzdem drei Schweizer auf den ersten vier Rängen, einfach traumhaft.
Trotzdem scheint es aber eher so zu sein, dass die Dominanz von Odi viele anderen Athleten zur absoluten Grenze und darüber hinaus treibt. (Kilde, Sarrazin, Schwarz...). Ich schätze deswegen das Risiko für Von Allmen und nun auch Haaser als noch grösser ein.