Die Ausdauer und die Geduld sind bewundernswert. Einen Klassiker nach dem andern, ob Volksmusik oder Pop, bläst Trompeten-Sigi im Foyer des Hotels Schweizerhof in dieser und in der nächsten Woche im «House of Switzerland». Sigis Chörli, bestehend aus leicht angeschlagenen Skifans, lässt auch nicht locker. Aber der ganze Einsatz bringt nichts: Sie kommt nicht. Lara Gut kommt nicht.
Auch nicht 20 Meter weiter drüben ins «House of Fans», wo sie am frühen Abend einmal angekündigt worden war. «Ich glaub, es ist wegen ihres Knies, es hat geheissen, sie muss in die Behandlung, wir haben jedenfalls die reservierten Stühle wieder freigegeben», sagt der muskelbepackte Türsteher. Entsprechend ist drinnen nur wenig los. Einen Augenschein, länger bleiben die Leute nicht.
Ja, der Sturz vor gut einer Woche in Cortina hallt nach. Auch am Abend, nachdem Gut die Bronzemedaille im ersten WM-Rennen gewann. Quasi vom Krankenbett direkt auf die Piste «Britannia» verlief ihr Weg, denn auf den Ski stand Gut seit dem Sturz nicht mehr. Entsprechend stark die Wehwehchen nach dem Super-G, stärker als gedacht, heisst es am Abend im «House of Switzerland», die Schmerzen erlauben jedenfalls keinen Besuch im St.Moritzer Nachtleben. Stattdessen ist Pflege angesagt, schon heute steht Gut im Abfahrtstraining wieder auf den Ski.
Die Verantwortlichen von Swiss-Ski, Gastgeber im «House of Switzerland», haben gegenüber ihren Gästen – darunter Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl und Skilegende Erika Hess – bewusst defensiv kommuniziert. Ahnend, dass Gut nach der Medaillenfeier definitiv absagen wird. Und so wird der Abend des ersten WM-Tages nicht zur rauschenden Medaillenparty, sondern zum gemütlichen Beisammensein. Oder zum Warmlaufen für das, was da noch kommen soll: weitere Medaillen, auch von Gut, und dann erst rauschende Partys.
Zwei Stunden zuvor, es ist 18.30 Uhr, wird es still im Kulm-Park. Fanfaren ertönen, Scheinwerferlichter in allen Farben wirbeln über den Platz, die Medaillengewinnerinnen betreten die Bühne am Fusse der imposanten Holzskulptur, eine Nachahmung der St.Moritzer Skilegende Edy Reinalter. Gut 2000 Menschen sind gekommen, um Gut und die erste Schweizer WM-Medaille zu feiern. Als ihr Bronze um den Hals gehängt wird, brandet zum x-ten Mal lauter Jubel auf.
Die Menschen freuen sich für sie, genauso wie für die anderen Medaillengewinnerinnen Tina Weirather (Silber) und Nicole Schmidhofer (Gold). Hier ist scheinbar niemand traurig, dass Gold nicht in der Schweiz blieb. Keine Viertelstunde später ist fertig. Es war eine kurze, aber herzliche Feier. Nicht künstlich aufgeblasen, und das ist gut so.