Was ist das für eine Story! Am Donnerstagabend läuft Mahiedine Mekhissi-Benabbad im Rennen über 3000 m Steeple seinem dritten Europameistertitel entgegen. Er ist so überlegen, dass er schon vor dem letzten Hindernis aus seinem Trikot schlüpft und oben ohne über den Zielstrich rennt.
Zu viel für die Leichathletik-Funktionäre, denen der Franzose schon seit Jahren oft Kummer bereitet. Sie disqualifizieren Mekhissi. «Meine Moral war auf Null», sagte der Franzose nun heute, er habe nach der Aberkennung seiner Goldmedaille geweint. Er fand die Moral in der Zwischenzeit wieder, sagte sich: «Ich will mit einem Titel aus Zürich abreisen.»
Gesagt, getan. Über 1500 m tritt Mekhissi heute Nachmittag zu Beginn der letzten Runde unwiderstehlich an. Als er bemerkt, dass sich hinter ihm ein Sturz ereignet, «kickt» er und schon ist er auf und davon.
Nach seinem Triumph ist Mekhissi im SRF-Interview kein Mann der leisen Töne. «Ich bin gefallen, aber ich ging nicht K.o.», so der 29-Jährige. Während der letzten hundert Meter seien ihm viele Dinge durch den Kopf gegangen, sagte er an der anschliessenden Medienkonferenz. «Ich wollte allen zeigen, was ich kann. Ich habe gezeigt, dass ich ein kompletter Athlet bin.»
Dass er nach dem Riesenwirbel um die Disqualifikation nun über 1500 m triumphieren konnte, bezeichnet Mekhissi als «Reaktion eines grossen Champions.» Teile des Publikums im Zürcher Letzigrund zeigten indes eine andere Reaktion: Der Showman wurde beim Überqueren der Ziellinie ausgepfiffen. «Die meisten im Stadion haben mich unterstützt», meinte Mekhissi bloss und sagte: «Die Leute, die gepfiffen haben, haben keine Ahnung vom Sport und kamen nur, um ein paar Chips zu essen.»
Fragen zum Trikot findet er übrigens überhaupt nicht lustig. Ob er daran gedacht habe, es erneut auszuziehen, wird Mekhissi gefragt. «Ich habe das Gefühl, niemand gönnt mir den Sieg», sagt der Franzose. «Ich habe gewonnen, das ist, was zählt.»