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Am Rande der Todeszone: Der Gnadenlose gegen den Göttlichen – eine Szene für die Ewigkeit

Valentino Rossi lässt sich als Sieger feiern: Aber mit etwas Pech in der Schlusskurve wäre er übel gestürzt.
Valentino Rossi lässt sich als Sieger feiern: Aber mit etwas Pech in der Schlusskurve wäre er übel gestürzt.Bild: STRINGER/REUTERS

Am Rande der Todeszone: Der Gnadenlose gegen den Göttlichen – eine Szene für die Ewigkeit

Assen hat uns wieder einmal ein Töff-Drama, eine Szene für die Ewigkeit beschert. Valentino Rossi feierte nach einem grandiosen Showdown in der letzten Runde den wohl grössten Sieg seiner Karriere.  
27.06.2015, 18:1428.06.2015, 09:40
klaus zaugg, Assen
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Die letzte Runde. Marc Marquez (22) gegen Valentino Rossi (36). Der Gnadenlose gegen den Göttlichen. The Clash of Titans. Daraus wird eine Szene für die Ewigkeit – und für immer umstritten. 

Valentino Rossi fährt als erster in die Schikane vor dem Ziel. Marc Marquez drückt innen durch und berührt Rossi. Der richtet die Maschine auf (in Schräglage wäre er im Kiesbett gestürzt), nimmt geradewegs die Abkürzung über die Schikane und gewinnt. Der Göttliche triumphiert über den Gnadenlosen. Aber ging alles mit rechten Dingen zu? 

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Der Zweikampf in der letzten Kurve.gif: SRF

Die Reglemente sagen, dass es eigentlich nicht gestattet ist, geradeaus durch die Schikane zu rattern und so abzukürzen. 2009 wurde Nicolas Terol in der 125er-Klasse für eine vergleichbare Aktion gegen Julian Simon an gleicher Stelle im Kampf um Platz zwei mit 20 Strafsekunden bestraft und vom zweiten auf den fünften Platz zurückversetzt. 

Alle sind gleich, aber manche sind gleicher

Aus dem richtigen Leben kennen wir den Spruch: Vor dem Gesetz sind alle gleich und manche sind gleicher. Ebenfalls gilt: Vor dem Reglement sind alle Sportler gleich und manche sind gleicher. Nach einer solchen Aktion den charismatischsten und besten Rennfahrer aller Zeiten per Reglement um den Sieg zu bringen, ist einfach nicht denkbar. Nicht machbar. 

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Der Zweikampf aus einer anderen Perspektive.Gif: SRF

Diese Aktion könnte rein juristisch zwar durchaus sanktioniert werden. Aber sportlich nicht. Ganz und gar nicht. Es war ein Zusammenstoss, eine Rennszene für die Ewigkeit, mit jener Unberechenbarkeit und Grenzwertigkeit, die diesen Sport so faszinierend machen. Vergleichbar mit einer Strafraumszene im Fussball: Penalty oder nicht? Man hätte in Assen ein Penalty (eine Sanktion von Rossi) geben können – oder eben nicht. In einem gewissen Sinne auch ein Ermessensentscheid. Honda-Manager Livio Suppo hat das Video studiert und anschliessend erklärt, man akzeptiere die Situation. 

Zweikampf am Rande der Todeszone

Die Dramatik ist nicht zu unterschätzen: Es war ein Zweikampf am Rande der Todeszone. Beim Anblick der TV-Bilder geht leicht vergessen, wie nahe Valentino Rossi und sein Rivale bei dieser Aktion bei Tempo über 100 km/h am Abgrund, am Sturz waren. Mit dem Reglement den dramatischen, historischen wunderbaren Augenblick zu «entheiligen» – das wäre die Töff-Torheit des Jahres gewesen. 

Valentino Rossi: Ab durchs Kiesbett.
Valentino Rossi: Ab durchs Kiesbett.Bild: MICHAEL KOOREN/REUTERS

Die Frage an Valentino Rossi war, ob es das beste Rennen seines Lebens gewesen sei. Was er nicht bejahte. Aber es ist wohl so. Er hat die Pole-Position herausgefahren, im Rennen den um 14 Jahre jüngeren Herausforderer, den wildesten der wilden Jungen, gezähmt, in die Schranken gewiesen und am Schluss mit einer so kaum je geschauten Mischung aus Wildheit und Kaltblütigkeit seinen 112. GP-Sieg in der letzten Runde erzwungen. 

Marquez fährt wie der Teufel, aber spricht wie ein Engel

Und Marc Marquez, der fährt wie der Teufel und spricht wie ein Engel, nahm die spektakulärste Niederlage seiner noch jungen Karriere mit einem Lächeln hin. Ohne ein Wort des Vorwurfs. Und findet eine wunderbare Formulierung. «Ich war zwar auf der Ideallinie. Es ist wie es ist und ich möchte es so sagen: Wir haben beide das Rennen gewonnen.» Zwei Sieger. Ja, das ist es. 

Es war die letzte Rennrunde, die in Assen an einem Samstag gefahren worden ist. Nun wird, nach 90 Jahren, auch hier am Sonntag gefahren. Es ist eine jener Szenen, über die wir noch nach Jahren sagen werden: Ja, ich habe es gesehen, ja ich war vor dem TV-Apparat oder ja, ich war dort. Eine Szene auch, die das wohl erstaunlichste und verrückteste Comeback eines Superstars dokumentiert. Auf andere Sportarten übertragen: Was Valentino Rossi diese Saison leistet ist so, wie wenn Roger Federer noch einmal Wimbledon gewinnen und die Nummer 1 der Welt würde.  

Auf dem Podest sind die zwei Superstars wieder Freunde.
Auf dem Podest sind die zwei Superstars wieder Freunde.Bild: Waldemar Da Rin/freshfocus

Rossi hält den Lauf der Zeit an

Vor drei Jahren schien die Karriere des neunfachen Weltmeisters nach einem Beinbruch und dem missglückten Ducati-Abenteuer zu Ende zu sein. Er kehrte 2013 zu Yamaha zurück und gewann in Assen. Aber der Sieg wurde als Wunder gewertet. Ein Titelgewinn, eine Rückkehr ganz nach oben, schien völlig unmöglich. Denn inzwischen dominierte Marc Marquez die Königsklasse, holte den Titel 2013 und 2014. Ja, letzte Saison gewann er 13 von 18 Rennen und Valentino Rossi bloss zwei. 

Und jetzt ist der Italiener mit einem Punkt Vorsprung als WM-Leader nach Assen gekommen und geht mit zehn Punkten Vorsprung auf seinen Teamkollegen Jorge Lorenzo. Marc Marquez ist mit 64 Zählern Rückstand bereits entthront. Josua hielt einst für kurze Zeit den Lauf der Sonne am Himmel auf. Valentino Rossi hat in Assen mit der Fahrt seines Lebens den Lauf der Zeit, den Alterungsprozess angehalten. Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz: Wer Assen als WM-Leader verlässt, gewinnt den Titel. 

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