Das Rätsel der Fifa-Klage. «Angeblich eingereicht, aber nie eingetroffen: Mysteriöse Klage der Fifa gegen Sepp Blatter», schrieben die CH-Media-Zeitungen vor anderthalb Wochen, am 31. Dezember.
Es ging um die Klagen über zwei Millionen plus Zinsen, die die Fifa laut eigener Mitteilung am 16. Dezember 2019 gegen Josef Blatter, ehemaligen Fifa-Präsidenten eingereicht haben will. Eine zweite Klage richtete sich gegen Michel Platini, ehemals Blatters Vize. Während die Klage gegen Platini tatsächlich einging, gab Blatter an, nie etwas erhalten zu haben.
Kurz darauf – das neue Jahr war erst zwei Tage alt – meldete sich ein Sprecher der Fifa auf der Redaktion. Fifa-Sprecher Giovanni Marti gab an, die Fifa sei sehr wohl gegen ihren ehemaligen Präsidenten vorgegangen. Noch vor Weihnachten sei ein Brief an Blatters Anwalt gegangen, und dieser habe das Schreiben sogar quittiert. Deutlich wurde: Fifa-Chef Gianni Infantino und seine Truppe waren nicht amüsiert über die Kritik.
Schriftlich bestätigt die Fifa kurz darauf den Sachverhalt so: «Wir bestätigen, dass dem Anwalt von Herrn Blatter am 19. Dezember 2019 eine schriftliche Kopie der Klage übermittelt wurde und der Anwalt den Empfang am selben Tag bestätigt hat.» Präziseres will die Fifa nicht sagen: «Bitte verstehen Sie, dass wir zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen können.»
Rückfrage also bei Sepp Blatter. Hat er nicht doch Post von der Fifa erhalten, ging die Klage womöglich im Weihnachtstrubel unter und vergessen? Der streitbare ehemalige Fifa-Chef fragte in der Folge bei seinem Anwalt Lorenz Erni nach. Aber auch der wusste nach wie vor nichts von einer neuen Klage, die die Fifa am 16. Dezember 2019 deponiert und ihm am 19. Dezember zur Kenntnis gebracht haben will.
Die einzige Spur, die Blatter fand: Auf die Frage hin, was denn mit der Klage sei, erhielt Blatters Anwalt am 19. Dezember von einer Genfer Fifa-Anwältin die Kopie einer Eingabe bei der Schweizer Bundesanwaltschaft.
Diese Eingabe datierte vom 16. Dezember. Die Fifa bezifferte darin ihre zivilrechtliche Adhäsionsklage gegen Blatter auf zwei Millionen plus Zinsen. Das heisst wohl: Die Fifa macht ihre Forderung im seit 2015 gar nicht in einer separaten Klage geltend. Sondern im laufenden Strafverfahren gegen Blatter, bei dem sie als Privatklägerin auftritt.
Was also ist wirklich Sache? Die Bundesanwaltschaft ist bei der Klärung des Rätsels keine grosse Hilfe. Auf die Frage, ob die Fifa im Dezember eine Klage gegen Blatter einreichte, antwortete die Pressestelle von Bundesanwalt Michael Lauber: «Bei der Bundesanwaltschaft ist keine solche Klage eingegangen.»
Und auf die Nachfrage, ob die Fifa im Dezember also eine früher eingereichte Adhäsionsklage beziffert habe, teilte die Behörde mit: «Wie gesagt: Bei der Bundesanwaltschaft ist bis dato nichts dergleichen eingegangen.»
Eine Klage, von der ausser der Fifa keiner etwas weiss?
Blatter wundert sich etwas, wie die Fifa unter seinem Nachfolger fuhrwerkt. Dass der Verband entgegen seiner Ankündigung keine separate Klage gegen ihn einreichte, wertet er allerdings als Entlastung.
Der ganze Streit dreht sich um die umstrittene Zahlung von zwei Millionen Franken, die der ehemalige Uefa-Präsident Platini im Jahr 2011 von der Fifa erhalten hatte. Laut Platini und Blatter handelte es sich um die Nachzahlung eines Honorars aus den Jahren 1998 bis 2002. Platini war damals als Berater von Blatter tätig.
Blatter stellt sich auf den Standpunkt, die zuständigen Fifa-Gremien inklusive der Fifa-Kongress seien über die Zahlung im Bild gewesen, sie sei vor Jahren ordentlich bewilligt worden. «Wenn die Fifa klagen will, muss sie gegen sich selber klagen», sagt Blatter.
Aber eben, ich bin ja kein Profi wie die Fifa-Funktionäre. 🤷♂️