Schwingen rockt in Bern – wird gar das Wankdorf gefüllt?
Wie die Berner Zeitung vermeldet, begann der Vorverkauf fürs Bernisch-Kantonale vom 5. Juli 2026 im Wankdorf am Mittag des 1. Dezember. 15 Minuten später waren bereits 2600 Tickets abgesetzt – am Abend gar über 10’000.
Das ist umso erstaunlicher, weil am gleichen Datum auch das Teilverbandsfest der Innerschweizer durchgeführt wird. Eigentlich besteht die Absicht, dass die elf wichtigsten Feste in einem Jahr ohne Eidgenössisches (6 Teilverbands- und 5 Bergfeste) nicht am gleichen Tag durchgeführt werden. Aber bis heute ist diese Terminabstimmung nicht gelungen.
Das Organisationskomitee hat nun entschieden, weitere Tickets im Vorverkauf anzubieten. Weitere Teile des Sektors C werden geöffnet. Inklusive Kontingente für Sponsoren, Gabenspender und Ehrengäste sind, Stand heute Dienstag, bereits knapp 16’000 Tickets unter den Leuten.
Geplant war fürs Kantonale 2026, dass im Wankdorf die fünf Sägemehlringe auf der Seite vom Sektor B (West) angelegt werden. Sie könnten wegen des grösseren Publikumsaufmarschs nun aber eher in die Mitte des Stadions verlagert werden. Anzunehmen ist, dass, anders als ursprünglich geplant, auch der Sektor D geöffnet wird.
Die Tickets kosten 55 Franken für einen gedeckten und 40 Franken für einen ungedeckten Tribünenplatz. Stehplatzkarten werden erst an der Tageskasse erhältlich sein.
Der Zuschauerrekord für ein Bernisch-Kantonales wird also mit Sicherheit deutlich gebrochen. Schwingen rockt im Bernbiet – obwohl die Berner ausnahmsweise (es handelt sich um einen Irrtum der Schwingergeschichte) keinen König haben. Es geht also nicht um einen «Personenklut» rund um den Königsthron. Sondern um die ehrliche Liebe zum bodenständigen Brauchtum im Bernbiet.
Zur Erinnerung: 2007 hatte das Bernische Teilverbandsfest in Court (organisiert vom jurassischen Verband) vor gerade mal 2500 Zuschauern stattgefunden. 2017 pilgerten 12'400 Zwilchhosen-Fans ins Emmentaler Bauerndorf Affoltern (rund 1 300 Bewohnende) und sahen, wie sich Wenger Kilian und Stucki Christian den Sieg teilten. Die Rekordfeste fanden im letzten Jahrhundert statt: 1968 kamen in Hasle-Rüegsau rund 15'000, um König Hunsperger Rudolf zu huldigen (er klassierte sich im Rang 4b, das Fest gewann Stucki Hans). Den absoluten Rekord erreichte das Kantonale 1971 in Münchenbuchsee, als schätzungsweise über 16'000 vor Ort waren. Roschi Davis (ein Jahr später in La Chaux-de-Fonds zum König gekrönt) gewann und König Hunsperger kam auf Rang 2b.
Wird es 2026 gar möglich sein, das Wankdorf (Kapazität 31'500 Plätze) zu füllen und alle Rekorde zu sprengen? Das ist nicht unmöglich. Einst kamen 1998 im alten Wankdorf für das Eidgenössische Schwingfest 38'000 Besucherinnen und Besucher.
Durchgeführt wird das Kantonale 2026 im Wankdorf vom Mittelländischen Schwingerverband. Das ist ungewöhnlich, weil solche Feste grundsätzlich von den Schwingklubs im betreffenden Verband organisiert. 2026 sind turnusgemäss die Mittelländer mit dem Kantonalen dran. Für die Durchführung schliessen sich in der Regel die Vereine eines Dorfes oder der Umgebung mit einem Schwingklub zu einem OK zusammen, stellen die Helferinnen und Helfer und teilen dann den Gewinn nach Abzug der statutarisch geregelten Abgabe an den Kontonalverband unter sich auf. Weil kein Klub bereit war, das Kantonale 2026 zu übernehmen, führt der Mittelländische Schwingerverband das Kantonal nun 2026 halt in Gottes Namen selbst durch.
Nun wird es in der Verbandkasse inflationsbereinigt klingen wie noch nie in der Verbandsgeschichte, die 1893 begonnen hat. Der Vorteil beim Fest im Stadion: Die gesamte Infrastruktur inkl. Parkplätze ist vorhanden und muss nicht auf freiem Feld rund um eine Festhütte herum aufgebaut werden. Zudem dürften die Sicherheitskosten etwas geringer sein als bei einem YB-Heimspiel. Wahrlich, Big Business im Sägemehl. Bei den Schwingclubs im mittelländischen Verbandsgebiet wird hingegen Reue einkehren.
Auch 2027 findet das Berner Kantonale in einem Fussballstadion statt: Der Schwingclub Reichenbach organisiert das Fest in der Stockhorn Arena zu Thun.
