Wer die Lauberhorn-Abfahrt gewinnen will, der benötigt viel Mut, Risikobereitschaft, eine perfekte Technik und eine gute Kondition. Auf der 4,48 Kilometer langen Strecke müssen die Fahrer so manch heikle Passage bewältigen.
Hundschopf, Minschkante, Kernen- und Ziel-S sind die bekanntesten. Nur wer die Schlüsselstellen perfekt erwischt, kann die längste Abfahrt der Welt gewinnen. Anhand von Beat Feuz' Siegfahrt von 2012 zeigen wir Ihnen, wo was zu tun ist.
Der Beginn der längsten Abfahrt der Welt ist trügerisch und nicht allzu steil. Unter dem atemberaubenden Panorama von Eiger, Mönch und Jungfrau müssen die Fahrer mit Schnellkraft und gut koordinierten Schlittschuhschritten selbst für das nötige Tempo sorgen.
Nach dem Russi-Sprung gehts in den Traversenschuss. Innert 5 Sekunden steigert sich das Tempo von 100 auf über 130 Stundenkilometer. Fast 40 Sekunden müssen die Fahrer in der Hocke locker auf dem Ski stehen, um nicht schon früh die entscheidenden Zehntel zu verlieren. Natürlich spielt dabei das Material eine zentrale Rolle.
Das Markenzeichen der Lauberhorn-Abfahrt. Technisch zwar nicht sehr anspruchsvoll, doch die Einfahrt muss stimmen, Risikobereitschaft und die Sprungtechnik auch. Bis zu 50 Meter weit gehen die Sprünge.
Unmittelbar nach dem Hundschopf folgt die Minschkante, die so heisst, weil der Bündner Jos Minsch 1965 im Training hier unsanft abgeworfen wurde. Mit einem Beckenbruch landete er im Spital. Die Mischung aus Sprung und Kurve ist technisch äusserst anspruchsvoll und die Linienwahl vor der anschliessenden Kompression hat schon so manches Rennen entschieden.
Mit 100 km/h rasen die Fahrer über den Alpweg aufs Kernen-S los. Früher hiess es Brüggli-S, nach dem Rücktritt von Bruno Kernen wurde es nach ihm benannt, weil er 1997 hier schwer gestürzt, aber beinahe unverletzt geblieben war. Nur wer die schwierige Rechts-Links-Kombination nach kurzem Andriften mit hohem Tempo verlässt, hat noch Siegeschancen.
Die langgezogenen Kurven von Langentreien sind nicht attraktiv, aber wichtig. Für den Fahrer ist der Streckenabschnitt undankbar. Er muss sich voll auf seine Gleiter-Fähigkeiten konzentrieren, während sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar machen. Hier kann das Rennen nicht gewonnen, aber verloren werden. Auch die zwei Kurven vor dem Haneggschuss sind tückisch.
Hier erreichen die Fahrer die höchsten Geschwindigkeiten. Johan Clarey stellte am 19. Januar 2013 mit 161,9 km/h das höchste je gemessene Tempo auf. Der meist im Dunkeln liegende Steilhang erfordert eine ordentliche Portion Überwindung, wichtig ist wieder die Aerodynamik.
Nach dem 2003 neu eingebauten, spektakulären Silberhornsprung folgt das Österreicherloch. Dort sind die Wellen, die 1954 den österreichischen Favoriten Toni Sailer, Andreas Molterer und Walter Schuster zum Verhängnis wurden und immer wieder für Probleme sorgten, mittlerweile verschwunden.
Nach weit über zwei Minuten Fahrt kommt noch einmal eine grosse Herausforderung. Mit brennenden Oberschenkeln müssen die Fahrer für die technisch anspruchsvolle Kurven-Kombination, die 2009 etwas entschärft wurde, eine gute Mischung zwischen Dosierung und Risiko finden. Zunächst kurz andriften und dann wieder auf Zug fahren, war in den letzten Jahren die optimale Lösung. Hier kann die Rangliste noch einmal völlig auf den Kopf gestellt werden.