Ein weiteres beendetes Weltcup-Wochenende bedeutet im Ski-Zirkus in dieser Saison viele weitere Namen auf der langen Verletztenliste. Die Tschechin Tereza Nova liegt nach einem Trainingssturz auf der Kandahar-Piste in Garmisch-Partenkirchen im künstlichen Koma, die Österreicherin Nina Ortlieb hat sich den Unterschenkel gebrochen. Ihre Schmerzensschreie nach dem Sturz in der Abfahrt vom Sonntag wollen einfach nicht verhallen, die Abfahrts-Vizeweltmeisterin von 2023 hat die 23. Operation ihrer Karriere vor sich.
Bei den Männern verletzten sich bei den legendären Hahnenkamm-Rennen in Kitzbühel gleich vier Fahrer schwer. Darunter auch Alexis Pinturault, der Gesamtweltcupsieger von 2021: Der 33-jährige Franzose zog sich ein Jahr nach seinem Kreuzbandriss im linken Knie in Wengen eine Knochenprellung des inneren Schienbeinplateaus mit Fraktur sowie eine Verletzung des Innenmeniskus im linken Knie zu.
So wird die ohnehin bereits lange Verletztenliste des Ski-Winters 2024/25 länger und länger. Mittlerweile sind bereits 36 Athletinnen und Athleten drauf, drei davon haben mittlerweile wieder Rennen bestritten. Nicht einberechnet sind allerdings die Verletzten vom Vorjahr, die immer noch auf ihr Comeback warten. Zu ihnen gehören unter anderem Petra Vlhova, Jasmine Flury und Aleksander Aamodt Kilde. Die Weltspitze wird immer mehr ausgedünnt.
Keine Frage: Stürze gehören zum Ski-Rennsport dazu. Schliesslich wollen die Athletinnen und Athleten möglichst schnell den Berg hinunterfahren und versuchen dafür bei Mensch und Material auch noch das letzte Prozent herauszukitzeln. Nehmen sie zu viel Risiko oder überschreiten sie die Grenzen der Physik, sind Stürze die logische Folge.
Zuletzt häuften sich allerdings die Stimmen, die finden: Genug ist genug. So sagte Aleksander Aamodt Kilde am Samstag gegenüber dem SRF: «Das Material, der Schnee, die Linie – alles wird immer aggressiver, ja sogar unsere Körper werden immer aggressiver. Diese Entwicklung ist nicht gut für den Sport. So kann es nicht weitergehen – sonst steht bald gar niemand mehr am Start.» Der gleichen Meinung wie Kilde ist SRF-Experte Marc Berthod: «Es scheint, dass wir eine Grenze erreicht haben, an der wir intervenieren müssen. Dieses Ausmass an verletzten Athleten tut dem Sport nicht mehr gut.»
Und der ehemalige Skirennfahrer hat auch schon einen Lösungsvorschlag parat: «Man sollte den Rennfahrer gar nicht mehr ins Dilemma bringen, Material zu nutzen, das vielleicht im Windkanal ein My schneller ist», sagt Berthod. «Wenn es klarere Vorgaben gibt, kann man das Wettrüsten beim Material entschärfen. Letzten Endes braucht es einen Gegenpol, der hin steht und sich vehement für die Sicherheit einsetzt.»
Zur Diskussion stehen unter anderem Einheitsanzüge in den Speed-Rennen. Dadurch würden die Athletinnen und Athleten etwas langsamer werden. Für den fünffachen Abfahrtssieger Thomas Dressen ist das einen Versuch wert: «Das macht einen riesigen Unterschied, ob du mit 3 bis 5 km/h langsamer an die ein oder andere Stelle kommst», erklärte er gegenüber der ARD-Sportschau.
Im Slalom und Riesenslalom könnte man über die Reglementierung der Skibreite «weniger Fliehkräfte» erreichen, bei den Frauen ist zudem die Skilänge ein Thema. Nur aufs Material zu schauen, reicht für Dressen aber nicht aus. Man müsse auch die Präparierung der Strecken überdenken: «Letztes Jahr in Wengen war es schon sehr extrem von der Präparierung her. Bormio ist jedes Jahr aufs Neue extrem, obwohl es dann immer wieder heisst: Heute ist es einfacher und dann schmeisst es doch wieder viele Leute.»
Und was sagen die aktiven Athleten? Superstar Marco Odermatt pocht auf die Eigenverantwortung: «Skifahren ist ein gefährlicher Sport», erklärte er gegenüber «20 Minuten». «Jedem sind die Konsequenzen bewusst. Man muss sich so stark machen wie möglich, um Verletzungen vorbeugen zu können. Eine grosse Veränderung sehe ich aktuell nicht für realistisch.»
Sein Teamkollege Franjo von Allmen ist der gleichen meinung: «Schlussendlich ist es auch die Eigenverantwortung eines Athleten. Geht man das Risiko ein, ist man bereit dafür? Das kann jeder Athlet selbst bestimmen.» Er erwarte von der FIS keine Änderungen beim Regelwerk.
Ähnlich tönt es bei Dominik Paris: «Es hat in unserem Sport schon immer viele Verletzte gegeben, denn jeder will immer noch schneller sein. Und wer das letzte Risiko eingeht, muss auch einsehen, dass Verletzungen passieren können.» Dass Veränderungen am Material und den Anzügen helfen könnten, findet auch Paris. «Man kann sicher an einigen Schrauben etwas drehen, aber das muss gut durchdacht sein.»
Etwas anders sieht es Sofia Goggia: «Wir haben keine Skier an den Füssen, wir haben Waffen», sagte die vierfache Siegerin der kleinen Abfahrtskugel am Sonntag in Garmisch. Eine Lösung für das Sturzproblem hat aber auch sie nicht bereit: «Bei unserem Material ist es so: Natürlich kann die FIS die Regeln verändern, aber jeder Hersteller arbeitet immer härter, um noch besser zu performen und trotz Regeländerungen löst die Materialschlacht am Ende wieder eine Spirale aus.»
Trotzdem hat die FIS nun angekündigt, dass sie auf die vielen Stürze reagieren will: Bei der WM im Februar in Saalbach-Hinterglemm soll es zur Sicherheitsfrage einen runden Tisch geben, eine weitere Runde ist beim Weltcup-Finale im März in Sun Valley geplant. Denn bei der FIS scheint mittlerweile allen bewusst: «Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist fünf nach zwölf», wie Renndirektor Markus Waldner bereits nach der Abfahrt von Wengen sagte.
Die Athleten riskieren alles und erhalten am Lauberhorn lächerliche 50'000 für den Sieg.
Zudem muss noch die Armee anrücken und die Steuerzahler bezahlen wieder mal.
Sowas ist nicht in Ordnung und muss überarbeitet werden......