Marco Odermatt gewann am Samstag die Abfahrt in Wengen und fuhr mit 2.22,58 die schnellste Zeit, die je am Lauberhorn gemessen wurde. Insgesamt 11 Fahrer, darunter auch Franjo von Allmen und Justin Murisier, unterboten die 1997 von Kristian Ghedina aufgestellte Marke.
Diese Geschwindigkeit beim legendären Klassiker des Monats Januar lässt sich unter anderem mit der Änderung der Streckenführung am Eingang des Kernen-S erklären. Die ermöglichte es den Abfahrern, diese Schlüsselstelle zu schneiden, ohne vorher zu bremsen.
In den letzten Wochen wurden aber auch immer wieder andere Gründe für die Schnelligkeit der Athleten im Weltcup und die daraus resultierenden zahlreichen Stürze, wie am Wochenende bei Vincent Kriechmayr (Knieverstauchung) und Blaise Giezendanner (Riss des vorderen Kreuzbandes), angeführt.
Dazu gehören die Entwicklung der Ski, das aggressivere Verhalten der Fahrer und, was viel überraschender ist, die Schienbeinschützer aus Karbon, die zum Beispiel von Marco Odermatt getragen werden.
Der Internationale Skiverband (FIS) hat sie schon lange im Visier, und Ende der letzten Saison wurde überlegt, sie bei Jugendlichen «einzuschränken». In diesem Winter sind sie wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, insbesondere nach dem Sturz des Franzosen Cyprien Sarrazin in Bormio, einem weiteren Skifahrer, der ein noch weiter entwickeltes Modell verwendet, das gemäss Eurosport die gesamte Wade umschliesst.
Haben die Schienbeinschützer seinen Unfall begünstigt? Man weiss es nicht, und die Qualität der italienischen Piste wird eher dafür verantwortlich gemacht, zumal andere Athleten an derselben Stelle gestürzt sind. Die «Kronen Zeitung» berichtet, dass die Schienbeinschützer diese Woche in Wengen bei einem «Krisentreffen» zum Thema Sicherheit, an der die Cheftrainer und das oberste Gremium des Skisports teilnahmen, erneut Gegenstand heftiger Diskussionen waren.
Dieses Material, das von Eurosport als eine Zunge beschrieben wird, die jene des Schuhs «bis unterhalb des Knies» verlängert, ist in erster Linie ein medizinisches Gerät, mit dem von früheren Verletzungen gezeichnete Körper stabilisiert werden können. «Odi» und Cyprien Sarrazin verwenden es in diesem Sinne, nachdem der Nidwaldner Entzündungen im Unterschenkelbereich und der Franzose einen Bruch des Schienbeinkopfes erlitten hatten.
Nun werden Schienbeinschützer aus Karbon von manchen aber auch mit dem erklärten Ziel der Leistungssteigerung getragen.
Die Einlagen sollen es ermöglichen, unter bestimmten Bedingungen direktere und aggressivere Linien zu ziehen, da «die das Bein umgebenden Schützer eine präzisere Übertragung der Energie auf die Skier ermöglichen», wie L'Equipe feststellte. Das Gerät spaltet die Welt des Skisports: Auf der einen Seite gibt es Befürworter, die den medizinischen Aspekt betonen, auf der anderen Seite Gegner, die das Gerät für riskant halten. Der Trainer der Österreicher, Marko Pfeifer, sprach sich in Wengen klar gegen den Einsatz des Geräts aus, das er in der «Kronen Zeitung» als gefährliche «Wunderwaffe» bezeichnete.
Ähnlich sieht dies FIS-Renndirektor Hannes Trinkl. «Sie sind wie Socken aus festem Material, die jede Bewegung des Fusses im Schuh verhindern. Damit kann man unglaubliche Linien ziehen, aber mit einem solchen Setup geht man wirklich über Gut und Böse hinaus», hatte er Anfang des Monats geschnaubt.
Die Athleten zeigen sich jedoch offener. «Das Ganze muss wirklich individuell betrachtet werden. Es gibt Athleten, die wegen Rückenbeschwerden mit einem Nierengurt Rennen bestreiten. Lindsey Vonn gibt ihr Comeback mit einer Knieprothese. Deshalb spricht nichts dagegen, dass Rennfahrer wie Cyprien und ich mit Schienbeinschonern starten», betonte Marco Odermatt bereits im Dezember im «Blick».
Die Meinung von Vincent Kriechmayr diese Woche in den Berner Alpen ist interessant, nicht nur, weil er gestürzt ist oder im Gegensatz zu Marco Odermatt diese Protektoren nicht trägt. «Ich glaube, das ist in allen Sportarten so, in denen das Material wichtig ist. Jeder will gewinnen, jeder will sein Bestes geben. Das Letzte, was wir wollen? Dass die Abfahrt zu einem Kindergeburtstag wird», sagte er der «Kronen Zeitung», bevor er sich verletzte. Kriechmayr verschweigt zwar nicht die Gefahr von Verschneidern, da man die Kontrolle über die Ski verlieren könne, ist aber gegen ein Verbot des Geräts. «Es gibt viele Athleten mit Schienbeinverletzungen oder beschädigten Füssen. Andere sagen, sie können ohne diese nicht mehr fahren», räumte der gebürtige Linzer in Verteidigung der Skifahrer ein.
Es ist unklar, wie die FIS mit dieser Angelegenheit umgehen wird. Wir können jedoch mit umfassenderen Entwicklungen in Bezug auf die Sicherheit rechnen. «Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist fünf nach zwölf», sagte Markus Waldner, der Weltcupdirektor der Männer, im Berner Oberland, als wäre es Zeit für den Skisport, aufzuwachen.
Ich bezweifle, dass diese Schienbeinschoner gefährlich sind. Wennn sie einen Vorteil schaffen und erlaubt sind, steht eine Nutzung allen Athleten offen. Auch den Österreichern…