41 Rennen hatte der ursprüngliche Kalender für die Frauen in diesem Winter vorgesehen. Ausgetragen wurden schliesslich 30. Dem schlechten Wetter waren die Kombinations-Wettkämpfe kurz vor Weihnachten in Val d'Isère und Anfang März in La Thuile in Italien zum Opfer gefallen. In Ofterschwang im Allgäu konnte wegen zu hoher Temperaturen keine Piste für den Riesenslalom und den Slalom präpariert werden. Die beiden Rennen wären am letzten Wochenende vorgesehen gewesen.
Für den noch grösseren Kahlschlag im Programm sorgte das Coronavirus. Nach der Absage des in der kommenden Woche geplant gewesenen Finales in Cortina d'Ampezzo wurde es jetzt auch nichts mit den drei Rennen in Are. In Schweden waren von Donnerstag bis Samstag ein Parallelslalom, ein Riesenslalom und ein Slalom terminiert.
Ausschlaggebend für die Absage im letztjährigen WM-Ort war die Erkrankung von drei Mitgliedern eines Sponsoren-Betreuungs-Teams. Das Trio, das zuletzt bei den Weltcup-Rennen der Männer in Kvitfjell in Norwegen tätig war und in Are mit niemandem in Kontakt gekommen war, hatte bei einer Untersuchung Symptome des Coronavirus gezeigt.
Der aus abrupt zu Ende gegangene Winter hatte aus sportlicher Sicht im erwarteten Rahmen begonnen. Mikaela Shiffrin dominierte von Anfang an und baute ihre Führungsposition in der Gesamtwertung stetig aus. Nichts schien die Amerikanerin auf dem Weg zum vierten Gewinn der grossen Kugel in Folge aufhalten zu können – obwohl sie in ihrer Paradedisziplin Slalom zuletzt nicht mehr so souverän aufgetreten war und zweimal gegen die Slowakin Petra Vlhova den Kürzeren gezogen hatte. Trotzdem konnte sie es sich leisten, das eine oder andere Speed-Rennen auszulassen. Bei ihrem letzten Rückzug Ende Januar, nach ihrem Sieg im Super-G in Bansko in Bulgarien, hatte ihr Vorsprung auf die zweitplatzierte Federica Brignone 370 Punkte betragen.
Coppa del mondo generale 🏆🇮🇹
— Eurosport IT (@Eurosport_IT) March 11, 2020
Coppa del mondo di specialità in Gigante 🏆🇮🇹
UNA STAGIONE DA INCORNICIARE!#Brignone | #EurosportSCI pic.twitter.com/XBMzfLPdQu
Nach dem Verzicht auf den Abstecher auf die Olympia-Piste von 2014 in Rosa Chutor in Russland hatte Mikaela Shiffrin die Rückkehr in der darauffolgenden Woche in Garmisch-Partenkirchen geplant. Doch dann kam mit dem Unfalltod ihres Vaters Jeff der Schicksalsschlag, der alles in den Hintergrund rückte. Die Amerikanerin blieb dem Weltcup fern. Die Trauer und das seelische Leiden waren zu gross, um sich auf ihren Beruf als Skirennfahrerin konzentrieren zu können. Siege und Weltcup-Wertungen waren in dieser schweren Zeit völlig unwichtig geworden. So traurig der Hintergrund auch war, die Tragödie in der Familie Shiffrin machte aus einem spannungsarmen Monolog einen Dreikampf um die grösste Kristallkugel.
Für die Rennen in Are fühlte sich Mikaela Shiffrin wieder bereit. Die Absicht, in Schweden am Start zu sein, hatte sie am Mittwoch auf Instagram verkündet. Doch daraus wurde nichts. Das Coronavirus beraubte sie der Chance, im Gesamt-, aber auch im Slalom-Weltcup im letzten Moment das Blatt noch einmal zu wenden.
Auch wenn Federica Brignone von der langen Absenz von Mikaela Shiffrin profitiert hat, ist sie eine würdige Gesamtsiegerin in einer Saison, in der sie sich vorab in der Abfahrt noch einmal zu steigern vermochte und endgültig zu einer Allrounderin wurde. Sie gewann in drei Disziplinen insgesamt fünf Rennen. Zudem wurde sie fünfmal Zweite und einmal Dritte. Die grosse Kugel sicherte sich die Tochter der einstigen Slalom-Spezialistin Maria Rosa Quario mit 153 Punkten Vorsprung vor Mikaela Shiffrin und mit 189 Punkten mehr als die drittplatzierte Petra Vlhova.
Kleine Kristallkugeln kann Federica Brignone zudem für ihre Siege im Riesenslalom- und im Kombinations-Weltcup entgegennehmen. Im Slalom-Klassement hat Petra Vlhova die Nase vorn, 20 Punkte vor Mikaela Shiffrin. Die Slowakin gewinnt zudem die erstmals vergebene Kugel in den Parallelrennen. Shiffrin, die im vergangenen Winter neben ihrem überlegenen Triumph in der Gesamtwertung auch im Super-G, im Riesenslalom und im Slalom die Beste war, geht diesmal leer aus. Die Trophäen in den beiden Speed-Disziplinen hat sich die Schwyzerin Corinne Suter gesichert.
Federica Brignone hat als erste Gesamtweltcup-Siegerin aus Italien das erreicht, was bei den Männern nur die Allergrössten aus ihrem Land geschafft hatten. Gustavo Thöni, er viermal, und Piero Gros gewannen den wichtigsten Pokal im alpinen Rennsport in den Siebzigerjahren, Alberto Tomba rundete seine grossartige Karriere mit dem Gesamtsieg in der Saison 1994/1995 ab. (zap/sda)