Die drei Polizisten haben nicht viel zu tun. Von den wenigen Menschen, die überhaupt in Val d'Isère sind, tragen die meisten eine Maske. Der einzige Sünder: ein Einwohner. Schnell zieht er seinen Pullover über Mund und Nase.
Ein paar Strassen weiter steht ein Teambus von Swiss-Ski vor dem Hotel La Savoyarde. Es ist seit Jahren das Schweizer Quartier hier. Ein rascher Blick durchs Fenster der Lobby - und vielleicht sieht man einen der Stars. So unbeobachtet wie jetzt fühlten sich die Athleten noch nie.
Das Dorf ist quasi leer. Das Skifahren ist in Frankreich verboten. Die Lifte stehen still, die Restaurants müssen geschlossen bleiben. Die Massnahmen der Regierung, um die Ausbreitung von Covid-19 zu bremsen, sind streng.
In Val d'Isère gibt es 24000 Betten. Etwa 10000 stehen in privaten Ferienwohnungen, die restlichen werden an Touristen vermietet. «Die Auslastung liegt momentan bei vielleicht fünf Prozent», sagt Cécile Ferrando, die Tourismusdirektorin. Dank des Skiweltcups, mit Athleten und Betreuern, ist sie temporär etwas höher.
Unweit des Schweizer Hotels ist die Terrasse des Restaurants Bar Jacques schneebedeckt und fussspurenfrei. Normalerweise ist es schwierig, hier einen Tisch zu bekommen. Manche mögen die Schnecken, die auf Wunsch serviert werden. Jetzt bleibt die Türe zu. Es ist ein guter Winter für die Weichtiere. Aber ein sehr schlechter für die Gastronomie.
«Wir rechnen damit, dass nicht alle Betriebe überleben», sagt Ferrando. Die französische Regierung hat zwar grosszügige finanzielle Hilfe versprochen. Aber Ferrando sagt:
Die Tourismusdirektorin sitzt in ihrem Büro und blickt nervös auf ihr Handy. «Zahlreiche Skiorte haben vor dem obersten Gericht geklagt, dass sie öffnen dürfen. Wir erwarten das Resultat in den nächsten Stunden.» Am Freitagmorgen folgt die Ernüchterung. Die Klage wurde abgelehnt. Die Bergbahnen bleiben zu. «Wir hätten gerne ein Datum, an dem wir uns orientieren können. Die Ungewissheit belastet sehr», sagt Ferrando.
Zurück zum Schweizer Hotel. Nur Gäste haben Zutritt. Mauro Caviezel sagt: «Man ist generell öfter allein. Das ist ungewohnt.» Normalerweise teilen sich zwei Athleten ein Zimmer. Aufgrund von Corona gibt es mehr Einzelbelegungen. Gegessen wird zwar gemeinsam. Aber in Etappen, falls es zu wenig Platz hat, um die Abstände einzuhalten. Beat Feuz sagt:
Ähnlich sehen das seine Kollegen im Schweizer Team. Mauro Caviezel sagt: «Das Wichtigste ist, sich an die Massnahmen zu halten. Sich nicht zu ärgern und positiv zu bleiben.»
Organisatorisch ist es für Swiss-Ski eine Herausforderung. «Wir wissen oft bei der Anreise noch nicht, ob die eingereichten Unterlagen reichen. An jedem Weltcup-Ort ist ein anderer Arzt zuständig», sagt Tom Stauffer, Cheftrainer der Männer und für die Reiseplanung zuständig. Die Athleten werden wöchentlich, teils sogar zweimal auf Corona getestet. «Doch gewisse Dinge ändern ständig. Diese Unsicherheit kann zu Stress führen», sagt Stauffer.
Ein Beispiel ist Madonna di Campiglio. Am 22. Dezember findet dort ein Slalom statt. Die Fahrer kommen direkt aus Alta Badia, wo am Vortag ein Rennen in der gleichen Disziplin auf dem Programm steht. «Zuerst hiess es, dass alle Athleten, die direkt weiterreisen, keinen Test machen müssen. Jetzt aber doch», sagt Stauffer.
So mühsam das Testprozedere sein kann, sind doch alle froh, dass überhaupt Rennen durchgeführt werden. Nachdem die Weltcups in Nordamerika abgesagt wurden, ist Val d'Isère eingesprungen und hat eine Abfahrt und einen Super-G übernommen. «Hätte man mich im Sommer gefragt, wie schwierig es sein könnte, einen Weltcup mit den momentan Corona-Auflagen durchzuführen, ich hätte gesagt: nicht sehr. Ich habe mich geirrt», sagt Ingrid Jacquemod.
Die ehemalige französische Abfahrtsspezialistin ist Präsidentin des Organisationskomitees und im Dauerstress. Schnell atmend erscheint sie 25 Minuten zu spät am Treffpunkt. «Tut mir leid, ich renne von A nach B und zurück.» Trotzdem würde sie sich erneut für die Ersatzrennen bewerben:
Der Skizirkus der Männer reist bald weiter. Nächste Woche kommen die Frauen. Danach wird es noch stiller. «Das ist ein komischer Gedanke, so kurz vor Weihnachten», sagt Ferrando. Dafür haben die Polizisten mehr Zeit mit der Familie. (aargauerzeitung.ch)