Djokovic macht seit Jahren keinen Hehl daraus, wie wichtig es für ihn ist, Tennis-Geschichte zu schreiben, Bestwerte aufzustellen, sich in den Statistiken ganz oben zu verewigen. Seine Ziele hat der Serbe mit aller Konsequenz verfolgt – und praktisch alle auch erreicht. Er ist der Spieler mit den meisten Turniersiegen auf Stufe Grand Slam. 24 Mal insgesamt hat er bei den vier Major-Events schon triumphiert. Während 428 Wochen hat er bisher die Weltrangliste angeführt, auch das eine zuvor unerreichte Marke.
Im vergangenen August bei den Spielen in Paris machte Djokovic seinen Palmarès mit dem herbeigesehnten Olympiasieg endgültig perfekt. Es war die Krönung für ihn – und er machte mit aller Deutlichkeit klar, was ihm das auf der Anlage Roland Garros gewonnene Gold bedeutet. «Das ist der grösste Erfolg meiner Karriere», sagte Djokovic nach dem Finalsieg gegen den Spanier Carlos Alcaraz. Er stellte dieses Gold damit sogar über seine zwei Dutzend Turniersiege auf Stufe Grand Slam.
Und nun also dieses Jubiläum, diese runde Anzahl gewonnener Turniere auf der ATP-Tour. Djokovic schaffte es als dritter Spieler in den Hunderter-Klub. Noch erfolgreicher war bisher nur ein Duo, der Amerikaner Jimmy Connors mit 109 und Roger Federer mit 103 Turniersiegen.
Djokovic musste Geduld aufbringen, bis es endlich klappte mit dem neuerlichen Eintrag in die Geschichtsbücher, denn seit dem Olympiasieg gut neuneinhalb Monate zuvor hatte Djokovic kein Turnier mehr gewonnen. Am nächsten dran war er in dieser Zeit im vergangenen September und im März dieses Jahres. Bei den Turnieren der Kategorie 1000 in Schanghai und in Miami erreichte er zum zuvor letzten Mal Finals, die er gegen den Weltranglisten-Ersten Jannik Sinner beziehungsweise gegen den jungen Tschechen Jakub Mensik verlor.
Das laufende Jahr war bisher geprägt von einer Oberschenkelverletzung, die Djokovic beim Australian Open im Halbfinal gegen den Deutschen Alexander Zverev zur Aufgabe zwang, und von mehreren überraschenden Niederlagen gegen deutlich schlechter klassierte Kontrahenten. In Brisbane musste sich der Serbe dem Amerikaner Reilly Opelka beugen, damals die Nummer 293 der Welt. Auf die vier Wochen dauernde Zwangspause nach dem bitteren Ausscheiden in Melbourne folgten weitere frühe Niederlagen gegen Aussenseiter. In Doha in der ersten Runde war der Italiener Matteo Berrettini zu stark, in Indian Wells war es der Niederländer Botic van de Zandschulp.
Auch auf Sand fand Djokovic den Tritt vorerst nicht. In Monte Carlo musste er sich dem Chilenen Alejandro Tabilo beugen, in Madrid Berrettinis Landsmann Matteo Arnaldi. Für jene Niederlage revanchierte sich Djokovic in Genf am Donnerstag in den Viertelfinals.
Der Sieg gegen Arnaldi war eines von mehreren Zeichen, die Djokovic in Genf sandte - und die ihm selber wieder etwas die Zuversicht für einen erfolgreichen Abstecher in den Südwesten von Paris zurückbringen, wo am Sonntag in Roland Garros das French Open beginnt. Der Serbe trat wieder weitgehend den eigenen Ansprüchen entsprechend auf. Er spielte auf der Anlage im Parc des Eaux-Vives über weite Strecken so, als wolle er die vorangegangenen schwierigen Monate mit Vehemenz vergessen machen.
Den letzten Schritt zum 100. Turniersieg tat der seit Donnerstag 38-jährige Djokovic in einem Abnützungskampf. Mit 5:7, 7:6 (7:2), 7:6 (7:2) in drei Stunden und fünf Minuten rang er Hurkacz nieder und zeigte dabei, dass auch das kämpferische Element in seinem Spiel wieder passt. Im dritten Satz lag Djokovic nach dem ersten Game mit Break zurück, glich aber zum 4:4 aus, behielt schliesslich auch im zweiten Tiebreak deutlich die Oberhand und schaffte damit das, was ihm in neun Turnieren nach dem Gewinn von Olympia-Gold nicht gelungen war. Der achte Sieg im achten Duell mit Hurkacz ist einer für die Geschichte. (abu/sda)