Einmal war es der Fuss, dann die Knie, das Handgelenk oder die Schulter. Die Liste der Verletzungen, die Rafael Nadal in der Vergangenheit schon ausser Gefecht gesetzt haben, umfassen praktisch das gesamte Spektrum der Anatomie. Derzeit ist es der Rücken, der dem Spanier Sorgen bereitet.
Wochenlang habe er gut trainiert, sich gut gefühlt. Umso frustrierender sei es, dass gerade jetzt, zum Start in die neue Saison, wieder eine Verletzung aufgebrochen sei. Beim ATP-Cup kam er gar nicht zum Einsatz. Erst kurz vor den Australian Open habe er wieder den Aufschlag trainieren können. Sogar ein Rückzug stand zur Debatte. In der Nacht auf Dienstag spielte der Spanier dann doch, gewann gegen den Serben Laslo Djere (ATP 56) in drei Sätzen.
Nach dem ersten Sieg seit drei Monaten resümierte Nadal:
Die Fragezeichen um den Rücken bleiben. «Nicht perfekt, und alles andere als grossartig», fühle es sich an, gab Nadal zu Protokoll, und hofft auf den Faktor Zeit. «Jeder Tag, den ich überstehe, steigt die Chance, dass es besser wird.» Um seinen Rücken zu schonen, habe er seine Aufschlagbewegung anpassen müssen. Das ist bei Spitzensportlern selten eine gute Idee. Denn werden Muskeln, Gelenke und Sehnen plötzlich anders als üblich belastet, löst das oft eine Kettenreaktion aus. Plötzlich schmerzt nicht mehr nur der Rücken, sondern auch die Oberschenkel, die Knie oder die Schultern.
Rafael Nadal kennt diesen Mechanismus wie kein Zweiter. Und er fürchtet ihn. Denn mit jeder neuen Verletzung, jeder früheren, die wieder aufbricht und ihn daran hindert, sein Leistungspotenzial abzurufen, wachsen auch die Selbstzweifel. Und er droht, in die Endlosschleife zu gelangen, die ihn mit der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert. Im Frühling feiert er bereits seinen 35. Geburtstag, die Karriere neigt sich dem Ende zu. Nadal sagt:
Im letzten Herbst triumphierte Rafael Nadal zum 13. Mal in Roland Garros, zum 20. Mal bei einem Grand-Slam-Turnier. Er egalisierte damit auch die bisherige Rekordmarke von Roger Federer. Bei den US Open gewann er vier Mal den Titel, in Wimbledon zwei Mal. Bei den Australian Open aber reüssierte er bisher «nur» ein Mal: 2009, als er im Final Roger Federer in fünf Sätzen niederrang. Bereits im Halbfinal hatte er sich in einem 5:10 Stunden dauernden und fesselnden Duell an seinem Landsmann Fernando Verdasco abgearbeitet. Dennoch gewann Nadal danach das Turnier.
Doch seither kämpft Nadal zu Beginn der neuen Saison regelmässig mit gesundheitlichen Problemen. Die Liste: 2010 behinderte ihn das Knie, 2011 konnte er wegen Rippenproblemen im Viertelfinal kaum mehr servieren, 2013 schwächte ihn eine Magen-Darm-Infektion, 2014 im Final gegen Stan Wawrinka schmerzte der Rücken (und Blasen an den Händen). Vor zwei Jahren musste er im Viertelfinal wegen muskulärer Probleme unter Tränen aufgeben. Und 2019 musste er ein Vorbereitungsturnier aufgeben, weil ihm wieder einmal eine Verletzung am Oberschenkel zu schaffen machte.
Es ist, als hätte Rafael Nadal für seinen ersten und bisher einzigen Sieg bei den Australian Open einen Pakt mit dem Teufel eingehen müssen: Denn seither verlor er auch noch fünf Mal im Final: 2012 und 2019 gegen Novak Djokovic, 2014 gegen Stan Wawrinka, und 2017 gegen Roger Federer. Besondere Spuren hinterlassen hat die Niederlage 2012. Damals führte Nadal im fünften Satz mit 4:2, verlor aber nach 5:53 Stunden Spielzeit. Deutlicher war es im Vorjahr: Damals liess Rekordsieger Novak Djokovic (acht Australian-Open-Titel) Nadal nicht den Hauch einer Chance und setzte sich in drei Sätzen durch. Wieder einmal war Nadal erster Verlierer.
Leider schon seit Jahren absehbar...
Alles Gute Rafa!